Bamberg, Ahoi! - Wie Kreuzfahrer die Welterbestadt erleben

7 Min
Rund 200 Kreuzfahrt-Touristen, vor allem aus Kanada, USA, Australien, Neuseeland, gehen um 8.30 Uhr im Bamberger Hafen von Board. Fotos: Markus Klein
Rund 200 Kreuzfahrt-Touristen, vor allem aus Kanada, USA, Australien, Neuseeland, gehen um 8.30 Uhr im Bamberger Hafen von Board.  Fotos: Markus Klein
Foto: Markus Klein
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  Das Alte Rathaus fasziniert die Kreuzfahrt-Touristen besonders.
  Das Alte Rathaus fasziniert die Kreuzfahrt-Touristen besonders.
 
John Almond aus Arizona genießt einen Frankenwein. Er sieht Bamberg als Geheimtipp und rät, die Stadt in den USA besser zu bewerben.
John Almond aus Arizona genießt einen Frankenwein. Er sieht Bamberg als Geheimtipp und rät, die Stadt in den USA besser zu bewerben.
 
 
Die Bar ist gut besucht.
Die Bar ist gut besucht.
 
Der Kapitän steuert die Tranquility durch die Schleuse bei Eltmann.
Der Kapitän steuert die Tranquility durch die Schleuse bei Eltmann.
 
Foto: Markus Klein
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Bis zu 100 000 Kreuzfahrt-Touristen kommen pro Jahr nach Bamberg - meist eine Station von vielen. Welchen Eindruck nehmen die Gäste mit in ihre weit entfernten Heimatländer? Und wie lebt es sich auf dem Schiff? von Markus Klein

D ie aufgehende Sonne scheint auf graue, wellblechverkleidete Lagerhallen und taucht sie in leichtes Orange. Es kracht und brummt. Arbeiter und Kräne wuchten lautstark Lasten umher, als etwa 200 Touristen das Kreuzfahrtschiff "Avalon Tranquility" verlassen. Die meisten von ihnen kommen aus Kanada und den USA, einige aus Australien und Neuseeland, eine Familie aus Ägypten, ein Paar von den Fidschi-Inseln. Die meisten sehen Bamberg zum ersten Mal, die wenigsten haben je davon gehört. Viele werden später den Wunsch äußern, wiederzukommen.

Nach der Stadtführung sitzt John Almond aus Phoenix, Arizona am Heck des Schiffes bei einem Bocksbeutel Weißwein aus dem Michelsberger Stiftsgarten. Während er von der Domstadt schwärmt, drückt der Schiffsmotor breite Wellen in den Main bei Zeil, auf dem die Tranquility mit gemächlichen 6,5 Knoten (12 Stundenkilometer) entlang tuckert. Der schwere Geruch des Marine-Diesels mischt sich mit dem Qualm der dicken Zigarre, die Almond raucht.

Preis und Leistung

Der Geschäftsmann Anfang 70 ist mit seiner Frau Barbara auf der 15-Tage-Tour von Budapest bis Amsterdam unterwegs. Sein Urgroßvater war Deutscher. Sein Vater kämpfte im Zweiten Weltkrieg gegen Deutsche. Und half dann zwei jungen deutschen Frauen in der Nachkriegszeit, indem er sie in die USA holte und als Kindermädchen anstellte. "Unsere Familie ist reich", fügt John Almond hinzu. Die Preise für die Tour liegen zwischen 6000 und 10 000 Dollar pro Person. Dafür bekommen die Gäste neben der 19 Quadratmeter großen Koje, die einem Hotelzimmer in nichts nachsteht, 14 Städtetouren, morgens und mittags ein reichhaltiges Buffet, abends Gourmet-Küche, zwischendurch immer wieder Snacks zum Kaffee und Getränke zu den Mahlzeiten inklusive.

Almonds Tante lebt in Stuttgart, er war schon häufiger in Deutschland. Von Bamberg hat er noch nie gehört, "aber ich liebe es." Er könne sich gut vorstellen, für drei Monate hier zu leben, die Stadt und ihre Bewohner näher kennenzulernen. Almond schätzt die gut erhaltene Altstadt und dass es auf wenig Raum viel zu sehen gibt - anders als in den meisten Städten, die er kennt. "Ihr solltet Bamberg in den USA besser bewerben", rät er. Das bringt "Money".

Einige vom Tourismus müde Bamberger würden ihm wohl widersprechen. Und viel "Money" lassen die Kreuzfahrer wegen der guten Versorgung auf dem Schiff auch nicht in der Stadt. Ein Shampoo, eine Flasche Wein, ein Paar Bratwürste, einen Kaffee oder ein Bier - viel mehr kauft keiner während der Stunde Freizeit nach der eineinhalbstündigen Führung.

