Mit der Verlängerung der Bahnsteige beginnt ein Großprojekt, wie es Bamberg noch nicht erlebt hat. Zwischen 2023 und 2030 werden alle Ost-West-Verbindungen neu gebaut.
Das Jahrzehnt der Mega-Baustellen beginnt dort, wo es kaum einer sieht: im Stadtwald. Etliche Trinkwasserbrunnen werden in den nächsten Monaten dort verlegt. Im Bahnhof geht es 2021 weiter: mit der Verlängerung der ICE-Bahnsteige um 30 Meter.
Voraussichtlich 2023 ist aber Schluss mit dem Vorgeplänkel. Nacheinander werden die Ost-West-Verbindungen gekappt, abgebrochen und neu gebaut. Weil das Ganze unter laufendem Bahnverkehr stattfindet, sind acht Jahre Bauzeit sportlich. Sicher ist: Ohne vielmonatige Vollsperrungen an den Traversen wird es nicht gehen.
Memmelsdorfer Unterführung weg, Pfisterbrücke weg, Münchner Ring weg. Was es bedeutet, wenn der stark gewachsene Verkehr in Bamberg an den Hauptschlagadern zwischen Ost und West je ein bis zwei Jahre umgeleitet wird, mag man sich heute kaum vorstellen. "Es ist eine der größten Bedrohungen für den Wirtschaftsstandort Bamberg", sagt Klaus Stieringer (SPD). Der Stadtmarketingchef versucht mit dem Katastrophenszenario dennoch pragmatisch umzugehen: "Wir werden diese Baustellen nicht verhindern, wollen aber, dass sie sich an den Bedürfnissen der Stadt orientieren."
Ein erster Schritt dafür soll am 29. Mai unternommen werden. Dann geht es im Stadtrat um einen Forderungskatalog für sämtliche neu zu bauenden Querverbindungen. "Wir wollen das beste Ergebnis für die Stadt Bamberg", beschreibt Claus Reinhardt das Ziel. Man muss wissen: Würde sich die Stadt nicht positionieren, würde die Bahn bei dem 1,1-Milliarden-Euro-Projekt alle Verbindungen im vorhandenen Minimalstandard herstellen - undenkbar angesichts der unterdimensionierten Größen der 100-jährigen Bahnunterführungen. Reinhardt: "Rad- und Gehwege sind viel zu schmal. Die lichte Höhe zu niedrig. Viele empfinden die Unterführungen in ihrer jetzigen Form als bedrückend."
Behelfsbrücke für den Pfisterberg
Eine Rolle im Beschluss der Stadt wird auch der S-Bahn-Halt-Süd spielen. Hierfür schweben der Stadt drei Gehwegverbindungen vor. Auch an die Pfisterbergbrücke knüpft sich eine Forderung. Um den Verkehrsfluss aufrecht zu erhalten, soll eine Behelfsbrücke gebaut werden. Kosten? Klar ist: Für den Haushalt der Stadt wird der Bahnausbau mit mindestens 50 Millionen Euro eine schwere Belastung.
Noch hat die Bahn keinen Bauphasenplan vorgelegt, aus dem hervorgeht, wie lange und wann die einzelnen Kreuzungen ausgebaut werden. Mike Flügel von der Deutschen Bahn spricht davon, dass sich die Baustelle von Süden nach Norden bewegen, also südlich der Forchheimer Straße beginnen wird.
Was kann die Stadt tun, um den Verkehrskollaps zu vermeiden? "Für uns ist klar, dass nicht gleichzeitig Memmelsdorfer Straße und Kronacher Straße, oder Forchheimer Straße und Münchner Ring gesperrt werden können", sagt Claus Reinhardt. Doch auf unsere Nachfrage bleibt die Bahn unverbindlich: "Grundsätzlich sind wir bemüht, so weit wie möglich zu vermeiden, mehrere signifikante Kreuzungswege gleichzeitig zu sperren", erklärt Projektleiter Matthias Künsting.
Sehr überraschend, mal wieder für unseren rührigen Stadtrat. Da gab es mal Ideen die die Innenstadt nicht oder fast nicht tangiert hätte. Aber da hätte man wahrscheinlich den einen oder anderen Baum fällen müssen. Die Folgen für den innerstädtischen Verkehr hat man damals wieder einfach "vergessen". Wie neu ist das denn??? Ein Problem sollte bis dahin gelöst sein, die direkte Buslinie vom Ankerzentrum zum Klinikum sollte ja ab 2024 überflüssig sein. Bis dann nach laaaangwierigen Planungen dann dort vielleicht mal wirklich normale Bürger der Stadt einziehen können, ist die Bahn auch fertig mit den Baustellen.
