Eine bunte Revue von Banalitäten

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Désirée Nick bei ihrem Auftritt am Montagabend im Hallstadter Kulturboden Matthias Hoch
Désirée Nick     bei ihrem Auftritt am  Montagabend im Hallstadter  Kulturboden Matthias Hoch

Schauspielerin, Tänzerin und jetzt auch noch Schriftstellerin: Im Hallstadter Kulturboden wettert Désirée Nick gegen den Zeitgeist - und rennt doch nur offene Türen ein.

Das Rezept ist immer gleich: Man erfinde eine Problematik, unter der die Menschheit angeblich leidet, denke sich ein Rezept dagegen aus und fabriziere ein Ratgeberbuch daraus. Das nach einem halben Jahr verramscht wird und das in einem Jahr kein Mensch mehr kennt. Falls das Konzept aufgeht, hat die Autorin oder der Autor schön verdient.

Bei der Vermarktung schadet Prominenz in Fernsehen oder Boulevard nicht. Désirée Nick, die am Montag im Hallstadter Kulturboden auftrat, verfolgt diese Strategie exemplarisch. Die Schauspielerin, Tänzerin - in keiner Kurzbiografie fehlt, dass sie einst als Religionslehrerin arbeitete, wahrscheinlich um den pikanten Kontrast zu ihren sonstigen Aktivitäten so richtig aufschillern zu lassen - und qua Selbstbezeichnung Entertainerin war erschienen, aus ihrem Buch "Nein ist das neue Ja" zu lesen. Darin hat sie entdeckt, dass "der Mensch als Jasager nicht konzipiert" worden sei.

Zickige Gouvernante

Die 62-Jährige möchte lehren ("nicht belehren"), "angemessen nein zu sagen" und dabei "unterhaltsames Wissen" vermitteln. Das erklärte die selbst ernannte "Königin der Streitkultur", von Habitus und Kleidung eine etwas zickige Gouvernante mimend.

Dabei hält sie das Thema ihres Buchs keineswegs stringent durch. Es entstand wohl aus einem umgedrehten Zettelkasten, mal hier einen Einfall ausführend, mal dort einen anderen. Sie segelt auch stets im warmen Mief der Mehrheit, wenn sie die angebliche Online-Sucht der Jugend anprangert oder den durch und durch konformistischen Satz "Werte sind zum Fremdwort geworden" zitiert. Kritik, die jeder aufgeweckte Oberschüler nach einer Woche Zeitungslektüre reproduzieren könnte. Kein origineller Gedanke, keiner, der übers Klischee hinauskommt. Sie rennt meilenweit offene Türen ein, wenn sie etwa den angeblichen "Beauty-Wahn" anprangert.

Sehr geschickt bedient sie das eigene Image. Sie spielt eine Rolle - siehe oben. Nick, die zum Zwecke der Selbstvermarktung die Bedürfnisse des Boulevards hemmungslos erfüllt von RTL-"Dschungelcamp" bis "Bild", muss ihre Hybris ("Ich bin zeitlos schön und alterslos") ebenso dokumentieren wie ihren Hang zur Schmähkritik.

Glucksende Zustimmung

Die kann man schon darum nicht recht goutieren, weil man die Objekte ihrer Kritik nicht kennt. Da bräuchte es ein Studium jener Blätter, die man nicht einmal im Zahnarzt-Wartezimmer in die Hand nehmen mag.

Halt, Angela Merkel kennt man. Wenn eins an der Kanzlerin nichts anderes zu kritisieren hat als ihre Frisur oder Kleidung, ist das aber schlicht erbärmlich. Besonders ärgerlich jedoch ist die Kritik wegen ihrer Unterfütterung mit derben Zoten, wobei es erstaunt, dass ein überwiegend weibliches Publikum dabei zustimmend gluckst.

In einer Fragerunde bewies die Bühnenkünstlerin immerhin ihre Schlagfertigkeit. Den unbedarften Zuhörer jedoch ließ sie allein: Wer ist "Patrizia Bianco" o.s.ä.? Und wer "Robert Geis" o.s.ä.? Und warum engagieren die Organisatoren des Literaturfestivals eine Désirée Nick angesichts der Tatsache, dass es so viele interessante Autorinnen und Autoren gibt?