Hans Fischer ist tot.Vor beinahe fünf Jahrzehnten hatte er die Burg Lisberg gekauft und als Denkmal erhalten.
Er habe nie vorgehabt, eine Burg zu kaufen, sagte Hans Fischer einmal. Ein altes Haus in reizvoller Landschaft, das sei es gewesen, was ihm und seiner Frau vorgeschwebt habe.
Dass es für den gebürtigen Hessen anders gekommen ist, war einem kleinen Zeitungsartikel in der "Augsburger Allgemeinen" zu verdanken. "Fürst Castell verkauft Burg" hatte Fischer 1967 dort gelesen, dazu auf einem Bild der Deutschen Presseagentur zum ersten Mal das Bauwerk entdeckt, das fortan sein Leben bestimmen sollte: die Burg Lisberg.
Alles andere als einladend
"Tätst du auch in eine Burg ziehen?", fragte er seine Frau. Sie dachte, er scherze. Das Bild hatte mehr eine Ruine als ein bewohnbares Haus gezeigt. Die Burg Lisberg, im Jahr 820 erstmals urkundlich erwähnt, befand sich damals seit mehr als 100 Jahren im Eigentum der Casteller Fürsten. Sie war baufällig und alles andere als einladend: keine Tore, im Hof abgebranntes Gras, Disteln und viele Blechhütten, in denen der Castell'sche Forstverwalter, der dort noch lebte, sein Kleinvieh hielt.
Gelernter Grafiker
Doch Hans Fischer war begeistert von dem Gedanken, diese Burg wieder auf Vordermann zu bringen. "Hätte ich damals ,Nein‘ gesagt, hätte ich das mein ganzes Leben vorgeworfen gekriegt", erzählte seine Frau einmal.
Hans und Eveline Fischer lebten damals mit ihrem 16-jährigen Sohn Thomas in der Nähe von Neuburg an der Donau. Fischer war gelernter Grafiker und freiberuflich tätig. Er zeichnete Humoriges ohne Worte in Tusche für diverse Illustrierte.
Kauf im August 1968
Sein Traumberuf war das nicht. Kunstschreiner wäre er gern geworden, hatte für diese Ausbildung schon eine Stelle in Aussicht. Aber die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges durchkreuzten diesen Plan.
Ein dreiviertel Jahr verhandelte Fischer mit dem Generalbevollmächtigten der Castell'schen Besitzungen. Schließlich kaufte er im August 1968 die Hauptburg mit dem Bergfried für eine fünfstellige Summe. Er hatte den ursprünglichen Preis auf ein Fünftel runterdrücken können.
Im Oktober 1968 zog die Familie Fischer dann in die Burg ein. Den Wohntrakt, der vom Vorgänger existierte, behielt sie bei. Das erste Vierteljahr war der neue Burgherr nur damit beschäftigt, das Dach zu decken. Es folgten jahrelange Aufräum- und Sanierungsarbeiten, bis am Kirchweihsonntag 1971 Bürgermeister und Gemeinderäte zu einem Umtrunk in der sanierten Burg eingeladen werden konnten.
Leidenschaftlicher Sammler
Fischer, handwerklich sehr geschickt, hatte vieles selbst gemacht. Daneben verstand er es, geschickt Fördergelder für seine denkmalpflegerische Arbeit heranzuholen.
Doch es blieb nicht bei der Bauwerksanierung. Fischer war ein leidenschaftlicher Sammler. Er stattete die Burg mit Utensilien aus alter Zeit aus, verwendete auch schon mal sein Erspartes, um ein historisch wertvolles Gemälde zu erwerben.
Das Wichtigste: Er öffnete die Burg, die zu den ältesten in Franken gehört und nie zerstört wurde, für die Öffentlichkeit. Zahlreiche Führungen, Konzerte, Theater, gemütliche Abende rund um den großen historischen Grill in der Burgküche bleiben den Besuchern unvergessen.
Titel zählten nichts
Wenn es um seine Ideale ging, dann zeigte sich Fischer äußerst streitbar. So kämpfte er zum Beispiel lange darum, dass die Lisberger Pfarrkirche ihre Kreuzform behält und der Anbau aus dem 19. Jahrhundert nicht abgerissen wird - in diesem Fall vergeblich.
Bei ihm zählte der Mensch, nicht die Funktion oder der Titel. Und er hatte keine Angst vor großen Namen. Einen Staatssekretär, der die Burg begutachten wollte, ließ er zum Beispiel vor dem verschlossenen Eingangstor stehen.
Gesellschaftliche Ereignisse außerhalb seiner Burg waren Fischers Sache nicht. Sein Domizil verließ er nur ungern. Gemeinsamer Familienurlaub fand so gut wie nicht statt. "Man kann die Burg nicht allein lassen", sagte er zu seiner Frau.
Familiäre Schicksalsschläge setzten dem Lisberger Burgherrn immer wieder zu. In den 1990er-Jahren starb der Enkel nach schwerer Krankheit, später verlor er den einzigen Sohn.
Nach dem Tod seiner Frau im Jahr 2008 lebte Fischer allein in dem großen Burggebäude.
Einen Nachfolger gefunden
Ihm selbst ging es gesundheitlich gut. In den vergangenen Jahren hatten die Lisberger den Eindruck, als blühe der alte Burgherr wieder etwas auf. Er ließ nach langer Zeit Führungen und Feiern in seiner Burg zu, öffnete den Rittersaal für Trauungen.
Im vergangenen Jahr wurde schließlich bekannt, dass er im Bamberger Auktionator Johann Sebök einen Nachfolger für sein Lebenswerk und damit sein Erbe gefunden hat.
"Auf Moorhuhnjagd"
Von einem Aufenthalt im Krankenhaus zu Jahresbeginn kehrte Hans Fischer nicht zurück. Am Donnerstag starb er im Alter von 87 Jahren.
Auf Wunsch des Verstorbenen findet die Beisetzung in aller Stille statt.
Auch wenn der alte Burgherr auf viele Menschen etwas knorrig wirkte, war er im tiefsten Inneren ein humorvoller Mensch. Als ihn einmal ein fremdes Ehepaar, das die Burg besichtigen wollte, durch das verschlossene Eisengittertor im Burghof erspähte und nach dem Eigentümer der Burg fragte, antwortete er lapidar: "Ich bin nur der Gärtner. Die Herrschaften sind in Schottland auf Moorhuhnjagd."