Die Gottesdienste mit Gefängnispfarrer Hans Lyer in der St.-Elisabeth-Kirche ziehen Besucher aus ganz Bamberg an.
                           
          
           
   
          Die stählernen Vierkantrohre in der St.-Elisabeth-Kirche im Sand gemahnen an Bauteile für einen Heizungskessel. Diese Objekte sollen jedoch an große Kunst erinnern: An Werke der Künstlerin Charlotte Posenenske, die zu den wenigen gehörte, die in Europa die reduktionistischen Impulse der amerikanischen Minimal Art aufnahmen. Ihre "Vierkantrohre" aus den 1960er Jahren brachten Posenenske internationale Anerkennung.
  
   Was im Wandel bleiben muss
 
Gefängnispfarrer Hans Lyer hatte diese Rohre von seinen Schützlingen in der JVA Ebrach nachbauen lassen. An den ersten Fastensonntagen standen diese originalgetreuen Kopien in der St.-Elisabeth-Kirche und wurden Gegenstände einer "Veränderung". So titelten die Gottesdienste, denen Pfarrer Lyer vorstand: "Als Christen wissen wir um Veränderung und Wandel, damit das Reich Gottes der Gerechtigkeit, des Friedens und der Freude für alle Menschen wächst." Die Fastenzeit - "eine Zeit der Neugier für die, die noch suchen" - lade zu einer solchen Veränderung ein, so Lyer.
Abschnittweise las er in den Messen den Fastenhirtenbrief von Erzbischof Ludwig Schick vor: "Was im Wandel bleiben muss!", hat Schick dieses Schreiben an die Pfarrgemeinden des Erzbistums überschrieben. "Die Fastenzeit ist Zeit der Besinnung und der Neuorientierung, auch eine Zeit, sich neu zu entscheiden für ein bewusstes Christsein in unserer Zeit und für die Zukunft", heißt es darin.
Ganz im Sinne der Künstlerin Posenenske forderte Pfarrer Lyer die Gottesdienstbesucher auf, die "Vierkantrohre" neu zu kombinieren und umzubauen. Das tat die Schar denn auch und veränderte die geometrischen Grundformen in neue Installationen. Wandel wurde greifbar, nicht nur in der formalen Entwicklung der Stahlobjekte. "Kirche heißt Teilhabe, heißt, nicht nur konsumieren, sondern selbst Hand anlegen im Geist des Jesus von Nazareth", sollte diese Aktion nach Lyers Worten ausdrücken.
  
   Brotlaib statt Hostie
 
Dem Pfarrer ist bewusst, dass die Gottesdienstgemeinde St. Elisabeth ohnehin aus dem Rahmen fällt. Aus ganz Bamberg strömen diejenigen in diese Kirche, die sich in den herkömmlichen Pfarreien nicht zu Hause fühlen.
 Die eine freiere Liturgie bevorzugen und Predigten mit aktuellen Bezügen. Selbst das eucharistische Brot ist tatsächlich ein ungesäuerter Brotlaib und nicht Hostie, hergestellt in der "Knast-Bäckerei" von Ebrach. Da bekommen die Worte aus dem Hochgebet "Jesus nahm das Brot, brach es ..." ihren tieferen Ausdruck in dem, was Pfarrer Lyer tatsächlich praktiziert. 
Die "Vierkantrohre" kehren in die JVA-Ebrach zurück, sollen die Gefangenen in ihren Mühen um "Veränderung und Wandel" Gedankenstütze sein. In der St.-Elisabeth-Kirche bleibt das diesjährige Misereor-Fastentuch, bleiben die großformatigen Entwürfe der Lüpertz-Fenster. Und es bleibt die besondere Gestaltung der österlichen Bußzeit: Am Samstag, 25. März, 18.30 Uhr, wird Bürgermeister und Theologe Christian Lange (CSU) im Gottesdienst als "Fastenprediger" auftreten und ein "Zeugnis des Glaubens" geben.