Fridays for future in Bamberg: "Den Schulverweis rahme ich ein"

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Die Erde muss Luft zum Atmen haben: Demonstrierende Schüler in der Luitpoldstraße alle Fotos: Matthias Hoch
Die Erde muss Luft zum Atmen haben: Demonstrierende Schüler in der Luitpoldstraße alle Fotos: Matthias Hoch
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Deutlich weniger Bamberger Schüler gingen am Freitag während der Schulzeit für den Klimaschutz auf die Straße. Schulleiter hatten Konsequenzen angekündigt.

Raphael verzieht keine Miene. Er schaut nur mit großen Augen um sich ins Menschengetümmel auf dem Bahnhofsvorplatz. Der Bub sitzt warm eingepackt im Kinderwagen. Im zarten Alter von einem Jahr erlebt er seine erste Demo: "Fridays for Future" ist angesagt. Andrea Eckert, Leiterin der Kita Villa Kunterbunt, und engagierte Mamas haben noch mehr Kids um sich geschart: "Wir haben ihnen kindgerecht erklärt, worum es geht", sagt Eckert und nennt als Beispiel das Schlagwort "gute Luft zum Atmen".

Raphael bleibt immer noch stumm, als die Organisatoren der freitäglichen Schülerdemonstration für den Klimaschutz zum Mikrofon greifen. Der zwanzigjährige Student Luca Rosenheimer ist einer von ihnen. Er beherrscht sein Metier. Nämlich den nach Polizeiangaben etwa 600 Schülern und einigen Erwachsenen für den Fußmarsch zum Maxplatz im kalten Nieselregen einzuheizen. Rosenheimer skandiert immer wieder mit bald brüchiger Stimme: "Es gibt kein Recht auf Kohle-Bagger fahren!" Und die Menge nimmt den Spruch rhythmisch auf.

Der staunende Zaungast hört dann vom Redner, dass diese Umweltbewegung "auch antirassistisch, antisexistisch und antifaschistisch" ist. Antifaschisten seien nicht linksextrem, beruhigt Luca Rosenheimer, ausgerechnet mit dem einschlägig bekannten Ruf "Ho, ho, internationale Solidarität". Aus 600 Kehlen ertönt es dann ebenfalls: "Ho, ho, internationale Solidarität".

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Wenn die Schüler wieder zum Unterricht in ihre Bildungsanstalten zurückkehren, mögen Lehrer den Hintergrund dieses Solidaritäts-Bekenntnisses erklären. Oder die Eltern, die ihren Sprösslingen die Demo während der Schulzeit erlaubt haben. Obwohl Schulleiter im Vorfeld von "Fridays for Future" dieses Mal Konsequenzen angekündigt haben.

Piak zum Beispiel besucht die Berufsfachschule Maria Hilf: "Es kann einen Verweis und Nachsitzen geben", weiß der 17-Jährige genau. Doch diese Strafen für's Schwänzen schrecken ihn nicht: "Ich möchte eine Zukunft haben, in der ich vernünftig leben kann, aber nicht bei 40 Grad in Bamberg, wenn das so weitergeht. Die Politik regelt zu wenig", beklagt Piak.

"Langsame Politik"

Auch die 13-jährige Matilda regt es auf, "dass die Politik so langsam macht". Dagegen demonstriere sie, während "wir bei uns im Kleinen anfangen. Wir essen Bio, fahren mit dem Rad, vermeiden Plastikmüll und sind gut drauf!", erzählt sie aus ihrer Familie. Dabei ist Matilda umringt von etwa 30 Mädchen, die wie sie das E.T.A.-Hoffmann-Gymnasium besuchen. Alle müssen mit Sanktionen durch die Schulleitung rechnen. "Entweder ich lüge und melde mich krank, bin dann also auch nicht in der Schule, oder ich bin ehrlich", sagt Helene (14). Lügen wolle sie nicht. Also nehme sie eine Strafe in Kauf. "Den Verweis rahme ich mir ein und nagle ihn an die Wand!", springt ihr auch Elisa (13) bei.

Florian dagegen hat so ein Souvenir nicht im Kopf. "Fridays for Future ist eine wichtige Bewegung, die Probleme der Umwelt brauchen Aufmerksamkeit, da müsste mehr passieren", meint der 21-jährige Montessori-Fachoberschüler aus Kronach. Er absolviere derzeit ein Praktikum in einer Förderschule und habe sich einfach für die Demo abgemeldet. "Ich weiß nicht, ob mir jetzt etwas droht", zuckt er mit den Schultern.

Zu den jungen Demonstranten hat sich Sybille Hardt gesellt: "Ich finde es toll, dass diese junge Generation aufsteht und auf die Straße geht", freut sich die 56-Jährige, die sich für ihre Teilnahme an der Demo "extra einen Tag Urlaub genommen hat". Und zwar, weil sie sich solidarisch zeigen wolle: "Klimaschutz darf nicht nur ein Lippenbekenntnis sein", fordert die Bambergerin.