Christkindles-Morde: Mörderischer Countdown bis Weihnachten

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Ein Mordsspaß zum Fest der Liebe: "Christkindles-Morde"
Ein Mordsspaß zum Fest der Liebe: "Christkindles-Morde"
Volker Wachenfeld schrieb an "Christkindles-Morde" mit. Foto: Dirk Messberger
Volker Wachenfeld schrieb an "Christkindles-Morde" mit. Foto: Dirk Messberger
 
Gottfried Röckelein gehört zu den Autoren Foto: Ars Vivendi
Gottfried Röckelein gehört zu den Autoren Foto: Ars Vivendi
 
Dirk Kruse Foto: Annina Himpel
Dirk Kruse Foto: Annina Himpel
 
Hans Kurz Foto: Ronald Rinklef
Hans Kurz Foto: Ronald Rinklef
 
Killen McNeil Foto: Andreas Riedel
Killen McNeil Foto: Andreas Riedel
 
Thomas Kastura Foto: Cornelia Daig-Kastura
Thomas Kastura Foto: Cornelia Daig-Kastura
 
Tessa Korber Foto: Monika Schell
Tessa Korber Foto: Monika Schell
 

Vergifteter Glühwein, ein schießwütiger Nikolaus, Bombenstimmung auf Weihnachtsmärkten: "Christkindles-Morde" nennt sich ein "fränkischer Adventskalender" mit 24 Kurzgeschichten, die Nervenkitzel bis hin zur "tödlichen Bescherung" versprechen.

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Schon öffnen die Weihnachtsmärkte landauf und landab in jeder Stadt. Wieder erklingen Lieder von der "stillen Nacht". "Falsch gedacht, alles nur Fassade", verkündet eine 25-köpfige Krimiautoren-Riege, um Romantikern über ihre "Christkindles-Morde" jede Illusion zu nehmen: In 24 Geschichten berichten die fränkischen Schreibtischtäter von gemeingefährlichen Nikoläusen, einem mörderischen Knecht Ruprecht, durchtriebenen Rauschgoldengeln und anderen höllisch gemeinen Himmelsgeschöpfen. Um zuletzt noch an Heiligabend einen Adventskalender in Schutt und Asche legen zu wollen, der als historische Kulisse des Forchheimer Weihnachtsmarktes dient: Ja, vom Rathaus ist die Rede, das dreiste Bombenleger in die Luft zu jagen suchen.

Den Nikolaus erlegt

Begonnen hat der vorweihnachtliche Countdown zum Fest der Liebe. Angezählt ist dabei auch der Nikolaus - neben zahllosen anderen Opfern, die die Autoren mit spitzer Feder meucheln. Gleich im zweiten Satz von Hans Kurz Kurzgeschichte "Knecht Ruprecht" haucht er sein Leben aus. Überfahren wird "Santa" im nördlichen Frankenwald bei dichtem Schneetreiben und liegt nun im roten Mantel mit langem weißen Bart vor "Conny", dem Unglücksfahrer, der inmitten der eisigen Einöde auf Hilfe wartet. Was aber trieb den Nikolaus mit Sack und Pack in die Pampa? Und wem wollte er die Stiefel mit all den Geldbündeln füllen, die aus seiner Tüte quellen? Vielleicht löst Knecht Ruprecht den Fall, der als Titelheld das Finale bestimmt.

Ein Toter zwischen den Glühweinbuden

Schon verlassen Krimifans das nasskalte Nirgendwo und besuchen Kommissar Küps auf'm "Schbeedsikeller". Wo sich Thomas Kasturas Spürnase einen romantischen Blick auf verschneite Türme und Dächer der Domstadt gönnt. Eine sentimentale Anwandlung des Kriminalers nach einem Leichenfund auf dem Weihnachtsmarkt: Als gefährliches Pflaster hatte sich die Bamberger Budenstadt für einen Stadtrat erwiesen, der hier in geselliger Runde seinen letzten "Boggbia-Glühwein" trank - mit Gift als heimlicher Zutat. Wer aber brachte den Mann zur Strecke, der durch alle Fraktionen wechselte, bevor man ihm den Garaus machte? Zumal "a Bambercher Schdoddroot wos verdräächt", wie Kasturas Kommissar ausführt: "Weil Bolliddigg bei uns am Biädisch gmacht wird, brauchst a Leebä wie a Aggergaul. Noch dazu gibds überoll Freibiä füä unsera Volgsverdredä."