Auf dieser wird viel über Bier gesprochen, aber keines getrunken. Die vier Bamberger Stadtführer holen ihre Gäste bereits um 8.30 Uhr im Hafen ab. Es gibt drei Standard-Touren und eine für "Gentle Walkers", also Besucher, die nicht mehr so gut zu Fuß sind. Die meisten Kreuzfahrer sind über 70 Jahre alt. Und interessiert. Den Empfänger um den Hals, lauschen sie konzentriert den Erläuterungen der Guides über ihre Kopfhörer. Die Kameras liegen auslösebereit in der Hand, aus den offenen Mündern hört man immer wieder Ausrufe der Entzückung. Klein-Venedig: "lovely". Domplatz: "wow". Rosengarten: "beautiful". Altes Rathaus: "the cutest building I ever saw".

Viele von ihnen, wie Nathan aus Australien, sind zum ersten Mal in Europa. Mit 44 Jahren gehört er zu den jüngeren Reisenden. Seine Eltern sind dieselbe Route bereits zwei Mal mitgefahren und haben sie nun für Nathan und seine Frau gebucht. "Man sieht viel, ich liebe den Fluss und die entspannte Geschwindigkeit."

Die Bamberg-Tour

Entspannt sind auch die Bamberg-Touren, die an der Konzerthalle starten, wo die Busse parken. Mit Blick auf das Kloster Michelsberg spricht einer der Gästeführer, Friedrich Hager, vom "Fränkischen Rom" und dem großen Einfluss der katholischen Kirche auf die Geschichte der Stadt. Auf der Brücke bittet er die Gäste, Platz für Radfahrer zu lassen. Sie halten sich daran, und wie zum Dank ruft eine vorbeiradelnde Frau wenig später am Leinritt "Welcome to Bamberg". Mehrere langgezogene "Thank-You-Rufe" schallen ihr hinterher. "Die Leute hier sind so nett", meint die 71 Jahre alte Ann aus Neuseeland.

Nach Klein-Venedig erklärt Gästeführer Hager den Touristen anhand eines Schilds das Fischerstechen, bevor es in die zu dieser Zeit sehr ruhige Sandstraße geht. Ein paar Worte zum Rauchbier ("schmeckt wie flüssiger Räucherschinken") und zur Bierstadt Bamberg ("65 Brauereien innerhalb der Stadt im 19. Jahrhundert") dürfen nicht fehlen, dann geht es über den Katzenberg zum Domplatz.

Im Tumult zwischen mindestens acht Touristengruppen und dem Lieferverkehr spricht Hager über das Kaiserpaar Heinrich und Kunigunde, dann über Lothar Franz von Schönborn und dessen voluminösen Umfang - was Körper wie Architektur-Projekte angeht. Immer wieder fragen die Teilnehmer bei Hager nach. "Er hat ein großes Wissen und einen guten Sinn für Humor", freut sich der 74-jährige Whiro Ratahi aus Neuseeland.

So erzählt Hager den Gästen am Alten Rathaus etwa, dass das herausragende Bein von einem betrunkenen Steinmetz sei, der während der Bauarbeiten einschlief. Und vor dem Dom fragt er, ob die Kreuzfahrer hineingehen wollen oder schon "churched out", also der vielen Kirchen überdrüssig sind. Schließlich waren sie bereits in Budapest, Bratislava, Wien, Dürnstein, Passau, Regensburg und Nürnberg. Dennoch gehen alle hinein. "Wir haben viele Kirchen gesehen, aber die sind alle wunderschön", erklärt Matthew aus Kanada. Der 22-Jährige ist der mit Abstand jüngste Kreuzfahrer, er begleitet seine Oma. Alle Altersklassen eint, dass sie viele Länder Mitteleuropas in einer Tour kennenlernen wollen.

Dem Anfang 60-jährigen Ehepaar Jeff und Joan aus St. Louis, Missouri, geht es allerdings trotz gemächlichen Reisetempos zu schnell. Sie wollen, wenn sie in sechs Tagen in Amsterdam ankommen, mit dem Zug zurückreisen und sich in einigen Städten mehr Zeit lassen - unter anderem in Bamberg. Dort will Jeff sich dann auch ein Rauchbier genehmigen. Er ist einer der Wenigen, die ihre Freizeit nach der Tour nutzen, die Bierstadt auch schmecken zu lernen. An den Namen des hellen Bieres kann er sich nicht erinnern. Nur, dass es "great" war.

Ebenso schwärmt Jeff vom Ausblick über die Altstadt vom Rosengarten aus. Und von den drei Erklärungen des Reiseführers Hager, warum Bamberg während des Zweiten Weltkriegs weitgehend von Bomben-Zerstörung verschont blieb. Die heilige Kunigunde habe ihren Schleier geworfen und den Bombern die Sicht genommen (katholische Variante), die Qualität des Bamberger Bieres habe die Alliierten dazu bewogen (Legende), die Stadt war einfach zu unbedeutend (realistische Variante).

Geschichte Bambergs und Europas

"Alle sind fasziniert von der europäischen Geschichte", freut sich Reiseführer Hager über das rege Interesse. Der Neuseeländer Ratahi findet sie aber auch sehr traurig. Vor allem die Führung durch Nürnberg hat ihn bewegt. "So viel wurde zerstört, es gab so viel Leid - aber die Leute haben alles wieder aufgebaut", sagt er. "Vielleicht laufen in 100 Jahren Touristen durch Syrien, so wie wir jetzt hier."

