Patricia Alberth leitet seit zehn Monaten das Zentrum Welterbe Bamberg. Ihre neue Aufgabe ist noch vielschichtiger als erwartet und das breite Engagement der Bürger findet sie geradezu "umwerfend". Im Video berichtet sie über die Herausforderungen ihres Jobs.
Natürlich kommt auch Patricia Alberth nicht an den Touristen vorbei. Das ist wörtlich zu verstehen, weil sich ihr Büro an der Geyerswörthstraße befindet, in nächster Nähe zum Tourismus-Service und in dessen altem Standort. Aber es trifft auch im übertragenen Sinn zu: Die wachsende Zahl der Besucher, die das Welterbe Bamberg erleben wollen, wird von Einheimischen zunehmend als Schattenseite des Titels wahr genommen.
Das bestätigte sich auch in der Umfrage, die die neue Leiterin des Zentrums Welterbe Bamberg (ZWB) zu Jahresbeginn initiierte: "Wie stehen Sie zum Welterbe?" wollte sie von den Menschen in der Stadt wissen.
Sie hat eine Weile gebraucht, um den Überblick an ihrer neuen Wirkungsstätte zu bekommen, berichtet die 36-Jährige in einem Gespräch mit der Lokalredaktion.
Heute sieht sie klarer, hat für sich und die von ihr vertretene Institution Antworten auf Frage gefunden wie: Wer sind die Akteure? Wer kann mit wem? Mit wem verbünden wir uns?
An potenziellen Partnern scheint es nicht zu mangeln. Im Gegenteil. Die Vielzahl der Menschen, Vereine und Organisationen, die sich in Bamberg für das Welterbe einsetzen, hat Alberths Erwartungen weit übertroffen: "Das ist umwerfend!"
Viel mehr als ein Denkmal Das Leben, mit dem ein Welterbe idealerweise erfüllt sein soll, ist in Bamberg schon in einem Maß vorhanden, von dem die frühere Unesco-Mitarbeiterin beeindruckt wirkt. Sie sei ja schon viel herum gekommen - Stationen ihres Berufslebens waren neben Berlin, Hamburg und Bonn auch Bangkok, Macau, Abidjan und Paris - sagt die Neu-Bambergerin.
Aber Bamberg nehme da eine herausragende Position ein.
Die lebendige Kultur der Gärtner nennt sie als ein Beispiel; ein anderes die Liebe, mit der viele Bamberger ihre historischen Häuser hegen und pflegen.Wenn sie im Rahmen von Behördensprechtagen die Gelegenheit habe, eines der Einzeldenkmäler zu besuchen, gehe ihr das Herz auf. "Da denke ich mir jedes Mal, was das für ein toller Job ist, was das für eine tolle Stadt ist!"
Von vielem, was in der Welterbestadt an der Regnitz im positiven Sinn passiert, scheint man in Paris, am Sitz der Unesco, aber nichts zu wissen.
Alberth war acht Jahre lang für die Unesco tätig, ehe sie sich auf die Stelle der ZWB-Leitung bewarb (und den Zuschlag unter 90 Frauen und Männern erhielt). Sie berichtet: "Keiner in Paris schaut nach Bamberg, weil niemand weiß, wie sehr die Leute hier das Welterbe leben."
Und, dass die Einheimischen sogar, wie es die 36-Jährige formuliert, "auf die Barrikaden gehen", wenn sie durch Projekte
wie das "Quartier an der Stadtmauer" oder den Ausbau der ICE-Strecke "ihr" Weltkulturerbe gefährdet sehen. . .
Bewusstsein noch mehr schärfen Gleichwohl sieht Alberth eine Hauptaufgabe darin, das Bewusstsein der Bamberger für die Bedeutung ihrer Stadt noch mehr zu schärfen. Allen müsse klar werden, dass Bamberg mehr ist als ein Denkmal: "Wir stehen auf einer Stufe mit dem Kölner Dom und dem Taj Mahal!"
Dieser Status sei zugleich eine Verpflichtung, sich weltweit zu vernetzen und zu präsentieren. Was die internationalen Verbindungen angeht, hat Bamberg nach Alberths Dafürhalten einen großen Nachholbedarf.
Der Tourismus ist zwar nicht ihr ureigenstes Gebiet; aber es liegt der Welterbe-Repräsentantin daran, dass die Bamberger den Besucherstrom nicht zu negativ erleben. Auch Alberth erscheint er an einigen Stellen im Stadtgebiet zu konzentriert.
Die Lösung - und da ist sie sich mit den städtischen Touristikern einig - liegt im Entzerren. Zu groß sei die Zahl der Gäste für eine Stadt mit 70 000 Einwohnern gar nicht. Es gelte aber, sie besser zu verteilen. Wohin, ist für die ZWB-Managerin keine Frage: in die Gärtnerstadt, die ein zentrales, aber auch 21 Jahre nach der Titelverleihung noch immer wenig bekanntes Stück Welterbe darstellt.
Alberth findet das Viertel östlich der Königstraße ausgesprochen attraktiv. Es soll bereits in der Gunst der Bamberg-Gäste steigen. Sie berichtet von einem wachsenden Interesse an Gärtnerstadt-Führungen, von steigenden Besucherzahlen im Gärtner- und Häckermuseum und von einer enormen Nachfrage für die besonderen "Schürzen der Bamberger Gärtnerey", die im Sozialprojekt "Mode macht Mut" entstehen.
Die Gärtnerstadt holt auf Auch die überregionalen Medien scheinen zu entdecken, dass das Weltkulturerbe Bamberg viel mehr ist als Domberg und Brückenrathaus. So widmet die Zeitschrift "Landlust" in ihrer neuesten Ausgabe dem Gärtnerviertel einen größeren Beitrag.
Aktuell arbeitet man im Welterbe-Zentrum an der Vorbereitung eines Managementplans. Den zu erstellen ist
keine Kür, sondern seit 2005 eine Pflichtaufgabe für jede Welterbestätte. Der Plan ist das Eine; für viel wichtiger hält Patricia Alberth "den Weg dorthin". Er verlange die enge Zusammenarbeit aller potenziellen Partner. Alle müssten gemeinsam überlegen, "wo Bamberg hin will", wie Entscheidungen getroffen werden sollen, wie man im Konfliktfall umgeht, und viel mehr.
Mögliche Partner des ZWB sind Vereine, Schulen, die Universität, die Gärtnerschaft, die Wirtschaft, auch Organisationen wie "Slow Food", die sich für das Überleben regionaler Gemüsesorten einsetzen. Welterbe geht - zumindest in Bamberg - auch durch den Magen.