"Es ist verrückt": Bamberger Frisörin arbeitet nur einen Tag pro Woche - weil sich mehr für sie nicht lohnt

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Bamberger Frisörin arbeitet nur einen Tag pro Woche - weil sich mehr für sie nicht lohnt
Eva Dengel von der Bamberger "Haarwerkstatt" arbeitet nur noch acht Stunden pro Woche, auch wenn genug Arbeit da wäre.
Bamberger Frisörin arbeitet nur einen Tag pro Woche - weil sich mehr für sie nicht lohnt
Privat; congerdesign/pixabay.com (Symbolbild); Collage: inFranken.de

Die Bamberger Frisörin Eva Dengel sieht keinen Sinn mehr darin, Vollzeit zu arbeiten. Nach einer Kalkulation traf sie den Entschluss, nur noch einmal in der Woche anzutreten. Eine Kollegin reduzierte daraufhin ebenfalls ihre Stunden.

"Ich wusste schon im Kindergarten, dass ich Frisörin werden will", sagt Eva Dengel im Gespräch mit inFranken.de. Der Kontakt mit der Kundschaft, die kreative Tätigkeit - für die 35-Jährige ist der Job ein Traumberuf an. Doch inzwischen arbeitet sie nur noch dienstags in der "Haarwerkstatt", einem Frisörsalon in der Bamberger Sandstraße.

"Von 2005 bis 2018 habe ich noch Vollzeit gearbeitet, dann habe ich einen Sohn bekommen. Nach meiner einjährigen Elternzeit bin ich mit einem Tag pro Woche eingestiegen", berichtet sie. Und das nicht nur aus Betreuungsgründen: "Meine damalige Kollegin hat 20 Stunden gearbeitet, und ich acht pro Woche. Letztlich blieben ihr 100 Euro mehr."

"Rechnet sich wirklich nicht": Steuerabgaben bewegen Bamberger Frisörin zu drastischer Stundenreduktion

Hauptgrund für das beinahe identische Entgelt seien die verschiedenen Steuerklassen und damit verbundenen Abgaben. In Dengels Kalkulation mit hinein spielte auch die längere Betreuung für ihr Kindergartenkind bei mehr Arbeitsstunden. "Die kostet ja auch wieder", gibt die Frisörin zu bedenken. Jetzt spare sie sich die Kosten für das Mittagessen und die Mittagsbetreuung. "Ich denke, dass manche Frauen, die in Teilzeit arbeiten, sogar noch draufzahlen", lautet ihre Vermutung. Überdies wohne sie mit ihrem ausreichend verdienenden Mann im Bamberger Umland, schildert die 35-Jährige.

"Ich fahre etwa 30 Kilometer einfach und müsste 500 bis 600 Euro mehr verdienen, damit sich das rechnet." Einen Arbeitsplatz in ihrer ländlichen Heimat könne sie sich momentan nicht vorstellen, da sie die Arbeit in der Stadt mehr schätze und hier noch ihren Kundenstamm aus früheren Zeiten habe. "Wenn es sich lohnen würde, würde ich auch einen oder zwei Tage mehr arbeiten, Arbeit gäbe es genug. Es ist aber verrückt, es rechnet sich wirklich nicht."

Als die Kollegin in Teilzeit nach Dengels Reduzierung die beiden Gehälter verglich, "ist sie auf 450 Euro runtergegangen". Nach den heutigen Maßstäben verdient Dengel laut eigenen Angaben 520 Euro und hat keine steuerlichen Abzüge. "Das finde ich okay." Wenn sie Steuern zahlen würde, wolle sie wenigstens wissen, "dass es bei den Rentnern und denen, die es wirklich brauchen, ankommt". Doch das bezweifle sie und sorge privat für ihre Rente vor.

Paar aus dem Bamberger Umland entscheidet sich gegen Ehegattensplitting 

Das Paar habe viele Überlegungen zu Splitting und Co. hinter sich und sich - auch wegen eines Hausbaus - letztlich für mehr Geld im Monat und gegen die gebündelten Rückzahlungen nach der Steuererklärung entschieden. Ihr Mann sei vor ein paar Monaten beruflich aufgestiegen, vorher habe er durchschnittlich verdient, berichtet die Frisörin. "Ich frage mich, wie es andere Familien machen", sagt Dengel. "Manche Männer verdienen ja nicht so viel. Ich kenne viele Mütter und Frauen, die es schwer haben."

Die Phänomene des deutschen Arbeitssystems sind immer wieder in den Schlagzeilen. Eine Beispiel-Rechnung soll etwa zeigen, warum sich Vollzeit-Arbeit kaum lohnt. Und sogar Rentner mit einer recht kleinen Rente müssen Steuern zahlen. Eine Politikerin stellte dazu unlängst eine klare Forderung. Weitere Nachrichten aus Bamberg und Umgebung findest du in unserem Lokalressort.