Der von den Bamberger Grünen initiierte Vorschlag, leer stehende Kasernen-Gebäude vorübergehend für Flüchtlinge zu nutzen, verursacht heftige Reaktionen. Viele fürchten, es sei ein großes Lager gemeint. Wohnungssuchende melden ihre Ansprüche an. Auch andere Stadträte üben heftige Kritik.
Aus Berlin und München gibt es noch keine Reaktionen. Dort sitzen die Hauptadressaten des "Bamberger Asyl-Appells: Wir haben Platz für Asylsuchende". 35 Persönlichkeiten fordern darin die für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständigen Landes- und Bundesbehörden auf, vorübergehend auf leer stehende Kasernen-Gebäude zurückzugreifen.
Umso größer ist das Echo vor Ort in Bamberg. Die Wogen schlagen ähnlich hoch wie vor drei Jahren, als die so genannte HWKW an der Memmelsdorfer Straße als mögliche Sammelunterkunft im Gespräch war.
Damals wie heute steht die Stadt vor der Situation, dass sie von der Regierung ein Kontingent an Flüchtlingen zugewiesen bekommen wird und unterbringen muss. Zu den 276 Asylsuchenden (Stand: 8. August 2014) dürften bis Jahresende durchschnittlich weitere fünf pro Woche hinzukommen.
Man sei zuversichtlich, Platz für sie zu finden, sagt Stadt-Pressesprecherin Ulrike Siebenhaar.
GroKo reagiert empört Die beiden größten Stadtratsfraktionen berufen sich in einer gemeinsamen Pressemitteilung auf ihre Worte: "Zur Zeit besteht nach Auskunft der Stadt Bamberg kein Mangel an Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber."
CSU und SPD lehnen entschieden die Initiative ab, die ihre "grüne" Stadtrats-Kollegin Ursula Sowa ins Leben gerufen hat. Sie warnen vor "populistischen Schnellschüssen und unüberlegten Alleingängen". Man sieht die Gefahr, dass "eine, auch nur teilweise Besiedelung der Konversionsfläche . . . die Gestaltungsmöglichkeiten der Stadt zunichte machen" würde.
Im Asyl-Appell werden zwar keine Zahlen genannt, doch das veröffentlichte Meinungsbild zeigt: Viele verstehen den Aufruf als Signal an die Bundes- und Landesbehörden, Bamberg als Standort für ein großes Aufnahmelager zu prüfen.
Entsprechend scharf reagiert SPD-Fraktionsvorsitzender Klaus Stieringer: "Ich kann kein Erstaufnahmelager im Bamberger Osten vorschlagen, wenn ich nicht zuvor mit den betroffenen Menschen und den Bürgervereinen intensiv gesprochen habe."
Die dem Konversionsgelände nächsten Bürgervereine (BV) Bamberg-Ost und Gartenstadt haben aus dem FT von der Initiative erfahren. Sowohl der stellvertretende Vorsitzende des BV Ost, SPD-Stadtrat Heinz Kuntke, als auch sein Gartenstadter Kollege Peter Neller (CSU) erheben den Vorwurf an Sowa, sich und die GAL ins Licht setzen zu wollen, ohne die möglichen Konsequenzen zu bedenken.
"Man muss immer aufpassen, dass es nicht zu Reaktionen kommt, die wir alle nicht wollen", so Kuntke. Auch Neller hegt die "Sorge, dass das Angebot missverstanden wird".
Wie Sowa auf Nachfrage betont, sei ein Lager wie in Zirndorf keineswegs die Intention. Der Appell beziehe sich auf das der Stadt angekündigte Kontingent: "Wenn heuer 100 Flüchtlinge kommen, ist das viel."
Sowa: Kein zweites Zirndorf Ihr und den Erstunterzeichnern gehe es um Zweierlei: Menschen zu helfen, die zur Zeit in wachsender Zahl Zuflucht in Deutschland suchen, und mit Leerstand vernünftig umzugehen. Der Appell solle die Freigabe von Häusern durch die zuständigen Bundesbehörden beschleunigen, damit sie den Winter über nicht leer sondern
für eine sinnvolle Zwischennutzung zur Verfügung stehen.
Weil es in der Kaserne "Wohnraum in Hülle und Fülle" gibt, so die GAL-Frau, müssten Wohnungssuchende keineswegs befürchten, das Nachsehen zu haben. Auch dies ist eine Sorge, die Leser - teils sehr emotional - in den Internet-Kommentaren formuliert haben.
Aus politischen Kreisen müssen sich Sowa und ihre Mitstreiter den Vorwurf gefallen lassen, sie würden den erklärten Willen des Stadtrats ignorieren, Asylbewerber dezentral unterzubringen. Im Sommer 2011, als es um eine mögliche Sammelunterkunft in der HWKW ging, wurde dieser Beschluss gefasst. Er gilt weiter. Daran erinnern in ihren Reaktionen neben CSU und SPD auch Dieter Weinsheimer (FW), Martin Pöhner (FDP) und Daniela Reinfelder (BUB).
