Bamberger Landkreismagazin: Opposition fürchtet ein "Wahlkampfmagazin"

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Landrat Johann Kalb (rechts) macht im Jahresbericht des Landratsamtes stets eine gute Figur. Landratsamt
Landrat Johann Kalb (rechts) macht im Jahresbericht des Landratsamtes stets eine gute Figur. Landratsamt
Ausschnitt aus dem Jahresbericht des Landratsamtes Bamberg: Auf 14 Fotos einer Seite ist der Landrat immerhin 14-mal zu sehen. Fotos: Landratsamt Bamberg
Ausschnitt aus dem Jahresbericht des Landratsamtes Bamberg: Auf 14 Fotos einer Seite ist der Landrat immerhin 14-mal zu sehen. Fotos: Landratsamt Bamberg
 
Ob beim Bierbrauen oder beim Kickern: Johann Kalb macht im Jahresbericht stets eine gute Figur. Foto: Landratsamt
Ob beim Bierbrauen oder beim Kickern: Johann Kalb macht im Jahresbericht stets eine gute Figur. Foto: Landratsamt
 
Foto: Landratsamt
Foto: Landratsamt
 

Sechsmal im Jahr soll künftig ein Landkreismagazin erscheinen. Die Opposition kritisiert das Heft als "Wahlkampf- und Propagandamagazin" des Landrats - das zeige der aktuelle Jahresbericht seiner Behörde.

Mit einem lässigen Grinsen, leger in Jeans aber auch seriös in Sakko und Krawatte, sitzt Johann Kalb auf einer Bank. Die schöne fränkische Landschaft verschwimmt hinter ihm, der Himmel - wie könnte es anders sein - ist wolkenlos. So zeigt sich der Landrat auf einem Foto, das neben seinem Grußwort für den Jahresbericht 2018 seines Amtes abgedruckt ist. Darin werden die vielfältigen Aktivitäten in der Behörde gewürdigt, versehen mit Hochglanzaufnahmen und Schnappschüssen, denn Bilder sagen mehr als tausend Worte. Fast auf jedem Foto zu finden: der Landrat. 115-mal Johann Kalb auf 75 Seiten hat Kreisrat Bernd Fricke (Grüne/AL) in der Sitzung des Kreisausschusses gezählt. Bei genauem Hinsehen findet sich der Landrat sogar 123-mal in dem dünnen Helft.

"Das ist Personenkult auf Kosten des Steuerzahlers", kritisierte Fricke. Denn seine Fraktion sieht es kommen, dass das neue Landkreismagazin, das noch in diesem Monat zum ersten Mal erscheinen und die Bürger über die offiziellen Aktivitäten im Landkreis informieren soll, ähnlich aussehen wird. Sechsmal im Jahr soll es künftig in einer Auflage von 60 000 Stück ausliegen.

"Wir befürchten, dass es auch im Landkreismagazin um reine Selbstdarstellung geht", sagte Fricke. Kritik ruft auch der Starttermin hervor: "Neun Monate vor der Kommunalwahl: Das ist ein Wahlkampfmagazin, nichts anderes."

Auch der SPD geht das Wummern der Kalb-Werbetrommeln auf die Nerven. "Wir erleben in den letzten Monaten im Landratsamt genau dies: Es geht nicht mehr um Berichterstattung über Themen, sondern: Wo war der Landrat? Dann wird ein Foto gemacht und ein kurzer Bericht gebracht", kritisierte Jonas Merzbacher, der sich ironisch entschuldigte, überhaupt gesprochen zu haben, immerhin sei die Entscheidung vom Landrat eigenmächtig bereits gefällt worden. "Das ist anmaßende Politik!", schimpfte Merzbacher.

