Zu viele Touristen in der Stadt? Wie die Bamberger ihre Gäste sehen

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Seit der Erlangung des Welterbe-Status hat sich Bamberg zur Touristenhochburg entwickelt - nicht nur zur Freude der Bevölkerung (Blick auf das Alte Rathaus). Fotos: Marion Krüger-Hundrup
Seit der Erlangung des Welterbe-Status hat sich Bamberg zur Touristenhochburg entwickelt - nicht nur zur Freude der Bevölkerung (Blick auf das Alte Rathaus). Fotos: Marion Krüger-Hundrup
Anna Wittig stellte die Ergebnisse ihrer Tourismus-Studie vor. Daneben Tourismusdirektor Andreas Christel
Anna Wittig stellte die Ergebnisse ihrer Tourismus-Studie vor. Daneben Tourismusdirektor Andreas Christel
 

"Bamberg lässt sich nicht zusperren" - Eine Untersuchung gibt Antwort zum Verhältnis von Bambergern und Touristen.

Das Fazit zuerst: Wesentlich neue Erkenntnisse über die Akzeptanz von Touristen in Bamberg liefert die groß angelegte wissenschaftliche Untersuchung von Anna Wittig nicht. Doch die Ergebnisse, die die gebürtige Bambergerin aus ihrer Masterarbeit an der Universität Greifswald jetzt im "Offenen Forum Tourismus (OFT)" der Öffentlichkeit präsentiert hat, lassen aufhorchen. Denn ihre aufgezeigten Perspektiven für die künftige touristische Vermarktung der Stadt könnten richtungweisend sein.

Viele interessierte Besucher hatten sich im Tourismus & Kongresszentrum an der Geyerswörthstraße eingefunden, um der souverän vorgetragenen Studie zu folgen. Diese begann im vergangenen Sommer in sechs mehr und auch weniger stark vom Tourismus betroffenen Stadtteilen, in denen Anna Wittig 3000 anonymisierte Fragebögen verteilte. 464 ausgefüllte Fragebögen konnte sie auswerten. Die seien zwar nicht repräsentativ, räumte Wittig ein, doch würden deutlichen Aufschluss über die Vor- und Nachteile des zunehmenden Touristenbooms geben.


Zuviele Touristen in Bamberg?

Eine Forschungsfrage lautete zum Beispiel: "Wie nimmt die lokale Bevölkerung das touristische Geschehen wahr?" Zwei Drittel der Antwortenden sagten klar: "zu viel", ein Drittel meinte "passt". Dagegen steht die Zahl von 80 Prozent, die den Tourismus für die wirtschaftliche Entwicklung Bambergs für wichtig erachten. Tatsächlich ist nach Wittigs Studie der Tourismus ein relevanter Wirtschaftsfaktor, der allein 5000 Arbeitsplätze in der Region sichere. Zudem würden die rund 6,3 Millionen Tagesbesucher und 606 000 Übernachtungsgäste (2016) über 253 Millionen Euro in Bamberg lassen.

Dass sich Bamberg von einer "verschlafenen Kleinstadt zu einer Touristenhochburg" gemausert hat, liegt nach Wittigs Worten in erster Linie an dem vor 25 Jahren erlangten Status "Unesco-Weltkulturerbe". Wie generell weltweit der Städtetourismus zunehme, seien europäische Kulturerbestätten besonders beliebt. Langfristig könne sich der Bamberg-Tourismus aber nur erfolgreich entwickeln, wenn dieser "nicht dauerhaft gegen die Interessen der Bevölkerung läuft", so die Wissenschaftlerin. Denn Nachteile wie etwa Überfüllung, Verkehrsbelastung, Lärmbelästigung, fehlender Wohnraum, Zerstörung des Welterbes würden jeden betreffen.

Vorteile dagegen seien beispielsweise eine lebendige Innenstadt, gastronomische Vielfalt, hohe Lebensqualität, breit aufgestellte Kunst- und Kulturangebote oder sichere Arbeitsplätze. Wer solche Vorteile erkenne, akzeptiere eher die Touristen, so Wittig.


Besucherströme entzerren

Für eine nachhaltige Zukunft schlug sie als eine Bilanz ihrer Studie Maßnahmen vor wie die weitere Entzerrung von Besucherströmen, bessere Teilhabe der Bürger an Informationen, Reduzierung von Saisonalität nur in den Sommermonaten, Verlagerung von Veranstaltungen in Außenbezirke und die Einführung von Besucherkontingenten. Wünschenswert seien auch der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur mit mehr P+R-Parkplätzen oder ein öffentliches Fahrradverleihsystem.

Auch der Begriff "Qualitätstourismus" fiel, den Tourismusdirektor Andreas Christel in der abschließenden Fragerunde - moderiert von Stadt-Pressesprecherin Ulrike Siebenhaar - aufgriff. Was "Qualitätstourismus" sei, hänge von den Gegebenheiten der Destination ab und lasse sich nicht pauschal beantworten. Tagestouristen würden oft abgestempelt werden als "Nicht-Qualitätstouristen".

Doch auch Tagesbesucher seien Multiplikatoren und würden sich gezielt die Schönheiten Bambergs anschauen, so Christel. Natürlich sei derjenige "der drei Tage lang Junggesellenabschied feiert, kein Qualitätstourist", fügte Christel hinzu.

Aus dem Plenum kamen Stimmen, die die "Verselbstständigung durch externe Gruppenführer" beklagten sowie die "Kreuzfahrttouristen mit Stöpseln im Ohr für den Audioguide, die blind und taub sind für die Umgebung".
Andere forderten restriktive Maßnahmen zur Eindämmung der Touristenströme, wie sie etwa Venedig ergriffen habe. Doch prompt meldeten sich andere zu Wort: "Bamberg ist ein öffentlicher Raum und lässt sich nicht zusperren!" Und: "Es ist fantastisch, in einer Stadt zu leben, die in ganz Deutschland so beliebt ist!"