Durch Mexiko tourt derzeit eine Ausstellung mit 100 Bildern eines Bamberger Grafikdesigners: Gerhard A. Müller dokumentierte mehr als die Schönheit "romantischer Burgen und Schlösser". So punktet er gerade auch mit Aufnahmen, die das Altbekannte in düsterem Licht erscheinen lassen.
Schwarze Wolken hängen über der Albrechtsburg. In einer fast gespenstischen Atmosphäre zeigt sich eines der ältesten Schlösser des Landes, das Touristen rund ums Jahr bei Bilderbuchwetter knipsen. Gerhard A. Müller aber sah eine andere, dunkle Seite des spätgotischen Architekturdenkmals. Während er die Plassenburg im roten Abendlicht aufnahm, dem Schein der untergehenden Sonne - unwirklich und vielleicht darum unwiderstehlich: Ja, die Bilder des Bamberger Grafikdesigners bannen. Sie verleihen dem Altbekannten einen gänzlich neuen Reiz. So befasst sich der Fotograf mit historischen Bauten, um dabei zu beleuchten, was den meisten Menschen verborgen bleibt. Vielleicht ist das ja ein Geheimnis von Müllers Erfolg, dessen Bilder von "Romantischen Burgen und Schlössern in Deutschland" gerade in einer Wanderausstellung quer durch Mexiko reisen. Und in einem Fotokalender der Sparkasse Bamberg zu sehen sind, der in diesen Tagen erscheint.
Mit viel Geduld
"Meinen Leitspruch prägte der große Grazer Reise-Fotograf Hans Gsellmann: ,Die besten Fotos werden dahockt und nicht darennt'", sagt Müller. So sind Bilder des Bambergers keine Momentaufnahmen, die im Vorübergehen entstehen. "Jedes Motiv vermittelt eine Stimmung, die ich herausarbeiten möchte", meint der Grafikdesigner: Das beginnt bei der Suche nach einer geeigneten Perspektive. "Dann mit aufgebautem Stativ das Warten auf das passende Licht - mitunter stundenlang wie bei einer Aufnahme von Burg Hohenstein." Und schließlich die Nachbearbeitung der HDR-Bilder am PC, um die beabsichtigte Wirkung noch zu unterstreichen. "Rund 100 Fotos der Wanderausstellung, die im Sommer im Historischen Museum von San Luis Potosí eröffnet wurde (unterstützt von der deutschen Botschaft und dem Goethe-Institut), entstanden auf diese Weise", berichtet der Fotograf.
Wobei er diese Würdigung Florian J. Schmitt verdankt, der in der mexikanischen Stadt mittlerweile das Centro Cultural Alemán leitet. "Ich schickte Florian als früherem Nachbarn einen Kalender der Sparkasse, in dem einige dieser Bilder zu sehen waren. Und die kamen bei Besuchern offenbar so gut an, dass man mich um weitere Fotos bat." So geriet der Stein ins Rollen.
Den Verfall dokumentieren Überhaupt bedeutet die Fotografie für Gerhard A. Müller, "Türen zu öffnen", wie sich der Franke ausdrückt: Türen zu Ausstellungsbesuchern, die er über die Sprache seiner Bilder erreicht. Und Türen zu Menschen, die auf den Mann mit der Kamera in der Hand zukommen. Unvergesslich sind Müller viele Begegnungen, zu denen es in all den Jahren kam, in denen er die Welt bereiste, um sich dabei keineswegs nur touristischen Hotspots zu widmen.
"Ein spannendes Thema ist für mich auch der Verfall": Den Blick auf Häuser zu richten, von deren reich geschmückter Fassade der Putz blättert. Auf verwilderte Gärten oder Terrassen, die die Natur Stück für Stück zurückerobert. "Und eben Türen faszinieren mich, durch die im Lauf der Jahre zahllose Menschen gingen, die hier lebten oder als Besucher nurvorbei kamen."
Zu einer Begegnung, die dem 59-Jährigen unvergesslich ist, kam es in Griechenland - "mit dem letzten Wächter des Klosters Ágios Minás auf der Kykladen-Insel Paros", wie sich Müller erinnert. Der alte Herr öffnete dem Fotografen die Tür zur Anlage, die Fremden normalerweise verschlossen bleibt.
"Mich aber führte der Mann herum, den andere als exzentrisch beschrieben, ging auf die Geschichte des Klosters ein und sprach bei einem Raki irgendwann auch über sein Leben."
Stadtarchiv als Lieblingsmotiv Das Bamberger Lieblingsmotiv Müllers ist übrigens das Stadtarchiv. "Ein historischer Bau, an dem ich mich nicht sattsehen kann. Zu allen Jahres- und Tageszeiten habe ich die alte Chirurgie wohl schon aufgenommen", lacht der Fotograf, dessen Bilder im Lauf der Jahre auch im "Griechenland Magazin", "Technik Journal", diversen Büchern und Reiseführern über Bamberg und Franken erschienen.