Immer wieder fragen die Kreuzfahrer nach der Zeit des Nationalsozialismus. Ob Verwandte im Krieg gekämpft haben, ob und wie darüber in der Familie gesprochen wird und wie Adolf Hitler und der Faschismus heutzutage in Deutschland wahrgenommen werden. Fragen, die man sich unter Deutschen selten stellt.

Nach der Führung wieder an Board stellt sich die Frage, wo zwei Gäste aus Neuseeland abgeblieben sind. Als die Busse von der Konzerthalle Richtung Eltmann losfuhren, wo die Tranquility ablegt, schienen noch alle beisammen. Reiseleiter Hendrik Dadema diskutiert mit dem Kapitän, der gleichzeitig die anstehende Schleusung über fünf Bildschirme und ein tellergroßes Steuerrad koordiniert. Das Problem: Schleusenarbeiten stehen an. Jetzt zu warten, würde die Reise um drei Stunden verzögern. "Zeil am Main in ein paar Stunden wäre möglich", sagt der Kapitän. Dadema lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. "Ich kann jetzt eh nichts ändern", erklärt er. Er kenne die Beiden, sie seien klug, würden sich bei ihm melden. "Wir fahren los und warten in Zeil."

Vor 15 Jahren von Bustouren auf Flusskreuzfahrten umgestiegen zu sein, "war die beste Entscheidung meines Lebens", sagt Dadema beim Mittagessen. Der 61 Jahre alte Holländer hat eigentlich Maschinenbau studiert und in Saudi Arabien gearbeitet. "Die Frauen waren alle verschleiert. Da wird einem als junger Mann schnell langweilig. Ich habe dann illegal Schnaps gebrannt", erzählt er. Das ist irgendwann aufgeflogen, von jetzt auf gleich musste er das Land verlassen und war seinen Job los. "Und jetzt arbeite ich, wo andere Urlaub machen", freut sich Dadema.

Auch er schätzt Bamberg, viele Gäste würden die Welterbestadt als "Geheimtipp" einstufen, "aber der Name ist zu unbekannt, das verkauft sich nicht". Würde etwa Nürnberg wegfallen und stattdessen Bamberg beworben, würden die Verkäufe zurückgehen. Ähnliches passierte einmal, als die Reederei wegen Überfüllung auf Köln verzichtet und stattdessen Düsseldorf angefahren hat. "Auch eine schöne, interessante Stadt, aber die Ticketverkäufe gingen um 50 Prozent runter." Insgesamt könne sich die Reederei Avalon nicht beschweren. Die Tranquility ist zu etwa 80 Prozent ausgebucht - trotz Nebensaison. Zwar gibt es viel Konkurrenz auf dem Main - alleine an diesem Morgen legen im Bamberger Hafen sechs Boote an, drei warten - "aber die Angebote unterscheiden sich stark, für jeden ist etwas dabei", meint Dadema.

Gefeiert wird auf dem Schiff

Auf der Tranquility gibt es auch einen kleinen Fitnessraum. Ein Gast trainiert am Nachmittag auf dem Laufband, deutlich mehr Gäste trinken an der Bar. So wie der Mitte 60-jährige Kanadier Mike. Der hohe Anteil an kanadischen Besuchern liege an der massiven Bewerbung von Flusskreuzfahrten im dortigen Fernsehen, schätzt er. Er hätte gerne ein Rauchbier probiert, sagt er bei einem Veltins. Obwohl einige seiner alten Eishockey-Kollegen bei deutschen Vereinen spielten, hatte auch er noch nie von Bamberg gehört. Mike greift immer wieder in seine Hosentasche und verteilt Kanada-Anstecker an seine Gesprächspartner.

Nach dem Abendessen (vier Gänge, unter anderem Hummer-Suppe und geröstetes Lammfleisch aus Neuseeland) spielt der serbische Musiker "Miro" E-Gitarre zu Rock-Klassikern. Mike und seine Ehefrau Roselin schwingen zu Chubby Checkers "Let's Twist Again" das Tanzbein. Immer mehr Kreuzfahrer kommen hinzu. Auch die Jüngeren.

Dass sie die Nacht nicht in Bamberger Kneipen sondern auf dem Schiff verbringen, stört die 39-jährige Joselin aus Kanada nicht. "Wir machen hier unsere eigene Party", sagt sie. Bis die Letzten im Bett landen, dessen Weichheitsgrad in vier Stufen einstellbar ist, wird es 2 Uhr nachts. Die Tranquility liegt zu dieser Zeit bereits im Würzburger Hafen. Nur noch wenige Stunden bis zum Frühstück, um 9.30 Uhr steht die nächste Stadtführung an.

Auch das neuseeländische Ehepaar, das in Bamberg verloren ging, wird dabei sein. Es hatte die Polizei verständigt, die dann über den Hafen den Kapitän. Ein Taxi brachte die Besucher am Nachmittag nach Zeil. Nach dem Weg zum Bus gefragt, habe sie ein Bamberger in die falsche Richtung geschickt. Ob sie wiederkommen wollen, könnten sie noch nicht beantworten.