Brandstifter-Prozess: Gutachter hätte Explosion erwartet

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Ein Blick in das Sonnenstudio am Babenbergerring, das in einer Dezembernacht vergangenes Jahr ausgebrannt ist. Archivfoto: Ronald Rinklef
Ein Blick in das Sonnenstudio am Babenbergerring, das in einer Dezembernacht vergangenes Jahr ausgebrannt ist. Archivfoto: Ronald Rinklef

Im Prozess um einen Onkel und dessen Neffen, die ein Solarium am Babenbergerring angezündet haben sollen, sagte erneut der Brandursachenermittler aus. Er bezeichnete die Schilderung des Neffen zum Tathergang als "nicht nachvollziehbar".

Es ging viel um Zahlen und Einheiten an diesem Mittwoch vor der Zweiten Strafkammer am Bamberger Landgericht. Wie groß sind die Räumlichkeiten des Solariums? Wie viel Benzin wurde ausgeschüttet - und zu welchen Zeiten? In welchem Bereich über dem Boden ist das verdampfende Benzin entzündlich?

Um diese und mehr Fragen ging es am vorletzten Verhandlungstag in dem Verfahren, das bereits seit 14. Juli - mit Unterbrechungen - läuft. Ein 32-jähriger Bamberger und dessen acht Jahre jüngerer Neffe müssen sich vor Gericht verantworten. Den beiden wird zur Last gelegt, dass sie in der Nacht vom 7. auf den 8. Dezember 2013 Feuer in einem Sonnenstudio am Babenbergerring gelegt haben sollen - dessen vormaliger Betreiber der 32-jährige Angeklagte war.

Dieser, Sami C. (Name geändert), hatte vor Gericht stets bestritten, zur Tatzeit am Tatort gewesen zu sein. Sein Neffe Yasin T.
(Name ebenfalls geändert) dagegen hatte den Onkel zu Prozessbeginn schwer belastet und ausgesagt, er sei vom Onkel zur Tat angestiftet worden. Die Anklage gegen beide lautet unter anderem auf gemeinschaftliche besonders schwere Brandstiftung. Bei dem Feuer wurden Teile des Gewerbe- und Ladenzentrums zerstört und Menschen in den darüber liegenden Wohnungen im Schlaf vom Brand und der Rauchentwicklung überrascht. Die Bewohner wurden evakuiert.

Gebäudeschaden: 217.000 Euro

Ein Architekt und öffentlich vereidigter Sachverständiger bezifferte an einem anderen Verhandlungstage den reinen Gebäudeschaden in den Gewerbeeinheiten und der Wohnung direkt darüber auf knapp 217.000 Euro. Seiner Aussage nach hätten Rauch und Ruß mehr Schaden angerichtet als das Feuer selbst.

Ob dieses so entstanden sein konnte, wie es der Angeklagte Yasin T. geschildert hatte, wollte die Zweite Strafkammer mit Hilfe eines Gutachters herausfinden. Rudolf Treibs, Chemiker und Fachmann auf dem Gebiet "Brandursachenermittlung", wurde vom Gericht und den Verteidigern der zwei Angeklagten immer wieder bis ins kleinste Detail befragt.

Yasin T. hatte in vorangegangenen Vernehmungen unter anderem ausgesagt, dass ein Teil des Benzins um 23.30 Uhr, der Rest um 3.30 Uhr im Sonnenstudio verteilt worden sei. Vorsitzender Richter Manfred Schmidt wollte wissen: "Was hätte passieren müssen?" Die Antwort des Sachverständigen: "Ich halte eine Explosion für unvermeidlich." Über der Oberfläche des verdunstenden Ottokraftstoffes hätte laut Gutachter eine Benzindampf-Konzentration entstehen müssen. Diese hätte, bezogen auf das Raumvolumen, im unteren Meter für eine massive Explosion gereicht. Explosionsspuren seien aber keine erkennbar gewesen. Auch den angeblichen Löschversuch von Yasin T. sah der Sachverständige kritisch.

Aber: "Wir wissen nicht, wann genau welche Menge ausgeschüttet wurde. Wenn es über die Hälfte war, haben wir eine explosionsfähige Menge", sagte Treibs. "Und wenn beim zweiten Besuch drei Viertel des Benzins ausgeschüttet wurden?", wollte Richter Schmidt wissen.

Kleine Flammen seien fraglich

Dann, so der Sachverständige, könne die Lache größer und die Gefahr einer Explosion geringer sein. Es sei dann aber ein "hohes Flammengeschehen" nötig. Die Schilderung Yasin T.s von anfangs 30 Zentimeter hohen Flammen hielt Treibs für "sehr fraglich". Er erwarte raumhohe Flammen. Nur klein ausgebrachte Benzin-Flecke oder eine "Spur" wären zunächst vielleicht zu löschen gewesen. So wollte Nino Goldbeck, beisitzender Richter, wissen: "Welches Tatszenario haben Sie sich denn vorgestellt, als sie den Tatort besichtigt haben?"

"Jemand hat Benzin ausgeschüttet, es angezündet und durch eine der beiden Türen das Gebäude verlassen", so die Antwort des Gutachters. Nach Darstellung von Yasin T. mit zwei Schüttvorgängen hätte sich laut Treibs aufgrund der Zeit auf dem Boden des Solariums "explosionsfähige Masse" verteilen müssen. Diese hätte sich zwangsläufig entzünden müssen. Schließlich beantragte der Verteidiger des Onkels die wörtliche Protokollierung der Aussage des Sachverständigen. Dieser gab an, dass er nach nochmaliger Prüfung des Sachverhalts bei seinen am 14. Juli gemachten Angaben bleibe. Als die Hälfte beziehungsweise zwei Drittel des Benzins ausgebracht worden seien, hätte sich eine explosionsfähige Atmosphäre gebildet. Bei der Ausbringung der Restmenge gegen 3.30 Uhr und deren zeitnaher Zündung wäre eine Explosion mit erheblichen Schäden zu erwarten gewesen. Als solche "erheblichen Schäden" benannte der Gutachter etwa zerberstende Glasfenster oder deutliche Brandverletzungen. Die Angaben von Yasin T. seien "aus Sachverständigen-Sicht nicht nachvollziehbar". Das Urteil wird für diesen Freitag erwartet.