Das Bild sagt alles über den Zustand der Bamberger Bahnunterführungen. Nicht ein zeitgemäßer Ausbau, sondern der Status Quo sind eine Gefährdung für den Wirtschaftsstandort.
@ Autor Wehner
Trinkwasserbrunnen werden nicht einfach so verlegt. Werden tatsächlich Abwehrbrunnen mit Vorfeldmessstellen zum Schutz der existierenden Trinkwasserbrunnen niedergelassen?
Katastrophenszenario oder Chance?
Die Bamberger Bahn-Querungen sind erneuerungsbedürftig. Wenn nun der Zwang besteht dies im Zuge des ICE-Bahnausbaus zu realisieren, kann das Umfeld der Unterführungen gleichzeitig verkehrsberuhigt gestaltet und für Fahrradfahrer und Fußgänger optimiert werden. Dies ist eine interessante Herausforderung für alle Beteiligten und keine Katastrophe. Aufgrund der langen Bauzeit ist eine Bauablaufplanung möglich, die nur Teilsperrungen der Ost-Westverbindungen nötig macht.
Die Aufgabe der Bahnplaner ist Ihre Bahnstrecke auszubauen. Die Aufgabe der Stadt Bamberg ist ein lebenswertes Bahnumfeld und moderne Bahnquerungen in diesen Planungen zu fixieren. Schön wäre es, wenn die Presse dies unterstützen würde und weniger von Problemen, Schuldigen und Katastrophen berichtet, sondern die Chance für Bamberg sieht hier die Gebiete links und rechts der Bahnstrecke aufzuwerten und dies begleitet.
Das dies gelingen kann zeigt im Landkreis Bamberg eine Gemeinde, in der im Zuge des ICE-Bahnausbau zwei höhengleiche, gefahrgeneigte, innerörtliche Bahnquerungen durch zwei außerörtliche, höhenfreie Bahnquerungen ersetzt wurden und zusätzlich drei neue, innerörtliche Fußgänger- und Fahrradunterführungen geschaffen wurden. Ohne das sachliche planungsbegleitenden Engagement von Ortsbürgern und Vertwaltung, die die Chance rechtzeitig erkannt haben, wäre dies nicht möglich gewesen. Angst machen und Blockadehaltung führt hier nicht zum Ziel.
Letztlich hat die Stadt Bamberg doch schon Erfahrungen mit langen Sperrungen. War doch beim Brückenneubau auch schon so, und da hat es auch funktioniert. Und wenn es nicht klappt, gibts vielleicht wirklich mal den Anstoß, über seine eigene Mobilität nachzudenken und zu überlegen, ob ich wirklcih jede Strecke mit dem eigenen Auto fahren muss, oder ob es nicht andere Wege gibt, die zum Ziel führen.
Letztlich wird die Bahn aber sowieso bestimmen, was wann passiert. Und dass die Unterführungen dringend mal erneuert werden müssen, steht außer Frage. Die Frage ist doch nur, wo soll der zusätzliche Platzbedarf herkommen, da ja auch die Bebauung an der Strecke teilweise so dicht ist, dass kein Platz für weitere Gleise vorhanden ist (z. B. beim Weyermann).
Als Bewohner des östlichen Landkreises stellt sich mir die Frage nicht. Da wird dann von Scheßlitz bis Memmelsdorf eingekauft. Restaurants und Gaststätten gibt es hier genug. In Scheßlitz steht auch eine Krankenhaus. Und über die Autobahn kommt man in den Hafen. In die Brose Arena geht es über den Berliner Ring. Die Stadt Bamberg ist heute schon total überlaufen und reizt mich nicht mehr. Das, was jetzt als "Katastrophe" angesehen wird, war vorauszusehen. Die Diskussion gibt es doch nicht erst seit gestern sondern seit Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten.
Man muss sich nur mal vor Augen halten, dass es in Bamberg das letzte Teilstück einer Bahnstrecke zu schließen gilt, die München mit Berlin verbindet. Ich komme mir manchmal vor wie in Asterix und Obelix. Abgewandelt klingt das so:
Wir schreiben das Jahr 2000 n. Chr. Ganz Deutschland ist von der Bahn besetzt... Ganz Deutschland? Nein! Ein von unbeugsamen Franken bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten. Und das Leben ist nicht leicht für die Bahnbauer in den befestigten Lagern um Bambergensis!
Dann baut mal schön!