Die Band "Brotmüller" ist in keine Schublade zu stecken. Auch auf ihrem dritten Album verweigern sie sich, konsequent in eine Musikrichtung zu gehen. Ein Gespräch über Fast-Food, schmale Gagen und Bamberg, wo die Gruppe ab 16. Februar zu erleben ist.
Bamberg — Der Sänger, Gitarrist und Kopf der Band Jakob Fischer (25) ist vor gut drei Jahren erstmals als "Brotmüller" aufgetreten. Dann kam der Liedermacher zum Studium nach Bamberg und traf den Bassisten Nikolaus Durst (25). Mit Schlagzeuger Johannes Klütsch bilden sie nun ein klassisches Gitarre-Bass-Schlagzeug-Trio. Im Interview sprechen Jakob und Nikolaus über bandinterne Widersprüche und den Versuch, Musik professionell zu betreiben.
"Brotmüller" klingt ungewöhnlich gewöhnlich: Wo kommt das her?Jakob: Der Name entstammt meiner Imagination
(lacht). Ich muss zu dieser Frage immer sagen, dass es keine schöne Geschichte dazu gibt. Es ist einfach ein prägnanter Name, der irgendwie einzigartig ist. Auch online. Wenn man den Namen auf Google eingibt, erscheinen wir ganz oben.
Es gibt keinen Bäcker Müller, der so heißt?Jakob: Es gibt eine Firma, die Müller-Brot heißt, die ist skandalträchtig mal bekannt gewesen, aber ich glaub', die gibt es inzwischen nicht mehr.
Nikolaus: Man findet jedenfalls, wenn man Brotmüller auf Google eingibt, nicht Müller-Brot, vielleicht auf Seite zehn, aber da klickt sich kein Mensch durch.
Also gleich Suchmaschinen optimiert gedacht...Jakob: (lacht) Das war natürlich in der Entscheidung des Namens kein relevantes Kriterium - aber eins, das sich im Nachhinein als ein positiver Effekt herausstellte.
Nikolaus: Man denkt, es ist ein konventioneller Nachname.
Jakob: Die meisten Leute glauben, ich heiße wirklich so. Scheint authentisch zu sein.
Eure Texte klingen lustig, raffiniert manchmal auch banal...Jakob: Ja, vor allem die Sachen aus der frühen Phase...
(lacht)Aber es gibt auch kritische Sachen, wie zum Beispiel den Sisyphus-Groove. Der Song ist sehr sozialkritisch. Seid Ihr eigentlich eine kritische Band?Jakob: Ja, das passiert mir immer wieder
(lacht). Also, ich will auf keinen Fall das große schwarzmalerische "Ich-klage-die-Gesellschaft-an-Prinzip" auf die Bühne bringen, aber in meinen Texten findet sich einfach wieder, womit ich mich beschäftige und worüber ich nachdenke. Wenn das Dinge sind, wie große allgemeine Ungerechtigkeiten, dann ist es mir ein Anliegen, sie zu formulieren. Am liebsten auf eine Art und Weise, die nicht abschreckend ist, sondern so, dass man auch dazu tanzen kann. Es hat eine schwungvolle und positive Energie, bringt aber zugleich wichtige Gedanken auf den Punkt. Das sind die zwei Ebenen, die eng miteinander zusammenhängen. Ob wir eine gesellschaftskritische Band sind? Tendenziell ja, bin ich mit einverstanden.
Nikolaus: Das hab ich im letzten Interview verneint.
(lacht)Jakob: (lacht) Wirklich?
Vielleicht drückt das ja den Prozess der Band aus, den sie durchläuft...Jakob: Ja, wir sind sehr heterogen aufgestellt. Es gibt zum Beispiel Songs, wo ich ganz explizit kritisiere, wenn Menschen in Fastfood-Restaurants einkehren oder das Prinzip der Massentierhaltung und so ein Zeug. Das ist eine Sache, die ich stark ablehne und die ich in meinen Texten kritisieren möchte. Und nach jeder dritten Probe
(lacht) hält unser Schlagzeuger Hannes bei McDonalds und holt sich einen Burger...
Nikolaus: Vielleicht kann man noch beifügen, dass wir beide trotzdem den McDonalds-Besuch boykottieren. Wir sitzen nur im Auto, weil er fährt
(lacht).
Steckt im Albumtitel "Uh!" auch ein wenig "a U" drin?Jakob: (lacht) Also es steckt eine Menge Bamberg in "Uh!". Es gibt ein Lied, das in der Scheinbar spielt, andere thematisieren das Gegenüber von Stadt- und Landleben. Alles Themen, die man in Bamberg finden kann. Aber "Uh!" ist vor allem expressiv. Ein Urschrei. Es geht darum, einfach mal der Intuition zu folgen und die Dinge auf den Punkt zu bringen. Es drückt aus, wie wir gerne Musik machen.
Es ist Euer drittes Album... Verkaufen sich Eure CDs gut?Jakob: Die CD-Verkäufe sind natürlich im Moment noch nicht das große Ding. Wir verkaufen schon genug, um unsere Kosten wieder reinzuspielen. Es ist aber tatsächlich so, dass man extrem viel investiert und wenig raus bekommt. Da muss man schon mal bis nach Hamburg fahren und nur fürs Spritgeld spielen. Und sich wirklich auf so alles einlassen, was geht.
Hauptsache spielen und unter die Leute kommen. Wenn es klappt, das Ganze mal beruflich zu machen, ist es gut, wenn nicht, machen wir etwas anderes.
Ihr wollt in diesem Jahr versuchen, das ganze professionell zu betreiben?Jakob: Für mich ist 2015 das Jahr, in dem ich alles darauf anlege ...
Kann dann Bamberg die Basis der Band bleiben? Jakob: Bamberg wird nie die Kulturszene einer Großstadt haben, aber ich kann mir vorstellen, dass sie sich zu einer der Städte aufschwingt, die einen gewissen Ruf entwickelt. Dazu bräuchte es natürlich einen guten Club, um mal auf den fehlenden Morphclub zu kommen. Aber es gibt viele Theatergruppen, unabhängig organisierte Festivals, eine aktive Musikszene... Das ist nicht übel. Dennoch ist es so, dass man hier schnell an die Grenzen gerät, wenn man eine gewisse Professionalität und Reichweite erlangen will. Wir legen das so aus: Im Moment ist es gut. Man kann sich hier schnell einen Namen machen und in der Stadt bekannt werden.
Wie äußert sich das?Jakob: Mir ist gleich am Anfang passiert, dass mich die Leute auf der Straße angesprochen haben: Du bist doch der Brotmüller! Bis das mal in Berlin passiert, musst du schon fünf Jahre unterwegs sein.
Wie ist das als Bandmitglied, wenn er immer als Identifikationsfigur gesehen wird? Ist das kein Problem?Nikolaus: Das ist super! Ich denke, weil Jakob das Projekt schon vor Hannes' und meiner Zeit gegründet hat, besteht eine absolute Berechtigung, dass er auch das Gesicht der Band ist. Man braucht eine Figur in der Mitte. Er ist, sag ich mal, der geistige Vater.
Jakob: Amen...
Nikolaus: Nein, das muss man so ausdrücken. Das ist für mich absolut kein Problem, wenn er repräsentativ ist.
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