Der Herr der Hörnla: Über Bamberger Backspezialitäten

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Der Hörnla-Teig wird drei Mal gefaltet und bekommt dadurch 27 Butterschichten. Nun muss die Backspezialität noch in die berühmte Sichelform gebracht werden. Fotos: Barbara Herbst
Der Hörnla-Teig wird drei Mal gefaltet und bekommt dadurch 27 Butterschichten. Nun muss die Backspezialität noch in die berühmte Sichelform gebracht werden.  Fotos: Barbara Herbst
Bamberger Hörnla Seit Anfang des 15. Jahrhunderts gibt es Hörnla in Bamberg. Damit sind sie älter als das französische Croissant, das mit mehr Zucker und Butter gebacken wird und deshalb schwerer ist. Grundlage der Hörnla ist ein leichter Hefeteig aus Mehl, Milch und Salz. Der wird dann mit Butter bestrichen, mehrmals gefaltet und zum Halbmond geformt. Weil der Teig immer wieder gekühlt werden muss, dauert die Zubereitung etwa 24 Stunden.
Bamberger Hörnla Seit Anfang des 15. Jahrhunderts gibt es Hörnla in Bamberg. Damit sind sie älter als das  französische Croissant, das mit  mehr Zucker und Butter gebacken wird und deshalb schwerer ist.  Grundlage der Hörnla ist ein leichter Hefeteig aus Mehl, Milch und Salz. Der wird dann mit Butter bestrichen, mehrmals gefaltet und zum Halbmond geformt. Weil der Teig immer wieder gekühlt werden muss, dauert die Zubereitung etwa 24 Stunden.
 
Ausgezogene Krapfen Die Kerwa-Küchla werden aus demselben Teig hergestellt wie die Hörnla. Er wird aber als Kugel geformt, eingedrückt und dann auf verschiedene Weise "ausgezogen" - mit den Fingern, mit Holz oder über dem Knie. Auch für das Fetten gibt es unterschiedliche Methoden. Bäckermeister Seel wendet sie auf Blechen in der Fritteuse, andere gießen mit einer Schöpfkelle heißes Fett auf den Teig, der sich dann in der Mitte wölbt.
Ausgezogene Krapfen Die Kerwa-Küchla werden aus demselben Teig hergestellt wie die Hörnla. Er wird aber als Kugel geformt, eingedrückt und dann auf verschiedene Weise "ausgezogen" - mit den Fingern, mit Holz oder über dem Knie. Auch für das Fetten gibt es unterschiedliche Methoden. Bäckermeister Seel wendet sie auf Blechen in der Fritteuse, andere gießen mit einer Schöpfkelle heißes Fett auf den Teig, der sich dann in der Mitte wölbt.
 
Seelenspitzen Das zopfförmige Gebäck wird traditionell zu Allerseelen gebacken, ebenfalls aus dem Hörnla-Teig, ist mittlerweile aber ganzjährig verfügbar. Die Zopf-Form soll auf einen heidnischen Brauch zurückgehen, nachdem dem verstorbenen Mann die zum Zopf geflochtenen Haare der Ehefrau mit ins Grab gelegt wurden. Ein weiterer Entstehungsmythos erzählt von einem Bamberger, der das Gebäck für die Kinder in einem Waisenhaus backte.
Seelenspitzen Das zopfförmige Gebäck wird traditionell zu Allerseelen gebacken, ebenfalls aus dem Hörnla-Teig, ist mittlerweile aber ganzjährig verfügbar. Die Zopf-Form soll auf einen heidnischen Brauch zurückgehen, nachdem dem verstorbenen Mann die zum Zopf geflochtenen Haare der Ehefrau mit ins Grab gelegt wurden. Ein weiterer Entstehungsmythos erzählt von einem Bamberger, der das Gebäck für die Kinder in einem Waisenhaus backte.
 
Geschnittene Hasen Das Süßgebäck wird aus einem weichen Mürbteig mit Sauerrahm und Butter hergestellet, der dann in Fett gebraten wird. "Gesund ist das nicht, aber lecker", urteilt Bäckermeister Alfred Seel. Traditionell gibt es die Spezialität zu Ostern, mittlerweile aber auch ganzjährig. Das Gebäck soll an den seitlichen Schlitz in mittelalterlichen Hosen erinnern. "Ob das alles stimmt, ist schwer zu sagen. Das ist schließlich ganz schön lange her."
Geschnittene Hasen Das Süßgebäck wird aus einem weichen Mürbteig mit Sauerrahm und Butter hergestellet, der dann in Fett gebraten wird. "Gesund ist das nicht, aber lecker", urteilt Bäckermeister Alfred Seel. Traditionell gibt es die Spezialität zu Ostern, mittlerweile aber auch ganzjährig. Das Gebäck soll an den seitlichen Schlitz in mittelalterlichen Hosen erinnern. "Ob das alles stimmt, ist schwer zu sagen. Das ist schließlich ganz schön lange her."
 
Bäckermeister Alfred Seel zieht den Krapfenteig aus.
Bäckermeister Alfred Seel zieht den Krapfenteig aus.
 
