Bamberger Stadtrat sucht den richtigen Weg

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Vorbei an der ehemaligen Mayer-Villa führt schon eine neue Stichstraße zu den geplanten Mehrfamilienhäusern an der Pfeuferstraße, um die sich das Für und Wider von Ausnahmegenehmigungen entwickelt hat. Foto: Matthias Hoch
Vorbei an der ehemaligen Mayer-Villa führt schon eine neue Stichstraße zu den geplanten Mehrfamilienhäusern an der Pfeuferstraße, um die sich das Für und Wider von Ausnahmegenehmigungen entwickelt hat. Foto: Matthias Hoch

Ist Bambergs Politik zu investorenfreundlich? Der Stadtrat will künftig mehr Disziplin halten, damit Bebauungspläne nicht zur Makulatur verkommen. Uneins ist man sich aber schon in der Frage, wann die Zukunft beginnt.

Für Petra Friedrich beginnt die Zukunft im nächsten Moment, für Heinz Kuntke morgen. Das erklärt, warum die GAL-Stadträtin und der SPD-Sprecher im Bausenat kürzlich unterschiedlich abgestimmt haben, obwohl sie einer Meinung sind. Die Grüne sagte Nein zu einer Reihe von Befreiungen, die ein Bauherr beantragt hatte; ihr "roter" Kollege akzeptierte sie - wie die Mehrheit des Gremiums.

Damit machte der Bausenat den Weg frei für den Dachausbau in drei Mehrfamilienhäusern, die ein bekanntes regionales Wohnungsbauunternehmen an der Pfeuferstraße errichten will. In der Summe entstehen 32 Wohneinheiten.

Der Abstimmung ging eine bemerkenswerte Diskussion voraus. Die Debatte - mit offenem Ausgang - machte ein fraktionsübergreifendes Unbehagen über die häufigen Zugeständnisse erkennbar, die die Stadträte Bauherren immer wieder gewähren.
Sie zeigte aber auch, wie schwer sich die Politik damit tut, diese Praxis zu ändern.

Definitionssache Zukunft

Und sie warf die Frage auf, wann die Zukunft beginnt: Heute, morgen oder - wie Petra Friedrich provokant in den Raum stellte - wenn der Bauherr ein anderer ist?

Im konkreten Fall mochten die anderen Fraktionen jedenfalls kein Exempel statuieren. Sie berufen sich auf den Gleichbehandlungsgrundsatz. Dazu gebe es im Wohngebiet rund um den Graf-Stauffenberg-Platz schon zu viele Beispiele für genehmigte Dachausbauten. Laut Birgit Dietz (CSU) war die allererste Bebauung an der Don-Bosco-Straße zugleich die letzte, in der die Dächer nicht bewohnt werden (durften). Später habe es viele Ausnahmegenehmigungen gegeben: "Schade, dass es so gelaufen ist."
Heinz Kuntke sah aus dem gleichen Grund "den Zug in Richtung Dachausbau abgefahren".

Doch die Richtung des Zugs, um im Bild des SPD-Sprechers im Bausenat zu bleiben, geben die Stadträte selbst vor. Sie könnten beantragte Ausnahmegenehmigungen jederzeit ablehnen. Was ihnen die Bauverwaltung vorschlägt ist das Eine; der politische Wille das Andere.

Das betont Bernd Bauer-Banzhaf, der den im Urlaub weilenden Baureferenten vertritt: Die Verwaltung prüfe eingehende Anträge auf Ausnahmegenehmigungen nur von fachlicher Seite und schaue, ob es einen Ermessensspielraum gebe: "Aber die Entscheidung trifft der Stadtrat." Dass ein Bauträger für sich das Bestmögliche herausholen will sei genau so legitim wie der Stadtrat restriktiver sein könnte, findet der stellvertretende Amtsleiter.

Die Politik war bisher nach eigenem Bekunden eher großzügig und scheint nun darüber nachzudenken, die eigenen Entscheidungen mehr als bisher an geltenden Bebauungsplänen auszurichten. Ob es dazu kommt, wird die Zukunft zeigen.

Klarer Schnitt erforderlich?

Man werde intern klären, ob ein klarer "Schnitt" erforderlich ist, sagt etwa Birgit Dietz für die CSU-Fraktion. Grundsätzlich findet die Fraktionssprecherin im Bausenat, dass man sich an einen Bebauungsplan halten sollte, wo einer existiert: "Die Bauverwaltung hat ja nicht umsonst etwas Rechtsverbindliches geschaffen."

Peter Neller, zweiter CSU-Sprecher im Bausenat, plädiert zwar ebenfalls für so wenige Befreiungen wie möglich, sofern es um gravierende Änderungswünsche geht. Zu hoch möchte er die Messlatte aber nicht legen. Gerade beim verdichteten Bauen in der Stadt zeigt er Verständnis dafür, "wenn kein Investor Dachraum ,verschenken' will". Die Leute, so Neller, möchten nun einmal lieber oben als unten wohnen. Wichtig sei die Abwägung im Einzelfall.

"Wenn es städtebaulich verträglich ist" sollten Bauherren auch nach Meinung von Heinz Kuntke künftig Aussichten auf Befreiungen vom Bebauungsplan haben. Da müsse der Stadtrat seinen Ermessensspielraum weiterhin wahren und nützen: "Wir wollen nicht alles abwürgen." Generell scheint er geneigt, dass die Politik künftig die Zügel (wieder) etwas fester anzieht. Die große Schwierigkeit aus seiner Sicht ist: "Wo fängt man an, wo hört man auf?"

CSU und SPD begründeten im konkreten Fall ihr Ja zu den beantragten Ausnahmegenehmigungen mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz.

Der spielt auch für die Freien Wähler und die GAL eine Rolle, aber in einer ganz anderen Hinsicht. Sie schauen nicht nur auf das mögliche Ergebnis, sondern haben auch die Ausgangslage im Blick. Die Mitbewerber des Investors sind nach Ansicht von Herbert Lauer (FW) "damals sicher davon ausgegangen, dass sie sich an den Bebauungsplan halten müssen".

Dass sie nicht zum Zug gekommen sind, könnte laut Ursula Sowa (GAL) damit zusammenhängen, dass sie "unter ganz anderen Vorzeichen gerechnet haben". Ein Aspekt, der für das Nein der Grünen eine Rolle spielte.

Stadtrat kann auch nein sagen

Im Baureferat hätte man jedenfalls nichts gegen einen strengeren Kurs des Fachsenats, lässt Bauer-Banzhaf erkennen. Klare Aussagen und Beschlüsse der Politik seien für die Verwaltung "eine enorme Hilfe". Sie handle so, wie es ihr die Entscheidungspraxis vorgebe.

Weil der Stadtrat in der Vergangenheit schon häufig Abweichungen zugestimmt hat, werde sich die Verwaltung hüten, berechtigte Wünsche von Bauherren eigenmächtig abzuschmettern. Wenn man Anträge auf bedeutende Befreiungen - und nur solche würden dem Stadtrat vorgelegt - an die Politik weiterreiche, dann sei klar, dass sie das letzte Wort hat - und ablehnen kann.