Der Sommer in Franken taucht ab

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Was wäre wenn ...? Dieses Bild vom Main-Hochwasser 2003 in Augsfeld im Kreis Haßberge gibt einen Eindruck von der Gewalt des Wassers. Bei einem Pegelstand wie 1342 wären die Häuser versunken. Foto: dpa
Was wäre wenn ...? Dieses Bild vom Main-Hochwasser 2003 in Augsfeld im Kreis Haßberge gibt einen Eindruck von der Gewalt des Wassers. Bei einem Pegelstand wie 1342 wären die Häuser versunken. Foto: dpa

Auf die wochenlange Dürre folgt jetzt der Dauerregen. Wie heftig und wo genau er fällt, ist schwer vorherzusagen. Beim Public Viewing am Dienstag ist jedenfalls der Regenschirm Pflicht.

Der Siebenschläfer liegt richtig: Der Sommer 2014 bleibt wechselhaft und launisch wie ein April. Auf das Hitze-Intermezzo vom Wochenende folgt ein phänomenaler Temperatursturz um 15 Grad und mehr, gepaart mit Regengüssen, die unwetterartig ausfallen können. Ein Trost: Damit endet in Franken eine Dürreperiode, die bedenkliche Ausmaße angenommen hatte.

Wie groß fällt der große Regen aus? Die Frage ist so spannend wie die nach dem Ausgang des WM-Halbfinalspiels zwischen Deutschland und Brasilien. In Belo Horizonte erwarten die Kicker angenehme 24 Grad und allenfalls ein paar Schauer. In Deutschland dagegen könnte das Public Viewing fast flächendeckend ins Wasser fallen.

Nur noch 15 Grad

Für Franken rechnet der Herzogenauracher Physiker Stefan Ochs, der eine eigene Wetter-Homepage betreibt (www.wetterochs.de), nach den
Gewittern vom Montag mit dichter Bewölkung am Dienstag, anhaltendem Regen und Temperaturen von höchstens 19 Grad. Daran wird sich am Mittwoch nicht viel ändern, nur bei der Temperatur gibt es Bewegung: abwärts. Wahrscheinlich werden unter den dichten Wolken kaum 15 Grad erreicht.
Von einer drohenden "Sintflut", die er vor einigen Tagen erwartet hatte, spricht Ochs nicht mehr. Allerdings könnten bis Mittwochabend in einigen fränkischen Regionen Regenmengen bis zu 100 Litern auf den Quadratmeter zusammenkommen - das ist ein ganzes Monatspensum. "Leider können die Wettermodelle die Verteilung der Niederschläge nicht erfassen", sagt Ochs.

Die Böden sind durstig

Auch beim Deutschen Wetterdienst rechnet man mit Unwettern, ohne diese exakt vorhersagen zu können. "Es wird, wenn überhaupt, allenfalls kurzfristige Unwetterwarnungen geben", sagt ein DWD-Sprecher.
Die Wetterexperten beruhigen: Obwohl die aktuelle Wetterlage der gleicht, die vor einem Jahr an der Donau zu einer Hochwasser-Katastrophe geführt hatte, dürfte der Regen heuer mehr ein Segen sein. Nach wochenlanger Dürre sind die Pegel vieler Flüsse stark gefallen, selbst die Grundwasserstände sind in Nordbayern teilweise kritisch, meldet das Landesamt für Umwelt (LFU) in Augsburg.

Die große Flut von 1342

Die Landwirte sehnen den Regen herbei. Aber bitte nicht so wie 1342: Da fielen an drei Tagen 175 Liter Regen, die Fluten verwüsteten das Land. Die Jahrtausendflut kam nicht nach der Schneeschmelze; sie folgte einer Hitzewelle im Juli.

Sommerliche Tiefdruck-Wetterlagen mit enormem Regenpotenzial scheinen sich als Folge des Klimawandels zu häufen. Jedes Jahr ein Jahrhunderthochwasser in Europa und in naher Zukunft dar wieder ein Jahrtausendhochwasser? Für den Freiburger Geografen Rüdiger Glaser gibt es auf diese Frage nur ein eindeutiges Ja als Antwort. Glaser beschäftigt sich seiner Tätigkeit an der Universität Würzburg mit dem Magdalenenhochwasser, das am Main die höchsten jemals gemessenen Pegelstände mit sich brachte. Die dramatische Augenzeugenberichte haben sich durch Forschungen in letzter Zeit verifizieren lassen.

Zehn Meter Wasserstand

Großräumiger Dauerregen ließ demnach im Juli 1342 weite Teile Mitteleuropas in den Fluten versinken. In Würzburg muss der Main einen Wasserstand von zehn Metern erreicht haben bei einem Abfluss von 3300 Kubikmetern pro Sekunde. Im Vergleich dazu nimmt sich das schlimmste Hochwasser der jüngeren Vergangenheit von 1970 mit 6,70 Metern und 1300 Kubikmetern bescheiden aus.

Die Flut von 1342 veränderte buchstäblich das Land und den Lauf der Geschichte. Die Wassermassen rissen bis zu 20 Meter tiefe Schluchten in die Landschaft, die etwa im Spessart noch heute zu sehen sind.

Hungersnöte und Seuchen

Riesige Ackerflächen gingen verloren, Hungersnöte und Seuchen waren die Folge. Zudem markiert das Jahr 1342 einen markanten Klimawandel: In Europa begann eine kleine Eiszeit, die 1540 mit einem anderen markanten Wetterereignis endete: das heißeste und trockenste Jahr seit Menschengedenken.

Der Klimawandel erhöht heute laut Glaser das Risiko für Wetterextreme. Dass der nächste Jahrhundertsommer nach 2003 tatsächlich bis 2103 auf sich warten lässt, ist unwahrscheinlich; beim Niederschlag ist es ähnlich: "Wir erleben seit 20 Jahren eine signifikante Zunahme der Jahrhunderthochwasser: vom Rhein und der Mosel über die Oder und Elbe bis zur Donau. Das ist eine auffällige Häufung", sagt Glaser. Für eine Neuauflage der Magdalenenflut haben Klima-Experten Wahrscheinlichkeiten von 10.000 bis 700 Jahren errechnet. Im ungünstigsten Fall ist sie also schon überfällig.

Wie extrem das Wetter am Ende auch wird: Auf inFranken.de und unserer Facebook-Seite dokumentieren wir die Ereignisse vom spektakulären Sonnenuntergang über den Regenbogen bis hin zum Wolkenbruch oder Hagelsturm. Schicken Sie uns Ihre Fotos per Mail anwetterinfranken@scribblelive.com oder posten Sie Ihre Bilder auf Twitter unter dem Hashtag #wetterinfranken!