Bamberg: Nach Corona-Fällen in Kita - Eltern kritisieren strikte Quarantäne-Regeln für Kinder
Autor: Daniel Krüger
Bamberg, Donnerstag, 05. August 2021
Nach Corona-Fällen in einer Bamberger Kita regt sich bei zahlreichen Eltern Kritik an den geltenden Quarantäne-Regeln für Kinder. Bei inFranken.de bemängelt eine Mutter "fehlende Freitestmöglichkeiten" und "Ungleichbehandlung".
Nach Corona-Fällen in Bamberger Kita: Quarantäne-Maßnahmen für Kinder in der Kritik. Vergangene Woche löste ein Kommentar auf inFranken.de zahlreiche emotionale Reaktionen von Eltern aus. Die Redaktion erreichten über die sozialen Netzwerke und per Mail viele Rückmeldungen, in denen heftige Kritik an den Quarantäne-Maßnahmen für Kita- und Schulkinder geübt wurde. Besonders häufig wurde hier eine "Ungleichbehandlung" zwischen Familien und Erwachsenen ohne Kindern angeprangert. Hintergrund war ein Meinungsbeitrag, der sich auf zwei kürzliche Corona-Fälle in einer Bamberger Kita bezog.
Im Anschluss hatte das Gesundheitsamt Bamberg in der betroffenen Gruppe des Verfassers alle 25 Kinder für zwei Wochen in Quarantäne geschickt - und den Eltern für den letzten Tag der Isolation einen Termin für einen PCR-Test in einem Bamberger Testzentrum zukommen lassen. "Für das lokale Gesundheitsamt in Bamberg stellte es sich anscheinend einfacher dar, die gesamte Einrichtung zu schließen, statt individuell zu prüfen und bei einer Abwägung dem Kindeswohl ein stärkeres Gewicht zu geben", heißt es in dem Kommentar, der viel Zuspruch erhalten hatte. inFranken.de ist der Frage nachgegangen: Wie verhältnismäßig sind die Quarantäne-Regeln für Kinder in Bayern? Und welchen Spielraum haben die Gesundheitsämter?
Mutter aus Forchheim kritisiert Quarantäne in Kitas und Schulen: "unmenschlich"
Ulrike Petry-Färber ist Sozialpädagogin aus Forchheim und berät Jugendliche an einer Mittelschule zum Berufseinstieg. Seit Februar 2021 engagiert sich Petry-Färber bei "Initiative Familien", einem Verein, der sich nach eigenen Angaben in der Corona-Krise zusammengeschlossen hat, um "Kindern, Jugendlichen und Familien eine Stimme zu geben". Man distanziere sich klar von Querdenkern, heißt es, und nehme "die Corona-Pandemie und die Gefahren des Virus sehr ernst". Gleichzeitig wolle man erreichen, dass Erwachsene "einen Großteil der Last der Pandemiebekämpfung tragen müssen anstatt zuerst die Kinder und Jugendlichen einzuschränken und Familien über Gebühr zu belasten".
Der Verein hat kürzlich eine Petition ins Leben gerufen, die sich für eine "Änderung der Quarantäne-Regelung für Kinder und Jugendliche" ausspricht. "Kinder haben immer die schärfsten Regeln in Schulen und Kitas", sagt Petry-Färber. In Schulen seien die Infektionen über den gesamten Zeitraum der Pandemie "immer minimal" gewesen - im Gegensatz zu "hohen Infektionszahlen an Arbeitsstätten". Das müsse auch bei der Isolation berücksichtigt werden. "Was nutzen uns offene Schulen, wenn die Kinder ständig in Quarantäne sind?" Sie habe "richtig Angst vor dem Herbst", sagt die Mutter von zwei Kindern im Teenager-Alter.
Auch dass bei der Quarantäne von Kleinkindern eine Isolation im Haushalt empfohlen werden, hält sie für "schlicht unmenschlich". Stattdessen wollen Petry-Färber und ihre Mitstreitenden erreichen, dass "mildere Mittel" zum Einsatz kommen. Neben "engmaschigen Tests" sollen auch nachweislich infizierte Kinder ihrer Vorstellung nach durch einen PCR-Test "ab dem 5. Tag nach dem Erregernachweis" nicht mehr isoliert werden. Die Begründung: Gefährdete Personengruppen seien bereits geimpft, womit der "Hauptgrund für eine Quarantäne-Anordnung" entfalle. "Es geht immer um Ungleichbehandlung."
Corona-Infektionen bei Kindern: So ist die Studienlage zu Ansteckung und Verlauf
Tatsächlich haben verschiedene Studien im Pandemie-Verlauf aufgezeigt, dass die Fallzahlen in Schulen und Kitas im Verhältnis zur Gesamtzahl der Fälle innerhalb einer Region und auch innerhalb der Gruppe der Minderjährigen selbst nur einen Bruchteil des Infektionsgeschehens ausmachen. Wie das Wissenschaftsmagazin "Quarks" schreibt, hätten israelische Forschende in einer Vorab-Publikation eine Ansteckungsrate von unter 10 bis 15 Prozent bei Ein- bis Fünfjährigen in Haushalten mit infizierten Personen feststellen können, während sie bei den über 30-Jährigen bei 40 bis 45 Prozent lag. Eine Studie aus China habe dem Bericht zufolge sogar nur eine Ansteckungsgefahr von 2,3 Prozent für unter Fünfjährige in Corona-Haushalten festgestellt.
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Eine Studie in rheinland-pfälzischen Schulen und Kitas von September bis Dezember 2020 kommt zu dem Ergebnis, dass "sich von 100 engen Kontaktpersonen im Schnitt etwa 1-2 Personen infizierten". Gleichzeitig sei die Übertragung von Kind zu Kind deutlich geringer gewesen als die Übertragung von Erzieherinnen und Erziehern auf die Kinder. Auch die TU Dresden hatte bei einer Untersuchung von Schülern und Schülerinnen im vergangenen Sommer nur einen "sehr geringen" Nachweis von Antikörpern gegen das Virus feststellen können - obwohl sich die Infektionszahlen im Bundesland Sachsen gleichzeitig nahezu verdoppelt hatten. Allerdings wurden diese Studien noch vor Ausbreitung der ansteckenderen Alpha- und Delta-Varianten durchgeführt.