Eine merkwürdige Insel im Norden

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Im südlichsten Ort von Island, in Vík í Mýrdal, kann man über schwarzen Sand laufen und heftige Brandungswellen beobachten.
Im südlichsten Ort von Island, in Vík í Mýrdal, kann man über schwarzen Sand laufen und heftige Brandungswellen beobachten.
 
Diese rote Erde findet man auf dem Rundweg um den Krater Kerið.
Diese rote Erde findet man auf dem Rundweg um den Krater Kerið.
 
Wasserfälle gibt es auf Island einige - der Gullfoss im Süden Islands ist einer der eindruckvollsten. Vor allem ist er für den Tourismus gut erschlossen.
Wasserfälle gibt es auf Island einige - der Gullfoss im Süden Islands ist einer der eindruckvollsten. Vor allem ist er für den Tourismus gut erschlossen.
 
Am südlichen Zipfel stand ich plötzlich neben kleinen "Eisbergen": der Gletschersee Jökulsárlón macht es möglich.
Am südlichen Zipfel stand ich plötzlich neben kleinen "Eisbergen": der Gletschersee Jökulsárlón macht es möglich.
 
Diese rote Erde findet man auf dem Rundweg um den Krater Kerið.
Diese rote Erde findet man auf dem Rundweg um den Krater Kerið.
 
Abschiedsgruß in der letzten Urlaubsnacht Ende September 2016: Nordlichter über Reykjavík. Fotos: Sarah Seewald
Abschiedsgruß in der letzten Urlaubsnacht Ende September 2016: Nordlichter über Reykjavík.  Fotos: Sarah Seewald
 
 
 
 
Gullfoss
Gullfoss
 
 
 
Alle fünf bis zehn Minuten bricht der Geysir Stokkur aus. Ein Spektakel, bei dem man auf Island ausnahmsweise mal auf eine größere Ansammlung an Touristen trifft.
Alle fünf bis zehn Minuten bricht der Geysir Stokkur aus. Ein Spektakel, bei dem man auf Island ausnahmsweise mal auf eine größere Ansammlung an Touristen trifft.
 

Erst war es die Eurokrise, dann der Vulkanausbruch. Spätestens seit der EM 2016 wird ein kleines Land im Norden als neues Trendziel gefeiert.

M ittlerweile sind schon wieder einige Monate vergangen, ein Hauch von Schwefel, der Geruch - der Gestank - nach faulen Eiern, der weht einem selbst beim Erinnern noch um die Nase. Beim Duschen oder Spülen, da war es für einen kurzen Augenblick vorbei mit dem Urlaubsglück. Ansonsten gibt es kaum was zu M(äähhh)eckern und viel mehr zu Schwärmen: Island - ein merkwürdiges Land.
Merkwürdig, weil wundersam, ungewöhnlich, eigenartig, ulkig, kauzig: Felder mit Troll-Heeren, die sich nur vor dem nächsten Angriff ausruhen, Wal auf der Speisekarte und im Nordatlantik, eine einzige Hauptstraße, die plötzlich trotzdem für sechs Kilometer geschottert und geschlaglöchert ist, Ausbrecher-Schafe, die lieber im Straßengraben das Gras mähen, als ihre gigantische Weide, Isländer, die auf ein touristisches "Tak" - Danke - unbeeindruckt der kulturellen Sprachbemühungen wegen auf Englisch antworten. Und vor allem: Landstriche, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Hinter jeder Kurve bietet sich ein neues Spektakel dar - wenn die Landschaft nicht gerade vom Nebel verschlungen wird.
Und erst die Farben: warmes Hellgrün überspannt grau-schwarze Lavabrocken, kleine Eisberge treiben in hustenbonbon-eisblauem Wasser, in ganz normalen Supermärkten sind schon von Weitem die kunterbunten Wollberge in den Regalen zu erkennen.
Auf Island leben rund 320 000 Menschen. Den meisten davon begegnet man beim Zwischenstopp in der Hauptstadt Reykjavík - beim Plantschen in einem der unzähligen Schwimmbäder zum Beispiel. Ein bisschen brummel-grummelig, am liebsten unter sich, selten mit einem Lächeln um die Lippen - selbst dann nicht, wenn man ihren Laden betritt und Geld ausgeben möchte - sind sie alle. Ein bisschen wie die Franken. Eben auch liebenswert. Charmant, in jedem Fall wikinger-authentisch.
Wie sie in ihren gestrickten Pullovern selbst ein Klischee erfüllen, souverän mit Pferdeanhänger bei erlaubten 90 km/h mit 130 auf der Ringstraße zum Überholvorgang ansetzen, an Elfen, Trolle und andere magische Wesen glauben und mitten in der Hauptstadt für eine Nacht auf die Straßenbeleuchtung verzichten, um die grün-schimmernden Schwaden - Nordlichter - am Firmament zu genießen.