 
 
 
 
 
 
 

Jeder Bäcker backt die Bamberger Spezialitäten wie Hörnla, Ausgezogene und Seelenspitzen auf seine eigene Weise. Ein Besuch in der Backstube.

Wie verschneit sieht es aus in der Backstube der Bamberger Traditionsbäckerei Seel in der Lugbank: Bleche, Tische und Maschinen sind mit einer mal feinen, mal dicken Mehlschicht überzogen. Die Temperaturen sind hingegen eher tropisch als winterlich, denn Backöfen und Fritteuse laufen auf Hochtouren und bringen die neun Bäcker und zwei Gesellen ins Schwitzen. Die vielfältigen Gerüche frischer Backwaren lassen das Wasser im Mund zusammen laufen.

Bamberger Bäcker über die Schulter geblickt: So gehen "Ausgezogene"

Mehlflocken kleben auf den Fingern, Armen und der Schürze des Bäckermeisters Alfred Seel. Routiniert drückt er mit den Daumen die runden Teigklöße in der Mitte ein. Dann hebt er sie hoch und "zieht sie aus", also drückt mit den Daumen den Rand kreisförmig fest. So wird der Teig in der Mitte immer dünner, fast durchsichtig, der runde Rand hingegen dick. Danach kommen die "Ausgezogenen", die Bamberger Küchla, auf Metallgittern ins brutzelnde Fett und werden darin gewendet. Seel backt schon für die anstehende Sandkerwa vor, nur dann gibt es Ausgezogene.

"Die Hallstadter ziehen die Krapfen mit einem Holzklotz aus", erklärt Seel, der auch Obermeister der Bäckerinnung Bamberg-Forschheim ist. Eine weitere Methode ist das Ausziehen über dem Knie, "aber das können meist nur Frauen." Außerdem brutzeln manche Bäcker nur eine Seite im Fett, andere betröpfeln die Teigoberseite mit einer Schöpfkelle, sodass sich die Mitte wölbt. "Wie jede Bamberger Backspezialität schmecken die Ausgezogenen bei jedem Bäcker anders."

So auch die Hörnla, für die die Bäckerei Seel vor allem bekannt ist: Seit 1427 werden dort die Bamberger Vorgänger des französischen Croissants gebacken. Der Unterschied: "In Croissants ist mehr Zucker und Butter. Außerdem sind Eier im Teig, der dadurch schwerer wird", erklärt Seel.

Die Hörnla seien vermutlich aus der Not heraus entstanden: Der leichte Hefeteig besteht nur aus Mehl, Milch, Salz und etwas Zucker. Dass sie im Mittelalter bereits mit Butter hergestellt wurden, bezweifelt Seel: "Das konnte sich kaum einer leisten, vermutlich wurde Schmalz verwendet."

Um die Butter ging es dann später, beim "Hörnla-Krieg" von 1978, wie der Bäckermeister erzählt. Die Bamberger wollten sich die Hörnla zum einen regional schützen lassen, zum anderen auch Margarine statt Butter verwenden dürfen. Dagegen ging das Lebensmittelamt in Erlangen vor. Nach langwierigem Prozess setzte sich das Amt schließlich in vierter Instanz durch. Seitdem muss mindestens 20 Prozent Butter im Hörnla sein und es darf überall gebacken werden - wenn auch unter der Bezeichnung "Bamberger Hörnla".

Aus praktischen Gründen passiere das aber außerhalb Frankens kaum: "Auf einem Backwettbewerb habe ich das Rezept an einen Berliner Bäcker weitergegeben", erzählt Seel. "Nach einem halben Jahr hat er aber damit aufgehört. Es ist einfach zu aufwendig." So wird der Teig am Vortag gegen fünf Uhr früh gemacht. Dann muss er ruhen und gekühlt werden. Dann kommt die Butter drauf. Dann wieder ruhen und kühlen. Dann wird gefaltet, gerollt - und wieder geruht und gekühlt. Erst am nächsten Morgen kommen die Hörnla in den Ofen, etwa 24 Stunden dauert also die Zubereitung.

Aus dem selben Teig wie die Hörnla entstehen auch die Ausgezogenen, die Seelenspitzen und die zu Silvester gebackenen Punsch-Stangen, die aber allesamt deutlich weniger Aufwand benötigen. "Bäcker sein ist wahnsinnig schön, weil ich mit einfachen Zutaten wahnsinnig viel gestalten kann", schwärmt Seel. Der Teig sei jeden Tag anders, entsprechend brauche es Gefühl und Erfahrung. Zwar musste er an diesem Tag um 2 Uhr früh aufstehen, manchmal auch schon um Mitternacht. Und wenn er in der Backstube fertig ist, geht es ins Büro. Dazu gebe es an regnerischen Sommertagen manchmal eine Luftfeuchtigkeit von 90 Prozent in der Backstube. "Dafür bekommt aber keiner Brot, Brötchen und Hörnla so frisch wie ein Bäcker." Die Hörnla isst er unter der Woche pur zum Kaffee. "Das darf ich jetzt eigentlich nicht erzählen, aber sonntags schmier ich mir auch Butter und Erdbeermarmelade drauf."