"Dann hätten wir die Breitenau schon nicht erweitern dürfen", hält Sowas Partei-Kollegin Christiane Laaser dagegen, die selbst in der Flüchtlingsarbeit aktiv ist.
185 der 276 Asylbewerber wohnen aktuell dort.
Zu den Erstunterzeichnern des umstrittenen Appells gehören namhafte Bamberger wie Herbert Lauer, die kein grünes Parteibuch haben.
Er kommentiert die Debatte mit dem Hinweis: "Bevor die Gebäude leer stehen und wenn wir ohnehin verpflichtet sind, die Flüchtlinge aufzunehmen" sei das ein guter Vorschlag. Lauer unterstützt ihn ausdrücklich als Alt-Oberbürgermeister und nicht als Stadtrat der Freien Wähler.
Viel Zustimmung online Während in Bamberg kontrovers diskutiert wird, findet die von der Initiative gestartete Online-Petition breite Zustimmung: Seit Dienstag haben 875 Personen (Stand: Freitag, 17 Uhr) unterschrieben.
In einer nichtrepräsentativen Umfrage auf infranken.de heißen 53,16 Prozent den Appell gut.
Nachfolgend im Wortlaut der " Bamberger Asyl-Appell" Offener Brief an
Herrn Bundesminister Thomas de Maizière, Bundesinnenministerium
Frau Ministerin Emilia Müller, Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie
und Integration
Herrn Dr. Jürgen Gehb, Bundesanstalt für Immobilienaufgaben BImA
Herrn Dr. Manfred Schmidt, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, BAMF
Herrn Regierungspräsident Wilhelm Wenning, Regierung von Oberfranken
Herrn Oberbürgermeister Andreas Starke, Stadt Bamberg
Fraktionen des Bamberger Stadtrates
Bamberg, 5.
August 2014
Bamberger Asyl-Appell - Wir haben Platz für Asylsuchende!
Sehr geehrte Damen und Herren!
"740 Betten für 1000 Flüchtlinge - Das Zirndorfer Erstaufnahmelager für Asylsuchende platzt
aus allen Nähten Die Menschen kampieren in Garagen und auf Fußböden. Nach ihrer Flucht geht
für sie in Deutschland der Kampf ums Überleben weiter."
Fränkischer Tag, Ausgabe vom 2.7.2014
"Schäden sehr wahrscheinlich - Schon in Kürze ist die Wasserversorgung in der gesamten
Kaserne abgestellt. Die denkmalgeschützten Häuser in der Lagarde-Kaserne werden nicht einmal
mehr beheizt.
Die Folgen könnten massiv sein, fürchten Experten."
Fränkischer Tag, Ausgabe vom 8.7.2014
Wir halten es für unerträglich, dass in einem Land wie Deutschland Hilfe suchende Menschen, die
aus Kriegssituationen, aus akuter Lebensgefahr, von Hunger, Krankheit, Zerstörung und
Verfolgung bedroht, in Zuständen untergebracht werden, wie sie derzeit in der Asyl-
Erstaufnahmeeinrichtung in Zirndorf herrschen.
Und das während hier in Bamberg nutzbare, soeben noch bewohnte Gebäude leer stehen und
durch ihre Nichtnutzung sogar noch dem Substanzverfall preis gegeben werden.
Angesichts der aktuellen steigenden Flüchtlingszahlen, die durch eine - auch von Deutschland mit
zu verantwortende - politische Weltlage entstehen, soll und kann unser Land wenigstens die
wenigen Flüchtlinge, die es überhaupt bis hierher schaffen, würdig unterbringen.
Daran muss die
Bundesrepublik als momentane Eignerin der Konversionsgebäude ein vitales Interesse haben.
Da gerade eine Zwischennutzung der Konversionsgebäude diese vor dem Verfall retten würde,
wäre die - zumindest vorübergehende - Nutzung als Asylunterkunft auch im Sinne einer
nachhaltigen Stadtentwicklung der Stadt.
Wir appellieren deshalb an Sie!
Setzen Sie sich für eine sofortige Asylunterkunft in geeigneten Gebäuden auf dem
Bamberger Konversionsgelände ein.
Wir bitten um Ihre geschätzte Antwort.
Gezeichnet von Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Bamberg:
Mohamed Hédi Addala, Vorsitzender des Migranten- und Integrationsbeirats der Stadt Bamberg
Ekkehard Arnetzl, Stadtheimatpfleger
Prof. Dr.
Markus Behmer, Institut für Kommunikationswissenschaft, Universität Bamberg
Wolfgang Budde, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft älterer Bürger Bambergs
Mehmet Cetindere, Erster Vorstand Ditib (Türkisch-Islamische Gemeinde zu Bamberg e.V.)
