Nach Sandkerwa-Aus: Sicherheit und Bürokratie - Belastung für viele Feste in Franken
Autor: Günter Flegel
Bamberg, Freitag, 26. Mai 2017
Großveranstaltungen sind für die Organisatoren immer ein enormes Risiko - nicht zuletzt auch finanziell.
Die Aufregung um die Sandkerwa in Bamberg hat den Blick auf einen Aspekt der großen Feste in Franken gelenkt, der für die Besucher meist im Verborgenen bleibt: Der Aufwand, der betrieben werden muss, um einigen zehn- oder sogar hunderttausend Besuchern ein unbeschwertes Vergnügen zu ermöglichen, ist enorm.
Nicht erst die Terroranschläge der letzten Zeit - auch in Franken - haben den Fokus der Fest-Veranstalter auf den Sicherheitsaspekt gelenkt, einen von vielen, der aus einer Großveranstaltung, ganz egal, wer hinter ihr steht, einen Kraftakt macht. Schon nach dem Unglück bei der Loveparade in Duisburg 2010 wurden bundesweit die Sicherheitskonzepte bei Konzerten, Fußballspielen und anderen Großereignissen auf den Prüfstand gestellt.
Das gilt viel mehr noch bei nicht "genormten" Veranstaltungsorten. Eine Altstadt wie in Bamberg oder auch beim (viel kleineren) Weinfest in Zeil am Main ist für Sicherheitsexperten eine Herausforderung. Um die Logistik zu optimieren, haben mehrere Unternehmen der Sicherheitsbranche unter anderem zusammen mit der Technischen Universität München und der Bayerischen Polizei das Forschungsprojekt "Multikosi" initiiert.
Sicherheit kostet Geld
"Die Wechselwirkungen Sicherheit, Offenheit und Wirtschaftlichkeit standen im Mittelpunkt. Mit dem umfassenden Ansatz sind neue Methoden zur Planung von Veranstaltungen entstanden, die einen reibungslosen Ablauf mit einer hohen Besucherzufriedenheit ermöglichen", schreibt das Bundesforschungsministerium, das die Studie mit 3,3 Millionen Euro gefördert hat.Nicht nur daraus folgt: Mehr Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif. Eine der Konsequenzen aus Projekten wie "Multikosi" könnte sein, dass die Besucherzahlen bei heiklen Veranstaltungen gedeckelt werden müssen - und sei es auch nur durch die "abschreckende" Wirkung von Eintrittspreisen in Verbindung mit Zugangskontrollen. So manches Fest würde so (noch) sicherer werden, aber wohl auch ein Stück weit seinen Charakter verlieren.
Beim Oktoberfest in München, dem größten Volksfest der Welt, wurden 2016 rund vier Millionen Euro mehr ausgegeben, um die Wies'n sicherer zu machen. Zäune und mehr Personal - zu Spitzenzeiten waren neben der Polizei bis zu 450 Ordner auf der Theresienwiese im Einsatz - garantierten das Festvergnügen. Das wird wohl auch heuer nicht allzu sehr dadurch getrübt, dass die Stadt die Standgebühren für die Wirte und Schausteller um 20 Prozent erhöht, um die Mehrkosten zu finanzieren. Die refinanzieren sich über den Bierpreis, und der ist ohnehin jedes Jahr ein Aufreger-Thema ...
Die Kulisse ist unbezahlbar
Nicht nur über den Bierpreis muss man sich in Franken nicht aufregen, auch wenn das günstigste der großen fränkischen Bierfeste in Franken, die Bamberger Sandkerwa, nach der Absage dieses Jahr entfällt.Abgesehen von diesem Superlativ, der jedes Jahr im August 300 000 Besucher nach Bamberg lockt, ist die Sandkerwa exemplarisch für viele große und auch ganz große Feste in Franken, die zu einem guten Teil von ehrenamtlichen Helfern gestemmt werden müssen.
An die Grenzen dessen, was ehrenamtlich noch gestemmt werden kann, stoßen auch die beiden großen Weinfeste im Verbreitungsgebiet dieser Zeitung, das Altmain-Weinfest in Sand am Main und das Altstadt-Weinfest im benachbarten Zeil, Landkreis Haßberge. Die beiden Feste mit 20 000 bis 30 000 Besuchern werden von den örtlichen Vereinen auf die Beine gestellt, die zur Abwicklung des Großereignisses eigene Organisationskomitees gegründet haben. Der Geschäftsführer des Weinfest-Förderkreises in Zeil ist ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung.
Kaum zu vergleichen
In solchen Details zeigt sich, dass sich Äpfel und Birnen leichter vergleichen lassen als die fränkischen Feste. Das Annafest in Forchheim und die Bergkirchweih in Erlangen, die mit 500 000 und 1,3 Millionen Besuchern zu den ganz großen Freiluftspektakeln in Bayern gehören, werden jeweils von der Stadt ausgerichtet. Das nach dem Oktoberfest in München größte bayerische Volksfest in Nürnberg (im Frühling und im Herbst) mit bis zu 1,5 Millionen Besuchern läuft unter der Regie des "Süddeutschen Verbandes der reisender Schausteller und Handelsleute". Hinter der Kulmbacher Bierwoche steht die Kulmbacher Brauerei, die dafür sorgt, dass keiner der 120 000 Besucher den Festplatz durstig oder hungrig verlässt. Die Stadt steuert zu dem Ereignis mit seiner enormen Werbewirkung einen "hohen fünfstelligen Betrag" bei, heißt es aus dem Rathaus.
Mehr als doppelt so viele Besucher zieht das traditionsreiche Freischießen in das benachbarte Kronach, das von der Schützengesellschaft ehrenamtlich über die Bühne gebracht wird. Bei den meisten fränkischen Events leisten die Kommunen finanzielle Beiträge und/oder Unterstützung durch Arbeitskraft (Bauhof) und Naturalien.
Samba und Afrika
Ein kommerzieller Veranstalter steht hinter dem Sambafestival in Coburg. Die Sambuco GmbH holt jedes Jahr flotte Rhythmen und attraktive Tänzerinnen und Tänzer an den Fuß des Veste, die 200 000 Besucher in südamerikanische Stimmung versetzen. Für das Samba-Vergnügen wird ebenso Eintritt verlangt wie für das Afrika-Festival in Würzburg, das jedes Jahr 100 000 Besucher auf die Mainwiesen lockt. Ein Vergleich ist allerdings auch da schwierig: Die Tageskarte beim Samba-Festival kostet zwischen 19 und 22 Euro, auf den afrikanischen Basar in Würzburg kommt man schon für acht Euro. Wer allerdings wie in Coburg Musik erleben will, muss für die Abendkonzerte zwischen 34 und 40 Euro zahlen oder alternativ eine Dauerkarte für 109 Euro kaufen.
Veranstalter der afrikanischen Tage und Nächte in Würzburg ist das Afro-Project, eine gemeinnützige Treuhandstiftung, die Zuschüsse von der Stadt (40 000 Euro) und vom Freistaat Bayern (in wechselnder Höhe) erhält.