Datenschutz auch im Bamberger Adressbuch?

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Das Bamberger Adressbuch erfreut sich bei vielen Bürgern noch großer Beliebtheit, wirft aber auch Fragen nach dem Datenschutz auf. Foto: Timo Stöhr
Das Bamberger Adressbuch erfreut sich bei vielen Bürgern noch großer Beliebtheit, wirft aber auch Fragen nach dem Datenschutz auf.  Foto: Timo Stöhr
Bernd Bauer-Banzhaf
Bernd Bauer-Banzhaf
 

Wieso darf die Stadt Bamberg die Namen und Adressen ihrer Bürger an Verlage weitergeben? Der Datenschutzbeauftragte Bernd Bauer-Banzhaf klärt auf.

Ordentlich gewundert hat sich eine FT-Leserin, als ihr das zum Jahresende herausgegebene Adressbuch der Stadt Bamberg in die Hände fiel. "Kaum ist die Datenschutzgrundverordnung nicht mehr in aller Munde, kaum hat man hundertfach Akzeptanz derselbigen angeklickt und unterschrieben, erscheint das neue Adressbuch der Stadtverwaltung Bamberg! Hierin kann jedermann meinen Namen und meine Adresse nachlesen, sofern ich selbst nicht vorher der Veröffentlichung (über die ich jedoch im Vorfeld nicht informiert wurde) widersprochen habe. Wie ist dieses Vorgehen mit der neuen Datenschutzregelung vereinbar?", wunderte sie sich in einem Schreiben an die FT-Redaktion. Diese Frage beantwortet nun Bernd Bauer-Banzhaf in einem Interview. Der 57-Jährige ist nicht nur Datenschutzbeauftragter der Stadt seit 1996, sondern inzwischen auch bayernweit als Datenschutzberater für Kommunalverwaltungen tätig.

Wie kann es sein, dass manche Bamberger aus allen Wolken fallen, weil ihr Name im Adressbuch der Stadt auftaucht?

Bernd Bauer-Banzhaf: Alle Bamberger wurden durch Veröffentlichung im Amtsblatt "Rathausjournal" vom 18. Mai 2018 informiert und auf die Widerspruchsmöglichkeit hingewiesen. Das ist genau das, was das Bundesmeldegesetz (BMG) fordert. Ein Einverständnis fordert das Gesetz nicht. Wichtig ist: Es dürfen nur Bücher und keine Online-Werke erzeugt werden.

Hat sich hier durch die Datenschutzgrundverordnung etwas geändert?

Nein, das BMG bleibt weiterhin gesetzliche Grundlage dafür.

Warum gibt es einen Unterschied zwischen einem Online- und einem gedruckten Anschriftenverzeichnis?

Das ist eine gesetzgeberische Entscheidung des Bundes. Definitiv ist die Auswertungs- und Missbrauchsmöglichkeit online größer.

Was muss ein Bamberger tun, wenn er künftig nicht mehr in diesem Buch auftauchen möchte?

Die Eintragung dieser Übermittlungssperren kann durch persönliches Erscheinen unter Vorlage des Ausweises im Einwohneramt der Stadt Bamberg (montags bis freitags von 8 bis 12 Uhr sowie zusätzlich montags von 14 bis 18 Uhr) oder in der Infothek im Rathaus Maxplatz, Erdgeschoss (montags bis donnerstags von 8 bis 18 Uhr, freitag von 8 bis 14 Uhr) vorgenommen werden. Es geht leider nicht rückwirkend, wirkt also erst für die nächsten Adressbuchausgaben.

Sind solche analogen Adressbücher überhaupt noch zeitgemäß?

Die Datenherausgabe durch uns an Adressbuchverlage ist ein "Kann" und kein "Muss". Die Stadt Bamberg hinterfragt das Produkt auch gerade, unter anderem ob es noch zeitgemäß ist, und überlegt, es einzustellen. Allerdings war die Neuauflage nach wenigen Tagen restlos vergriffen. Über die Gründe könnte ich nur spekulieren. In dem Buch befinden sich 58 677 Namen und Adressen. Immerhin haben wir schon 4990 Auskunftssperren und Widersprüche, so dass das Werk immer lückenhafter und damit wertloser wird. Wenn diese Tendenz anhält, wird das Interesse wohl schwinden. Aus rein datenschutzrechtlicher Sicht habe ich das Produkt schon vor über zehn Jahren in Frage gestellt, weil auch die Datenschutzaufsichtsbehörden schon länger den Meldebehörden raten von der Datenherausgabe freiwillig abzusehen. Die Fragen stellte Michael Memmel