Die Ressource Wald atmet Ewigkeit

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Revierförster Berthold Schultheiß (r.) hatte bei seinen Erläuterungen im Wald aufmerksame Zuhörer. Foto: Dieter Grams
Revierförster Berthold Schultheiß (r.) hatte bei seinen Erläuterungen im Wald aufmerksame Zuhörer. Foto: Dieter Grams
Der Verbiss durch Rehe ist ein Problem für den Bestand des Waldes.
Der Verbiss durch Rehe ist ein Problem für den Bestand des Waldes.
 
 

Revierförster Berthold Schultheiß erläutert die forstwirtschaftlichen Maßnahmen im Birkacher Wald und gibt Entwarnung.

Trophäen an der Wand interessieren ihn nicht, und der Buche haut er schon mal aufs Haupt, um der Eiche eine Chance zu geben. Die Bruträume von Buchdruckern oder Waldgärtnern macht er platt, und das allein profitorientierte, gedankenlose Abholzen der tropischen Regenwälder oder der Taiga bezeichnet er als übelsten Neo-Kolonialismus. Für Berthold Schultheiß, den verantwortlichen Förster in den Bamberger Revieren, steht eine ökologisch-ökomenische und sozial nachhaltige forstwirtschaftliche Nutzung des Waldes eindeutig im Vordergrund.

Tatsache ist - Deutschland kann seinen Bedarf an Holz aus eigener Kraft nicht decken, sondern muss diesen Rohstoff zusätzlich importieren. "Die Nachfrage übersteigt das Angebot bei weitem, und die Verbraucher reagieren darauf mit Unverständnis. Die Folge sind Abwehrkämpfe, bis hin zu massiven persönlichen Bedrohungen", so Schultheiß unaufgeregt.

In den Zuständigkeitsbereich des Revierförsters fällt auch der Birkacher Wald in der Stegauracher Flur. Die Gemeinde sah sich im Spätherbst des vergangenen Jahres verstärkt mit Anfragen "bestürzter" Bürger zu "starken Rodungsarbeiten" im Birkacher Wald konfrontiert und bat die Dienststelle der Bayerischen Staatsforsten in Forchheim um Aufklärung. Die lieferte Berthold Schultheiß jetzt vor Ort.

Zweiter Bürgermeister Bernd Fricke (Grüne) begrüßte zu diesem Ortstermin eine zwar kleine, aber engagierte und interessierte Gruppe und wies in seiner kurzen Einführung ausdrücklich, aber gleichwohl schmunzelnd, daraufhin, dass man sich auf Stegauracher Grund und Boden befindet, und nicht etwa in Walsdorf.

Gerodet wurde im Birkacher Forst gar nichts, stellte Schultheiß klar: "Roden bedeutet, dass ein Stück Wald einfach verschwindet und die Fläche gänzlich anders genutzt wird. Wie zum Beispiel Regenwald als Weidefläche für die späteren Steaks und Hamburger oder Soja-Monokulturen. Nichts dergleichen ist hier geschehen." Er räumte ein, dass die durchgeführten Maßnahmen in der subjektiven Wahrnehmung Außenstehender, auch mangels Hintergrundwissen, zu einer Fehl-Interpretation geführt haben können. Nicht gewollt, aber diktiert von Sachzwängen sei es mitunter notwendig, auch an Feiertagen tätig zu werden.

Hoher Nadelholzanteil

Der Birkacher Wald hat den höchsten Nadelholzanteil in den Bamberger Revieren. Dominant ist die Fichte, ein flachwurzelnder Baum, den entweder der Sturm wirft oder den sich der Käfer holt. Allerdings auch ein Baum, den die allgegenwärtigen Rehe eher verschmähen. Sie halten sich an Leckerbissen wie Tanne, Buche, Ahorn, Linde, Kirsche oder Eiche, von denen in den letzten fünf Jahren 78 000 Winzlinge gepflanzt wurden.

Damit benannte Schultheiß neben dem hoch spezialisierten Borkenkäfer, den auf ihre Chance lauernden Brombeeren, ungewollten Freiflächen - "Frost-Gras-Maus-Aus" - und offensichtlich mutierten Pilzen, gegen die es momentan keine Abwehr gibt, einen weiteren Feind des jetzt begonnenen Umbaus des Birkacher Waldes, einer gezielten Verjüngung unter dem Schutz, dem Dach der Altbestände, wobei es sich auch nach 50 Jahren immer noch um einen Pflegebestand handelt: "Die Ressource Wald ist keinem Zeitgeist unterworfen und atmet Ewigkeit."

Bei einer zu hohen Reh-Population und dem damit einhergehenden Verbiss sei jedwede Maßnahme zum Scheitern verurteilt. Berthold Schultheiß plädierte daher für eine intensive Bejagung nicht nur der Böcke wegen der schmucken Trophäen, sondern auch der weiblichen Tiere. Mit einem einzelnen, vom Hochstand aus geschossenen Tier sei die Sache nicht in den Griff zu kriegen. "Hier helfen nur gut organisierte Drückjagden."

Die besorgte Frage eines Teilnehmers, ob er die Rehe ausrotten wolle, verneinte der Förster. Das sei nicht beabsichtigt und auch gar nicht möglich. Es habe sich schon als völlig unmöglich erwiesen, bestehende Populationsdichten auch nur zu beziffern: "Man kann die Rehe nicht zählen. In diesem Moment kann nur ein paar Meter entfernt von uns ein Reh im Unterholz liegen. Wenn wir nicht gerade darauf treten, kriegen wir davon gar nichts mit." In seinen Revieren werde intensiv gejagt, um die jungen Bäume zu schützen.

Keine Ghetto-Wälder

Von Ghetto-Wäldern, das heißt eingezäunten Flächen, hält Schultheiß nichts. "In einem Ghetto können wir das Ziel eines vielfältigen, stufig gewachsenen Waldes mit stabilen Strukturen nicht verwirklichen." In den Birkacher Wald sei aktuell mehr investiert worden als in den 30 Jahren zuvor. "Inzwischen wachsen jährlich 2140 Festmeter nach." Dennoch könnten nur 58 Prozent des Verbrauchs in Stegaurach abgedeckt werden.

Acht Prozent der Revierfläche seien aus der Nutzung herausgenommen worden, davon 46 Hektar als Naturreservat. Auch erkennbare Brutbäume sowie die Methusalem-Klasse mit einem Umfang von 100 cm werden keinesfalls geschlagen. Auch dann nicht, wenn sie einer Verjüngungskur im Weg stehen. Diese Verjüngung wird über den Lichteinfall gesteuert.

Eiche, Lerche und Kiefer sind zum Beispiel "Lichtbäume", die Buche hat es gern etwas schattiger. Ziel der Aufforstung sei ein trupp- und gruppenweise gestaltetes, ungleiches Mosaik unterschiedlicher, qualitativ hochwertiger Arten.

"Die Bewirtschaftung eines Waldes gleicht der Quadratur des Kreises", so Schultheiß. "Man kann es unmöglich allen Recht machen, dafür sind die Begehrlichkeiten viel zu unterschiedlich, die sich in Stadtnähe noch einmal vervielfältigen und potenzieren. Es kann gar nicht ausbleiben, dass die Interessen mitunter heftig kollidieren." Ein wenig mehr Verständnis sei angebracht.

500 Holzwerber habe er zurückweisen müssen, aber Nutzung bedeute eben nicht nur einen angemessenen Deckungsbeitrag für den Staatshaushalt zu erwirtschaften, sondern auch und vor allem die biologische Vielfalt zu erhalten.