Die Gesamtkosten betragen laut Landratsamt 95 000 Euro im Jahr, 40 000 Euro Förderung durch EU-Gelder aus dem Leader-Topf sind vorgesehen, 10 000 Euro kommen von der lokalen Leader-Gruppe. Die Gesamtkosten seien zu hoch - außerdem seien die Personalkosten für den redaktionellen Aufwand noch nicht mit einberechnet, mahnte Carsten Joneitis. Berichte über Schnee von gestern, veraltete Printseiten in Zeiten von Handy-Apps, unnötige Konkurrenz zu bestehenden Lokalmedien: So sieht die SPD das Magazin.

"Es ist ausdrücklich keine Konkurrenz zu bestehenden Medien. Es geht um ausführliche Information, die die bestehenden Medien mit den verkürzten Inhalten nicht leisten können", beschrieb Projektleiter Frank Förtsch die Idee. Und die sei immerhin schon ein paar Jahre alt. Rund die Hälfte der Landkreise in Bayern informiere in einem eigenen Magazin über ihre Tätigkeiten, betonte der Landrat, der das Heft als bürgernahes und kostenloses Informationsangebot pries. Es gehe um die Darstellung der Arbeit des Landkreises, der Gemeinden, Einrichtungen, Vereine und Interessengruppen. "Wir sollten einfach mal den Startschuss geben und schauen, wie es in der Bevölkerung ankommt", sagte CSU-Fraktionssprecher Wolfgang Möhrlein. Die breite Vielfalt an Themen könne das Amt besser darstellen als die privaten Medien, die sich nur auf die Spitzenthemen konzentrierten. Ähnlich argumentierte auch sein Fraktionskollege Helmut Krämer: "Wir wollen transparent sein und dem Bürger alles vorzeigen, was wir tun wollen. Über die lokale Tageszeitung erreichen wir einen Großteil unserer Bürger nicht."

Kreisräte mehrerer Fraktionen regten an, das Magazin auch virtuell im Netz zu präsentieren. Dies sei ohnehin geplant, sagte der Landrat. Auch eine Art "Kommunenfunk" sei angedacht - dabei könnten Bürger über Online-Messenger direkt mit Inhalten adressiert werden.

Die Internetseite des Landkreises Bamberg ist in diesem Gesamtprozess schon erneuert worden. Die neu gegliederte Version ist unter der Adresse www.landkreis-bamberg.de online. Anschaulicher, geordneter, moderner und handytauglich soll die Seite sein: "Inhalte werden ab sofort wie gewohnt auf dem PC und dem Laptop angezeigt, sind aber darüber hinaus auf Tablet oder Smartphone gut lesbar und bei Kleingeräten touchoptimiert dargestellt", erklärte die personell aufgestockte Pressestelle im Landratsamt.

Kommentar des Autors:

Ein Magazin, das über teils zwei Monate alte Aktivitäten des Landkreises berichtet? Wie spannend! Ein gescheites Lokalmedium sollte sich deshalb nun wirklich keine Sorgen machen. Besorgniserregend war im Kreisausschuss eher das Medienverständnis, das bei den Wortmeldungen mancher - vor allem der CSU zugehöriger - Kreisräte herauszuhören war. Deren Vertreter Heinrich Faatz etwa mahnte, die Bürger seien aus den bestehenden Medien nicht richtig informiert, etwa was das Bienensterben angehe. Das kann er als Vertreter des Bayerischen Bauernverbandes sicher besser und ausgewogener! Andere Redner sahen sich selbst und die Aktivitäten des Landkreises nicht genügend in der Zeitung gewürdigt. Darf sich der Bürger also künftig auf ein Füllhorn an Lobartikeln und Dankesworten, Verlautbarungen und Aufstellbildern, kritiklosen Werbetexten und bestes Bürokratendeutsch freuen? Genau das würde mancher Kreisrat offenbar unter richtig guter Berichterstattung verstehen. Geschenkt! Nur sollten sie dabei nicht den Fehler einer Verwechslung begehen: Mit Journalismus hat das nichts zu tun.