Am ZOB in Bamberg herrscht wieder Alltag

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Am Sonntagnachmittag ist längst wieder Alltag am ZOB eingekehrt. Foto: Michael Memmel
Am Sonntagnachmittag ist längst wieder Alltag am ZOB eingekehrt. Foto: Michael Memmel

Zwei Tage nachdem Sprengsätze in einem Bus befürchtet wurden, erinnert nichts mehr an den Vorfall. Aber die Ermittlungen gehen weiter. (Mit Kommentar)

Die Sonne ins Gesicht scheinen lassen, die würzige Frühlingsluft tief einatmen und gelegentlich zur Anzeigentafel schauen: Am Sonntag kurz vor 16 Uhr sitzt rund ein Dutzend Menschen auf den Rundbänken am Zentralen Omnibus-Bahnhof (ZOB) mitten im Herzen von Bamberg und tut im wesentlichen das, was Menschen dort eben tun: in Ruhe warten auf den Bus. In diesem Fall auf eine spezielle Linie, die Nr. 902, die in den Bamberger Osten fährt.

Vor gut zwei Tagen waren alle Personen aus diesem Bereich komplett verbannt worden, weil ein Senegalese "Ihr werdet alle sterben!" und "Alluah Akbar!" gebrüllt hatte. Zwischenzeitlich alarmierte Polizisten nahmen den Asylbewerber dort widerstandlos fest. Ein Spezialteam des Landeskriminalamts rückte an, um die zwei Rucksäcke des Mannes, die in einem Bus dieser Linie lagen, zu prüfen. Nicht vorstellbar, wenn die Befürchtungen, es könnten darin Sprengsätze versteckt sein, sich als wahr herausgestellt hätten. Sie erfüllten sich jedoch nicht. Nur "Alltagsgegenstände" füllten die Gepäckstücke. Die Polizei gab Entwarnung, die Menschen und die Normalität an diesem Ort kehrten zurück.

Am Sonntagnachmittag erinnert am ZOB nichts mehr an diesen Vorfall. Als der Bus der Linie 902 eintrifft, steigen ein paar Fahrgäste aus und mehrere klettern gedankenverloren hinein, die Fahrer wechseln und plaudern kurz miteinander. Alltag im öffentlichen Personennahverkehr.


Kein islamistischer Hintergrund

Alltag auch wieder bei der oberfränkischen Polizei. Für sie steht derzeit eindeutig fest: Ein islamistischer Hintergrund ist bei dem Täter auszuschließen. Jürgen Stadter vom Polizeipräsidium Oberfranken erklärt auch warum: "Sicher macht uns bei dieser Einschätzung, dass wir bei dem 30-jährigen Mann keine Hinweise auf eine entsprechende Motivation gefunden haben. Außerdem befand er sich in einem Zustand, der auf eine psychische Krankheit hindeutet." Offenbar lassen Verhaltensweisen nach der Festnahme nur diesen Schluss zu.

Noch am späten Freitagnachmittag war der Beschuldige dem Ermittlungsrichter vorgeführt worden. Statt eines Haftbefehls erließ der Richter auf Grund der akuten psychischen Erkrankung des Mannes einen Unterbringungsbefehl. Somit wurde der 30-Jährige umgehend in die geschlossene Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses eingewiesen. "Dies passiert immer dann, wenn ein Täter nicht voll schuldfähig ist", erläutert Stadter diese Maßnahme.


Gutachten muss entscheiden

Wie geht es nun weiter? Zum einen würden Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft weiter ermitteln - wegen der Störung des öffentlichen Friedens durch die Androhung von Straftaten und wegen Bedrohung. Ob, wann und in welchen Punkten letztlich Anklage gegen den Senegalesen erhoben werde, hänge jedoch davon ab, wie sich sein Zustand entwickelt und ob er generell als schuldfähig eingeschätzt wird. Stadter geht davon aus, dass die Staatsanwaltschaft zur Bewertung ein detailliertes Gutachten erstellen lassen wird.

Der Polizeisprecher bestätigte auf Nachfrage auch, dass die Polizei in der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken (AEO) in Bamberg-Ost schon am Freitag umfangreich ermittelt hätte. Dort wohnte zuletzt auch der Beschuldigte als einer von 1430 Flüchtlingen (Stand 17. März). "Die Untersuchungen dort stehen im Zusammenhang mit den Ermittlungen zum ZOB-Vorfall", sagte Stadter, wollte allerdings dazu keine näheren Informationen geben. Festnahmen in der AEO habe es jedenfalls nicht gegeben, auch wenn Beobachter vor Ort davon berichten, dass ein Mann mit Handschellen fixiert und ein Koffer sichergestellt worden sei. Die Polizei geht inzwischen davon aus, dass der Senegalese allein gehandelt hat.

Ursula Sowa, Mitglied im städtischen AEO-Ombudsteam, hat die Polizeiaktion in der Unterkunft selbst mitbekommen. Sie lobt, dass die Beamten schnell das Nötige getan haben, kritisiert aber, dass die Kommunikation vor Ort zu wünschen übrig gelassen habe. So habe ein Polizist darauf verwiesen, am nächsten Tag in der Zeitung alles Wissenswerte nachlesen zu können.

Hinsichtlich der geplanten Vergrößerung der AEO auf 3400 Asylbewerber möchte die GAL-Stadträtin der zuständigen Ministerin Emilia Müller (CSU) nur eins sagen: "Bitte nicht! Die Situation ist jetzt schon sehr schwierig."


Kommentar von Michael Memmel:
Die gute Nachricht: Die Bamberger fühlen sich sicher

Im vergangenen Jahr kam der Terror in Deutschland, ja Bayern an. Würzburg, München und Ansbach sind seitdem auch Synonyme für radikale Angriffe auf unsere Freiheit und eine neue Ohnmacht des Staates. Am Freitag sah es für einige bange Minuten so aus, als müsste sich auch Bamberg unter diese Städte einreihen, als ein Senegalese "Ihr werdet alle sterben" und "Alluah Akbar" schrie.

Zum Glück erwies sich die Drohung als Hirngespinst eines wohl psychisch kranken Mannes. Die Spezialisten fanden statt Bomben nur "Alltagsgegenstände" in seinen Rucksäcken. War die Evakuierung des Platzes überhaupt nötig? Haben die Sicherheitskräfte überzogen reagiert? Solche Fragen verbieten sich für jeden, der sich die Geschehnisse aus dem vergangenen Juli in Erinnerung ruft: den Axt-Angriff im Zug, den Amoklauf im Olympia-Zentrum und den Selbstmordanschlag vor einem Konzertgelände.

Haben die Bamberger das alles schon wieder vergessen? Der Schluss liegt nahe. Nachdem der ZOB geräumt war, drängten am Freitag viele Menschen an die Absperrbänder, um diesen Bus zu sehen, in dem die beiden ominösen Gepäckstücke auf das "Bombenkommando" warteten. Auf Facebook ziehen Leute die Sicherheitsmaßnahmen ins Lächerliche und bieten sich großspurig an, die Rucksäcke selbst zu öffnen. Dass wirklich eine Katastrophe drohen könnte, liegt für sie jenseits jeder Wahrscheinlichkeit. Augen-zu-Sicherheit: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Es lässt sich auch positiv formulieren: Der Terror mag in unserem Land angekommen sein, aber die Terrorgefahr wirft den Franken nicht aus der Bahn.