Bildhauer Adelbert Heil arbeitet neuerdings in Gesellschaft der Sphinx-Figuren. Noch ist nicht alles perfekt in seinem neuen Atelier in Bamberg.
Es gibt kein fließendes Wasser und auch sonst keinen Komfort. Trotzdem ist Bildhauer Adelbert Heil glücklich über sein neues Atelier. Es steht mitten im Hain und jedes Bamberger Kind kennt das Gebäude: Es ist der Musikpavillon auf der Wiese beim Tennisclub, Postanschrift Mühlwörth 19a.
Vor wenigen Wochen bezog der Bamberger Künstler das fast 100 Jahre alte Bauwerk. Unten hat er sich eine winzige Werkstatt eingerichtet, oben - erreichbar über eine recht steile Holztreppe - stehen ihm zusätzlich zwei kleine Lagerräume zur Verfügung. In einem davon befindet sich noch eine große Eckbank - Überbleibsel aus der Zeit, als sich dort der Aufenthalts- und Brotzeitraum der Hain-Gärtner befand. Das ist schon lange her. Seit den 1970er Jahren stand das Einzeldenkmal mehr oder weniger leer, wurde nur noch als Lager für Bänke und Stühle genützt. Vor und nach dem Krieg war der Musikpavillon bewohnt.
Dass mit dem Bildhauer wieder Leben in das Bauwerk einkehrt, ist aus Sicht der Stadt Bamberg als Vermieterin nur gut. Vielleicht lasse dann der Vandalismus nach, meint Pressesprecherin Ulrike Siebenhaar. Durch Müll, Urin, Graffitis und sogar Lagerfeuer in der Musikmuschel sind in der Vergangenheit immer wieder erhebliche Schäden entstanden.
Noch hat sich nicht herum gesprochen, dass das Haus wieder belebt ist. Was Heil mit manchen Besuchern so erlebt, veranlasst ihn zu einer Aussage, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt: Die Leute seien wohl "inkontinent und auch sonst nicht ganz dicht". Das Urteil erlaubt er sich, weil er sieht, wie respektlos viele mit dem architektonischen Kleinod im Hain umgehen.
Sphinx-Figuren restauriert
Er schätzt das Bauwerk sehr, kennt es auch schon länger von innen, weil er vor Jahren die beiden Sphinx-Figuren restauriert hat. Für die Dauer dieses Auftrags lagerte er sein Material im Pavillon. "Ich fand das Gebäude toll", erinnert sich der Bildhauer. Und, dass er damals sogar einige befreundete Schriftsteller ansprach, weil er sich das Kleinod so gut als "Dichterklause" vorstellen konnte. Selbst einzuziehen zog er da nicht in Erwägung.
Das änderte sich, als seine Monate lange Suche nach neuen Werkstatträumen erfolglos blieb. 17 Jahre lang hatte er in der Pfeuferstraße den idealen Standort. 2012 erfuhr er, dass er - ebenso wie eine Künstler-Kollegin - das Haus verlassen muss: Es stand auf potenziellem Bauland, das die Stadt bereits veräußer hat. Auch das Gebäude ist inzwischen abgerissen.
Bis zuletzt hielt Heil aus, weil sich keine Alternative finden ließ. 40 bis 60 Quadratmeter, zentral gelegen, möglichst ebenerdig, mit Freifläche und ruhig gelegen - das wünschte er sich für die neue Werkstatt.
Gut, ebenerdig ist sie nun nicht. Im Gegenteil: Die Lagerfläche oben fordert ihm allerhand Schlepperei ab. Aber die Freude an der besonderen Lage im Hain und dem Charme einer "Klause" scheinen für ihn diesen Nachteil aufzuwiegen. Er berichtet von schönen zufälligen Begegnungen, die er schon hatte. Dienstags kämen immer junge Leute, um miteinander Musik zu machen. Schulklassen waren schon da. Nicht zu vergessen die Freiwillige Feuerwehr, die am Pavillon eine Übung durchführte und mit Wasserdruck den gröbsten Schmutz wegspülte, der sich in der Musikmuschel angesammelt hatte. Einigen Schmuddelecken würde Heil gern selbst noch zu Leibe rücken. Weshalb er auf einen baldigen Wasseranschluss hofft.
Wo verläuft die alte Leitung?
Dass es ihn einmal gab, belegen unverputzte Rohrleitungen und ein vorhandenes WC. Man hat den Anschluss wohl still gelegt, nachdem die Räume nicht mehr genutzt wurden. Wo die alte Leitung verläuft, scheint jedoch niemand mehr zu wissen - weder bei den Stadtwerken noch im Gartenamt, wo der Bildhauer nachgefragt hat. Die Stadt ist laut Ulrike Siebenhaar aber bemüht, Wasser- und Kanalanschluss schnellstmöglichst wiederherzustellen.
Vorerst behilft sich der Mieter, indem er sein Trinkwasser in Flaschen mitbringt. Für die WC-Spülung steht eine Gießkanne bereit...
Zurück zur Suche nach einer neuen Werkstatt. Als der Tag nahte, an dem er das Atelier in der Pfeuferstraße endgültig räumen musste, war er "erst sehr ratlos". Auf einmal sei ihm die Idee gekommen, dass er im Musikpavillon wenigstens seine Sachen zwischenlagern könnte. Die zuständigen Leute im Rathaus - von Immobilienmanagement und Gartenamt - fanden den Gedanken gut und so muss die Idee gereift sein, Heil als Dauermieter zu nehmen. Sogar "genial" sei diese Lösung, findet Siebenhaar: "Neben der Sozialkontrolle ist es natürlich vor allem die Freude, einem örtlichen Künstler eine solche tolle Bleibe zu verschaffen."
Investiert hat die Kommune (noch) nichts. Entsprechend günstig ist die Miete im unbefristeten Vertrag: 20 Euro, quasi der Stromverbrauch. Dafür richtet Heil selbst her, was nötig ist. Dem Künstler und Handwerker kommt diese pragmatische Lösung sehr entgegen.