Roja Dehdarian, M.A., Lehrstuhl für Iranistik, Universität Bamberg
Dr. Karin Dengler-Schreiber, ehem. Stadtheimatpflegerin, Schriftstellerin
Mirjam Elsel, Interreligiöse Fraueninitiative Bamberg
Heidi Friedrich, Kabarettistin
Peter Gack, Geschäftsführer
Annette Grabiger, Kabarettistin
Mäc Härder, Kabarettist
Prof. Dr. Birgitt Hofmann, Lehrstuhl für Iranistik, Universität Bamberg
Andrea Hofmann, Referentin Ev.-Luth. Dekanat Bamberg
Dr. Helmut Jungbauer, FT-Herausgeber i.R.
Ingrid Kasper, Kantorin Ev.-Luth. Dekanat Bamberg
Tanja Kinkel, Schriftstellerin
Dr.
Claudia Kupfer-Schreiner, Lehrstuhl für Deutsch-Didaktik, Universität Bamberg
Herbert Lauer, Alt-Oberbürgermeister
Fiona Frf. Loeffelholz von Colberg, Vors. Freunde des Internat. Künstlerhauses Villa Concordia
Benjamin Oster, Gewerkschaftssekretär bei der IG Metall Bamberg
Besaret Penzkofer, Leiterin AWO-Migrationssozialdienst
Dr. Fritz Reheis, Lehrstuhl Politische Theorie, Didaktik der Sozialkunde, Universität Bamberg
Martin Arieh Rudolph, Erster Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Bamberg
Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert, Präsident Universität Bamberg
David Saam, Ethno-Musiker "Kellerkommando"
Mitra Sharifi, stellv. Vorsitzende des Migranten- und Integrationsbeirats der Stadt Bamberg
Dekan Otfried Sperl a.D., Ev.-Luth.
Dekanat Bamberg
Ursula Sowa, Architektin
Doris Stadelmeyer, Bezirksgeschäftsführerin ver.di Oberfranken-West
Gerhard Sterzer, Personalratsvorsitzender Sozialstiftung Bamberg
You Xie, Journalist und Schriftsteller
Bündnis "Bamberg ist bunt - Bündnis gegen Rechtsextremismus"
Initiative "Freund statt fremd"
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Bamberg
Migrationsdienst des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF)
.....mhm. Jetzt könnten im großen Bamberg Asylsuchende untergebracht werden und schon hat man Angst. Sie werden eh zugewiesen werden, siehe im ländlichen Raum in der Steigerwaldgemeinde Aschbach, welches bekanntlich zur Stadt Schlüsselfeld gehört. Dort sind schon mehrere Asylantenfamilien untergebracht - und es werden noch mehr....... ob es die Bewohner der Marktgemeinde schultern können, oder auch nicht.... es wird so sein. In der großen Kreisstadt Bamberg hätte man ja schon bessere Betreuungsmöglichkeiten (Behörden, Integration, Beratung vor Ort....), a b e r man fürchtet sich davor. Schade, es sind doch auch Menschen, die Hilfe brauchen könnten - sehr sozial ist das, o d e r ? Wie das wohl weiter geht? Man wird sehen....
Ein bankrottes Land mit Schulden bis zu seinen Kindeskindern geriert sich als Weltsozialamt.
Genau betrachtet, hat der in einem komischen Deutsch geschriebene Brief mit der Unterbringung von Asylanten nichts oder nur indirekt etwas zu tun.
Es geht darum, das ist der Tenor, dass „in Bamberg nutzbare, soeben noch bewohnte Gebäude leer stehen und durch ihre Nichtnutzung … dem Substanzverfall preisgegeben werden [und] dass – das ist das Hauptanliegen – eine Zwischennutzung der Konversionsgebäude diese vor dem Verfall retten würden.“ Deshalb müsse die Bundesrepublik als momentane Eignerin der Konversionsgebäude ein vitales Interesse [an der Unterbringung von Asylanten] haben! Soweit so gut oder auch nicht.
Da hätte ein Brief an den Bundesinnenmister und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben genügt. Noch einfacher wäre es gewesen, die hier ansässigen Bundestagsabgeordneten auf dieses Problem hinzuweisen und um Abhilfe zu bitten. Die angeschriebenen Ämter und Persönlichkeiten sind nicht zuständig. Sie anzuschreiben, ist folglich für die Katz. Der Brief stiehlt diesen Persönlichkeiten nur ihre Zeit, von der die Unterzeichner des offenen Briefes anscheinend mehr als genug haben.
aber scheinbar nur dann wenn z. B. gegen Vertreter der NPD mit Postern wie "Asylflut stoppen" gepfiffen wird. Geht es hingegen um genau diese Tatsachen vor der eigenen Haustür kommen erste Bedenken, Widersprüche und so muss lt. SPD-Fraktionsvorsitzender Klaus Stieringer auch scheinbar jeder Kaninchenzüchterverein befragt werden, ob eine Asylunterkunft genehm ist ....
na ja, wir sind bunt
m.f.G.