Bosch: Aus dem Leben eines Betriebsrats

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Der ehemalige Bamberger Bosch-Betriebsratsvorsitzende Hans Wolff (Mitte) in einer Besprechung: Seinen Worten lauschen Nachfolger Mario Gutmann und die stellvertretende Vorsitzende Waltraud Fuchs. Foto: Matthias Hoch
Der ehemalige Bamberger Bosch-Betriebsratsvorsitzende Hans Wolff (Mitte) in einer Besprechung: Seinen Worten lauschen Nachfolger Mario Gutmann und die stellvertretende Vorsitzende Waltraud Fuchs. Foto: Matthias Hoch

Bosch-Urgestein Hans Wolff führte 20 Jahre lang den Betriebsrat im größten Industriewerk Oberfrankens. Ein solches Gremium nütze nicht nur der Belegschaft, sondern auch der Firma, so seine Erfahrung. Reibungspunkte seien aber unvermeidbar.

Wahrscheinlich hat der Sport in seiner Jugend Hans Wolff entscheidende Impulse für sein späteres Amt gegeben. Als Schlagmann gab er einst die Schlagzahl vor, saß ganz vorne im Boot - und ruderte. "Das hat mich geprägt, weil es eine Sportart ist, wo man sich bis zum Letzten verausgabt", erzählt er. "Ich habe später Dinge durchgestanden, wo andere längst nachgegeben hätten."


35 Jahre in der Führung

Bis vor Kurzem war Hans Wolff Betriebsratsvorsitzender im Bosch-Werk Bamberg, mit 8000 Beschäftigten der größte Industrie-Arbeitgeber der Region. Zum Jahresende hat er den Vorsitz abgegeben. 20 Jahre lang hatte er das Gremium geleitet, war zuvor 15 Jahre lang stellvertretender Vorsitzender gewesen.

Betriebsratsmitglied bleibt er vorerst. Bis zum Sommer. Da wird Wolff 65 Jahre alt und scheidet aus dem Betrieb aus. Mehr als 50 Jahre sind inzwischen vergangen, seit er im Bamberger Werk eine Mechanikerlehre begonnen hat.


"Besser für die Belegschaft"

"Ich war immer ein Mensch, der sich für andere Menschen eingesetzt hat, wenn es etwas zu klären gab", sagt er. Den Betriebsrat sieht er im Arbeitsleben als unverzichtbar an. "So wie es der Gesetzgeber vorsieht, überwachen wir, dass die Schutzvorschriften für die Belegschaft eingehalten werden."

Egal wie groß ein Betrieb sei: "Wenn ein Betriebsrat vorhanden ist, geht es der Belegschaft besser - und auch dem Betrieb", sagt IG-Metall-Mitglied Wolff.


Elf sind freigestellt

Der Betriebsrat im Bamberger Bosch-Werk besteht aus 35 Arbeitnehmern. So sieht es das Betriebsverfassungsgesetz für Unternehmen mit mehr als 7000 Beschäftigten vor. Elf davon sind freigestellt, das heißt sie können sich in Vollzeit der Betriebsratsarbeit widmen.

"Jeder Freigestellte hat ein eigenes Sachgebiet, das er eigenständig abarbeitet", erklärt der ehemalige Betriebsratschef. Bei den Runden und Sitzungen werde dann hauptsächlich koordiniert. Ausnahme: Vereinbarungen im Betrieb müssten immer im Gesamtgremium abgestimmt werden.


Möglichkeit, sich zu beschweren

Die elf freigestellten Betriebsräte bei Bosch in Bamberg sitzen alle in einem großen Büro, dessen Tür für die Beschäftigten offen steht. "Die Möglichkeit, sich beim Betriebsrat zu beschweren, wird rege genutzt", berichtet Wolff. Zum Alltagsgeschäft des Gremiums gehöre neben Beratungstätigkeiten, zum Beispiel bei Lohn-, Tarif- oder Vorruhestandsregelungen auch die Ausarbeitung von Betriebsvereinbarungen.

Letzteres sind Verträge zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, die verbindliche Normen für alle Arbeitnehmer des Betriebes formulieren.
"Wir kommen mit der Anzahl der Betriebsräte zurecht. Man muss aber sehr strukturiert arbeiten", beschreibt Wolff das Arbeitspensum.


"Es gab noch nie Leiharbeiter"

Der 64-Jährige verweist darauf, dass alle 35 gewählten Betriebsräte Mitglieder der IG Metall sind. Überhaupt sei ein Erfolgsrezept für die erfolgreiche Vertretung der Arbeitnehmerinteressen der gewerkschaftliche Organisationsgrad im Betrieb.

70 Prozent der Bamberger Bosch-Belegschaft seien Mitglieder der IG Metall. "Da haben wir als Betriebsrat eine ganz andere Position als in Unternehmen, wo nur 20 Prozent in der Gewerkschaft sind", sagt Wolff.


Respekt erarbeitet

Ein Beispiel hat der Industriemeister der Fachrichtung Werkzeugbau auch parat: "Bei uns in Bamberg gab es noch nie Leiharbeiter. Das haben wir verhindert." Der Betriebsrat sei als Bestandteil des Werkes voll anerkannt.

"Wir haben es in Bamberg erreicht, dass wir den Respekt der Werkleitung haben und umgekehrt", sagt Wolff. "Wir reden auf Augenhöhe."


"Ein Geben und Nehmen"

Solche Verhandlungen auf Augenhöhe sind mitunter zäh. Hans Wolff hat dabei im Laufe der Zeit Werkleiter kommen und gehen gesehen. Einer davon war Karl-Friedrich Krumsiek, der von 1993 bis 2007 für die kaufmännischen Geschäfte in Bamberg verantwortlich war. Krumsiek beschreibt Wolff als "konsequent und zielstrebig mit klaren Vorstellungen.

Die waren nicht immer mit den unseren identisch", schildert der ehemalige Werkleiter die Sichtweise der Arbeitgeberseite. Es habe Phasen gegeben, "wo man sich geärgert hat". Letztlich sei es aber immer "ein Geben und Nehmen" gewesen. Und Wolff habe immer sein gegebenes Wort gehalten.


"Ein harter Knochen"

Edmund Sommer, technischer Werkleiter von 2003 bis 2009, bezeichnet Wolff als Strategen und knallharten Verhandlungspartner. "Er war ein harter Knochen, aber auch die Zuverlässigkeit in Person", sagt Sommer.

Wolffs Ziel sei es immer gewesen, die Zahl der Arbeitsplätze hochzuhalten und die Übernahme der Auszubildenden sicherzustellen.


Gut informiert durch den Aufsichtsrat

",Normalerweise bist du ja besser informiert als wir Werkleiter‘, hat Edmund Sommer immer zu mir gesagt", berichtet Wolff. Der Grund dafür lag in Wolffs zusätzlichen Funktionen bei Bosch, zum Beispiel als Gesamtbetriebsrat oder Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses. Vor allem der Sitz im Aufsichtsrat des Konzerns verschaffte ihm viele Hintergrundinformationen, aber auch wöchentlich lange Fahrten nach Stuttgart.

Sein Ratschlag, bevor er das Gremium bald ganz verlässt: "Man muss sich als Betriebsrat alles erarbeiten, kriegt nichts geschenkt, auch wenn es im Nachhinein locker und leicht aussieht."