Drei trinkfeste Volksvertreter stehen bald unter Verdacht - alle mit passendem Motiv. Wer Weihnachten aber letztendlich im Café Sandbad feiert, wird an dieser Stelle nicht verraten. Nur noch eine letzte Einschätzung, die Kasturas "Profiler" mit Blick auf die Verdächtigen (und vielleicht auch die kommenden Wahlen) traf: "Aweng gschdöördt worn die alle, sunst wersd ja ka Schdoddroot."

Ab in den Sack!

Mit Glühwein abgefüllt hatte sich auch Killen McNeills schwergewichtiger Held, der beim Käfer eines Alt-Studenten Pannenhilfe leistet. Dann aber der alkoholbedingte Ausfall, nach dem der Nikolaus nun selbst nicht mehr flottzukriegen war. "Sturzbesoffen" lag er da im Schnee und schnarchte, wie in der Kurzgeschichte "Von drauß' vom Walde" nachzulesen ist. Nein, als Kinderüberraschung war der Mann nicht länger zu gebrauchen, wie auch Hochschüler Muschlein erkannte.

Und angesichts des eigenen schmalen Geldbeutels einsprang, um "Santa" bei der nächsten Familie zu vertreten. Was einem als Entertainer der "lieben Kleinen" gerade im Advent blüht, hätte sich der 46-jährige Berufsstudent aber sicher nicht träumen lassen: Gleich im ersten Haus rastet ein Knirps aus, um den Adventskranz zu zerstampfen, den Nikolaus anzupöbeln und anschließend die eigenen Eltern zu vermöbeln: In der Hand die Blockflöte, auf der "Julianchen" spielen sollte - "Alle Jahre wieder". Hätte es Knecht Ruprecht nicht gegeben, würde die Familie wohl auf Dauer kaum überleben: So aber trat der Kinderschreck auf, wie man ihn seit dem Spätmittelalter kennt, und "Julianchen" ab - verschleppt im Sack des düsteren Gesellen.

Das eigene Grab geschaufelt

Natürlich torpediert nicht immer nur der Nachwuchs den Weihnachtsfrieden. In Tessa Korbers Kurzgeschichte tickt "Papa" aus: Das Familienoberhaupt, das im Keller haust, um Frau und Kindern möglichst aus dem Weg zu gehen. Nur die "Weihnachtsflasche" Single Malt Whisky bringt das Herz des Bastlers noch zum Hüpfen. So werkelt "Vati" am 24. also im Untergrund und "Mutti" in der Küche, um die Gans zur rechten Zeit mit Apfel-Leber-Füllung, Rotkraut und Klößen auf den Tisch zu bringen. Wie es sich für eine brave Hausfrau gehört, die sich ihre heile Welt fern jeder Realität erträumt - "Pleasantville" lässt grüßen. Dann aber zerbricht das vermeintliche Idyll an genau der "Weihnachtsflasche", nach der Tessa Korber ihre Kurzgeschichte benannte: Ein Jubiläumspack "Doppelherz" erwartet den Whisky-Fan in der üblichen Geschenkverpackung, der aus begreiflicher Wut zunächst nur die Schrankwand zu zertrümmern sucht, dann aber auch seinem Musterschwiegersohn ein blutiges Auge schlägt (der sich als Mediziner glücklicherweise selbst verarzten kann). Nur sollte es die letzte Aktion des Familienoberhaupts gewesen sein, das anschließend für immer im Bastelkeller verschwindet: Vom Nachwuchs erschlagen, zerteilt und ins übrige Weihnachtspapier gewickelt, wird "Papa" einbetoniert: Im Loch, das er selbst zu anderen Zwecken schaufelte. Und schon wird's friedlich, still, fast feierlich.

Nein, zuvor gilt es noch ein Nürnberger "Christkind" vom Thron zu stoßen. Lucas Bahl ersann die falsche Hexe, die der vorweihnachtlichen Heuchelei die Krone aufsetzt. Irgendwann zeigt sich der Engel aber als Bengel und lässt neben sämtlichen Hüllen seine Maske fallen. Frohe Weihnachten!

Auch bei den FT-Geschäftsstellen

Die Krimi-Anthologie "Christkindles-Morde - Ein Fränkischer Adventskalender in 24 Kurzkrimis" erschien bei Ars Vivendi. Im Handel und über die FT-Geschäftsstellen ist der Band unter ISBN 978-3-86913-274-7 erhältlich.