Bamberger Sandstraßen-Prozess: Keiner will etwas gesehen haben

2 Min
Im Zuge der Ermittlungen kam es auch zu 3-D-Vermessungen in der Sandstraße. Einige Zeugen standen in Höhe der geparkten Autos oder noch weiter in der Straße - vom Geschehen an der Ecke Sandbad wollen sie jedoch wenig mitbekommen haben. Foto: News5/Herse/Archiv
Im Zuge der Ermittlungen kam es auch zu 3-D-Vermessungen in der Sandstraße. Einige Zeugen standen in Höhe der geparkten Autos oder noch weiter in der Straße - vom Geschehen an der Ecke Sandbad wollen sie jedoch wenig mitbekommen haben. Foto: News5/Herse/Archiv

Im Prozess um die Gewalttaten in der Sandstraße aus dem Juli 2017 gestaltet sich die Beweisaufnahme weiter schwierig.

Liegt hier ein kollektiver Erinnerungsverlust vor oder gab es Absprachen, um einen Freund zu schützen? Auch am dritten Verhandlungstag des Sandstraßen-Prozesses wollen die Zeugen gerade von den entscheidenden Sekunden des Angriffs auf Christian K. (Namen geändert) nichts oder wenig mitbekommen haben. Dabei standen einige nur wenige Meter daneben, wie ein Video und auch eigene Aussagen belegen.

Zweite Verhaftung in zwei Tagen

"Es wäre mal interessant, wenn jemand zu dem steht, was er gesehen hat", merkt Vorsitzender Richter Manfred Schmidt an. "Denn das Opfer hat Anspruch darauf, dass die Leute die Wahrheit sagen." Doch bald darauf lässt Oberstaatsanwalt Otto Heyder eine weitere Zeugin im Gerichtssaal festnehmen - wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage und falscher Verdächtigung. Ein anderer Zeuge muss im laufenden Verfahren nur wenig sagen. Denn er wurde wegen Falschaussage beim Ermittlungsrichter bereits in erster Instanz verurteilt und nun ist noch ein Berufungsverfahren anhängig. Sein Anwalt Maximilian Glabasnia beklagt die Schärfe im Umgang mit den Zeugen, woraufhin Heyder erwidert: "Ohne diese Schärfe wären die Ermittlungen nicht so weit gekommen."

Nun will es die Dramaturgie des Verfahren so, dass die Zeugen mit ihren Aussagen noch weit hinter das zurückfallen, was der jüngere Angeklagte Tom Z. (Namen geändert) bereits eingeräumt hat. Er hatte vor Gericht zugegeben, dass er einen 36-Jährigen, der bald darauf in Lebensgefahr schwebte, durch eine Art Bodycheck zu Fall brachte.

Reichlich Alkohol im Spiel

Den anschließenden Tritt auf den Kopf, von dem der andere Angeklagte berichtet, streitet er hingegen ab. Beide Angeklagte gehörten an jenem Abend zu einer größeren lockeren Gruppe, darunter einige Skater, die im Sandgebiet feiern war. Einige Mitfeiernde können sich trotz erheblichen Alkoholkonsums (acht Bier und mehr) noch an viele Details erinnern, unter anderem an die erste Begegnung mit den beiden Geschädigten. Die sollen Mädchen aus der Skatergruppe "blöd angemacht" haben, dafür habe dann einer von Andi H., dem älteren Angeklagten, "eine gebatscht" bekommen.

Wesentlich unkonkreter bleiben jedoch die Beschreibungen des zweiten, folgenreichen Aufeinandertreffens mit den beiden anderen Männern. Insbesondere an die Handlungen Z.s, mit dem einige Zeugen besser befreundet waren, will sich keiner erinnern. Dabei hatte sich Z. aus der Gruppe gelöst, war zu den Geschädigten gerannt, hatte auch nach eigener Aussage K. zu Fall gebracht und war dann mitten über die Kreuzung zurückgeeilt. "Ich habe das überhaupt nicht wahrgenommen, was in dieser Gasse passiert ist", sagt eine 22-Jährige im Zeugenstand. Daraufhin lässt sie Oberstaatsanwalt Heyder vorläufig festnehmen. "Sie standen an der Ecke, an der Z. vorbeirannte, und Sie wollen das nicht gesehen haben?" Das könne so nicht stimmen. An Heyders Entscheidung können weder ein Zwischenruf des Vaters der Zeugin ("Hier wird in unzulässiger Weise Druck ausgeübt") noch Zweifel des Vorsitzenden Richters Manfred Schmidt etwas ändern. Stattdessen muss nun ein Ermittlungsrichter entscheiden, ob Haftgründe vorliegen oder nicht.

Wichtige Erkenntnisse erhofft sich die große Strafkammer vom nächsten Verhandlungstag am kommenden Mittwoch. Dann soll unter anderem der damals ermittelnde Kripo-Beamte aussagen. Und Ärzte sollen vor Gericht erklären, durch welche Einwirkungen die Verletzungen der Geschädigten verursacht worden sein könnten.