Schaden an Oberleitung bei Vach: Bahn entschuldigt sich
Autor: Gertrud Glössner-Möschk
Hirschaid, Mittwoch, 07. Dezember 2016
Am Samstag war die Bahnstrecke zwischen Bamberg und Nürnberg mehrere Stunden gesperrt. Betroffene standen lange in der Kälte.
Viele Bahnfahrer, die am Samstag über Stunden unfreiwillig in klirrender Kälte ausharrten, weil sie nach einem Oberleitungsschaden ihre Züge am Haltepunkt Hirschaid verlassen mussten, haben den Schrecken noch buchstäblich in den Knochen. Wie berichtet, hatte ein Kran in der Nähe des Bahnhofs Erlangen die Oberleitung beschädigt. Von 13.07 bis 20.05 Uhr fielen rund 50 Züge aus oder wurden umgeleitet.
DLRG half mit Suppe und Tee
Die für die Fahrgäste an sich schon sehr unangenehme Situation wusste die Bahn noch um ein Vielfaches zu verschlimmern. Anstatt sie auf dem (warmen) Bamberger Bahnhof zurückzulassen, ließ man sie bis Hirschaid durchfahren, wo im Verlauf der sieben Stunden fast 2000 Fahrgäste "strandeten". Anders als in Bamberg gibt es in Hirschaid aber keine warme Bahnhofshalle und keine Toiletten mehr, sondern nur einen zugigen "Haltepunkt" ohne jegliche Infrastruktur. Der versprochene "Schienenersatzverkehr" in Form von Bussen war nach Angaben von Betroffenen alles andere als ausreichend. 37 Helfer der DLRG Hirschaid linderten mit heißem Tee und Suppe die größte Not der frierenden Menschen.
Was ist nun in der Zwischenzeit passiert? Am Dienstag war in den Nürnberger Nachrichten zu lesen gewesen, dass sich die Deutsche Bahn AG bei den Fahrgästen entschuldige - für die fast identischen Vorgänge in Vach bei Fürth. In Bamberg aber tat sie das nicht. So hat inFranken.de am Mittwoch bei der Pressestelle der Bahn in München um aktuelle Auskünfte gebeten. Immerhin: Auf unsere Anfrage (aber auch erst darauf) zeigt man so etwas wie Reue. "Selbstverständlich ist es so, dass wir uns bei den betroffenen Reisenden entschuldigen." Im nächsten Satz wies der Bahnsprecher auf die so genannten Fahrgastrechte hin, in deren Rahmen betroffene Bahnfahrer möglicherweise Anspruch auf Entschädigung haben. "Zusätzlich prüfen wir auch jene Ausgaben, die im Rahmen von selbst georderten Taxen entstanden sind. Die betroffenen Fahrgäste können sich unter der Adresse kundendialog.bayern@deutschebahn.commelden. Jeder Einzelfall wird geprüft."Weiter räumt die Bahn den Fehler ein, die S-Bahn bis Vach habe fahren zu lassen. "Sollte es noch ein Mal zu einer solchen Störung kommen, würden die Fahrgäste bis Fürth geleitet. Dort gibt es bessere Möglichkeiten, die Weiterfahrt zu organisieren beziehungsweise ein Bahnhofsgebäude zum Aufenthalt der Fahrgäste." Die Lokalredaktion nimmt zugunsten der Bahn an, dass analog zum betroffenen Vach bei Fürth im Süden auch der im Norden betroffene Haltepunkt Hirschaid gemeint sein könnte, auch wenn das in der Mail nicht eigens erwähnt wurde.
Die selbstlosen Helfer der DLRG Hirschaid und Forchheim übrigens, die für Hunderte von Fahrgästen zu Rettern in der Not wurden, haben von der Bahn noch kein Dankeschön bekommen, wie Vorsitzender Horst Auer gestern auf unsere Anfrage mitteilte. Den letzten Kontakt habe es am Samstag gegeben, als ein Vertreter der Bahn mitteilte, die DLRG möge eine Rechnung zur Erstattung der Kosten schicken.
Die Dramatik des Geschehens, das für geschwächte Menschen schlimme Folgen hätte haben können, beschrieb gestern der Bamberger Christian Cartus in einem Brief an die Redaktion, um der Verharmlosung durch die Bahn entgegen zu treten. Cartus war am Samstag in Vach hängen geblieben: "Als Pendler auf der Strecke erlebte man ja in den letzten Jahren viele Unannehmlichkeiten und schluckt diese in der Regel. Allerdings das, was ich am vergangenen Samstag in Vach erleben durfte, hat vieles schon Erlebte in den Schatten gestellt. Es war ja nicht der erste Oberleitungsschaden in diesem Jahr. Sicher, dafür kann die Bahn nichts, dennoch fragt man sich als Laie, warum es immer wieder zu solchen Zwischenfällen kommen muss . . .
Als Pendler keine Alternative
Ich bin kurz nach 19 Uhr in Vach gestrandet und musste dort ein derartiges Missmanagement der Notfallversorgung erleben, bei minus 4 Grad! Wäre alles zu entschuldigen gewesen, aber der Zwischenfall auf der Strecke lag ja bereits einige Stunden zurück und in Vach war ein heilloses Durcheinander zu erleben. Auch hier wurde (wie in Hirschaid, d. Red.) Pyrotechnik von randalierenden Fussballfans geworfen.
Warum wurden nicht schon viele Reisende gleich von Nürnberg direkt nach Bamberg mit den Bussen gefahren, statt sie wieder in der Kälte von Hirschaid auszusetzen? Letztlich haben viele Reisende versucht, sich selber zu helfen. Wären nicht all die privaten Taxis und Familienangehörige - teils über weite Strecken - unterwegs gewesen, wäre die Situation sicher nicht mehr zu kontrollieren gewesen. Ich kann verstehen, dass ein solcher Zwischenfall die Bahn enorm herausfordert. Aber als Betroffener kann man hier nur noch laut fluchen. Das nimmt enorm das Vertrauen in die Bahn - nur blöd, dass man als Pendler keine Alternative und keine Möglichkeit der Beschwerde hat." Soweit Christian Cartus.