Viele Isländer in der Hauptstadt

In Reykjavík leben zwei Drittel der Einwohner. In modernen Hochhaus-Komplexen nahe des Ufers. Dort, wo auf jedem Balkon ein Schicki-Micki-Grill in Ketten gelegt ist. Oder in schnuckeligen Häuschen, die eine Mischung aus "Sommer in Schweden" und Bummel durch eine amerikanische Kleinstadt verströmen. Letztlich ist die Erkundung der Hauptstadt aber nur ein Blick auf Island. Ein, so der persönliche Reiseeindruck, unbedeutender im Vergleich dazu, was diese Insel wahrlich ausmacht.
Das denken sich womöglich auch die restlichen 100 000 Einwohner, die sich auf den etwas über 102 000 Quadratkilometern ein meist stilleres Plätzchen gesucht haben. Da stehen Häuser und Höfe in Straßen ohne Straßennamen, viele Kilometer entfernt von der nächsten Tankstelle, dem nächsten Supermarkt. An Ecken, an denen in den kalten Monaten - und davon gibt es einige - mit Sicherheit kein Winterdienst vorbeikommt, um Schneemassen zu räumen. Dafür blubbert in privaten Hot Pots heißes Grundwasser vor sich hin und es steht ein Super-Jeep vor der Haustüre, überdimensional die Räder, beinahe unerreichbar die Scheiben (Frage für den nächsten Island-Aufenthalt: Brauchen die Isländer eine Leiter, um ihre Scheiben freizukratzen?).
Auf Island leben verhältnismäßig wenig Menschen, dafür viele, viele Schafe, einige Island-Pferde, aber nicht ganz so viele, wie erwartet. Mehr Vulkane als diese Insel zählt keine andere auf der Welt. Der Bekannteste ist erst vor ein paar Jahren, im April 2010, übergeschwappt. Aussprechen kann ihn trotzdem kaum einer, was für so manch humorigen T-Shirt-Aufdruck sorgt. Und die Tatsache, dass bei der Google-Suche nach "Eyjafjallajökull" direkt "Ausbruch" und "Aussprache" vorgeschlagen werden. So ein T-Shirt, an und für sich ein witziges Reisemitbringsel. Nur - wie fast alles auf Island - nicht gerade eine Kleinigkeit für das Reisebudget. Nur wer Strick- und Häkelfreunde kennt, oder selbst gerne bei der Handarbeit entspannt, dem droht in beinahe jedem Supermarkt ein Wollvollrausch. Apropos: Was man bei einem Island-Urlaub weniger einkalkulieren muss, ist ein Alkohol-Gelage. Das Lightbeer ist zwar trinkbar und die fehlenden Prozente fehlen nach einer weiteren beeindruckenden Überfahrt durchs Land an einem gemütlichen Abend nicht. Müde macht die frische Luft, munter am nächsten Morgen die teils heftigen Böen. Feierabendbier hin oder her: Die größte Belohnung am Ende eines jeden Urlaubstages in Island ist der Blick in einen klaren Himmel. Zwar ist die Erscheinung der Nordlichter ein (physikalisches) Glücksspiel in ganz bestimmten Monaten, doch eines, von dessen Wirkung man nicht genug bekommt.
Island, ja, ein merkwürdiges Land. Einmal um die Insel rum kommt man in sechs bis zehn Tagen. Mit ein bisschen mehr Ge(du)ld können - wie eigentlich bei jeder Reise - viel mehr Besonderheiten als Gletscher, Gulfoss und Geysir erkundet werden. Für alle, die noch zögern, und nicht von der Island-Neugier gepackt wurden: Selbst das mit dem "Schwefelwasser" lässt sich vernachlässigen. Dank Instant-Eistee-Pulver kann in einigen Regionen sogar das Leitungswasser getrunken werden. Und: Mit Stau auf der Ringstraße muss man trotz der steigenden Touristenzahlen nicht rechnen.

INFO- INFO- INFO:

Island - was ins Gepäck oder auf die "Zu-beachten-Liste" gehört

Tax-Free Wer für über 6000 Kronen auf Island einkauft - Souvenirs, Wolle, Klamotten - kann sich an der Kasse meistens ein Tax-Free-Formular geben lassen. Am Flughafen wird die Steuer zurückerstattet, so dass vom Kaufpreis der Artikel teilweise 14 Prozent abgezogen werden können. Achtung: Diese Artikel sicherheitshalber originalverpackt am Flughafen bereithalten.

Wörterbuch braucht es auf keinen Fall extra - selbst die Seiten im Reiseführer sind eigentlich überflüssig. Die Isländer sprechen mit Touristen englisch.

Autoverleih Wer eine Rundreise mit einem Mietwagen plant, sollte - wie bei den Unterkünften - rechtzeitig vorab buchen. Man spart sich nicht nur Geld, sondern auch die Suche vor Ort. Wer keine Hochland-Exkursion plant (kann auch als Tagesausflug gebucht werden), kann einen Kleinwagen wählen - für die Ring- und die meisten Nebenstraßen absolut ausreichend. Ein Navi extra zu buchen, ist überflüssig.

Stativ Wer sich ein bisschen mit Belichtungszeit und ISO auskennt oder im Urlaub darin ausprobieren möchte, sollte auf ein Fotostativ nicht verzichten. Eindrücke von sanft fließenden Wasserfällen und Nordlichter für die Ewigkeit können auf Island entstehen.

Postkarten Handschrift versus eigene Bilder auf dem Urlaubsgruß: Das Porto nach Deutschland kostet auf Island fast drei Euro, die Karte meist nochmal 1,50 Euro. Postkarten, die online mit eigenen Bildern gestaltet, aber trotzdem mit der Deutschen Post verschickt werden, sind eine günstigere Alternative.

Einkaufen Lebensmittel sind auf Island grundsätzlich verhältnismäßig teuer. Am besten versorgt man sich selbst - im "Bonus" ist das Einkaufen am günstigsten. Wer hin und wieder trotzdem essen gehen möchte, bekommt fast überall hochwertige Burger. Mittagstische sind eine gute Alternative, um ein klassisches Hauptgericht (Lammfleisch) bezahlbar zu ergattern. Lightbeer kann in Dosen günstig im Supermarkt gekauft werden. Im Restaurant muss man für einen halben Liter "normales" Bier umgerechnet bis zu 15 Euro kalkulieren.

Kreditkarte gegen einmalige Gebühr für den Aufenthalt am Flughafen in Keflavik besorgen. So spart man sich die Gebühren, die bei der Verwendung einer deutschen Kreditkarte verrechnet werden. Bargeld muss vorab eigentlich nicht umgetauscht werden. sd