Wildunfälle im Landkreis Bad Kissingen nehmen weiter zu

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Symbolfoto: Carmen Schmitt
Symbolfoto: Carmen Schmitt

Die Wildunfälle im Landkreis Bad Kissingen nehmen seit Jahren zu. Wer im Wald rast, riskiert eine wilde Überraschung.

Dr. Helmut Fischer rückt fast jede Woche aus. Meistens klingelt das Telefon des Jägers und Tierarztes nachts oder wenn es dämmert. Wildunfall. Schon wieder. Jeder vierte Unfall, der im Landkreis Bad Kissingen passiert, ist inzwischen ein Wildunfall.

"Das Verkehrsaufkommen nimmt von Jahr zu Jahr zu", sagt der 54-Jährige. Er ist Vorsitzender des Jägervereins Bad Kissingen. Mehr Wild als noch vor zehn Jahren gebe es im Wald heute nicht, meint er.
Am häufigsten habe es im vergangenen Jahr Reh-, Rot- und Damwild erwischt. 262 Mal waren solche Tiere in Unfälle im Altlandkreis Bad Kissingen verwickelt. "Ob tot oder lebendig - das Tier muss versorgt werden", sagt Alfons Geisel von der Polizeiinspektion Bad Kissingen.

Auf seinem Schreibtisch landen die Unfallberichte. Auch er registriert die Zunahme der Wildunfälle. Auf einigen Straßen sei besonders viel los: "Vermehrt auf der Strecke von Garitz nach Oberthulba und auf der Kreisstraße KG 8 von Reiterswiesen in Richtung Schwarze Pfütze." Für den Beamten gibt es dafür eine einfache Erklärung. "Es wird immer flotter gefahren." Außerdem beachten viele die Verkehrsschilder nicht, meint Alfons Geisel. "Im Wald brauche ich die Schilder normalerweise gar nicht." Jeder sollte eigentlich wissen, dass dort die Gefahr am höchsten ist, seine Geschwindigkeit anpassen und "bremsbereit fahren". Hat es dann doch gekracht, gelte es, die Unfallstelle abzusichern. Wichtig: Das Tier muss weg von der Fahrbahn, mahnt der Polizist.

Aufmerksam Ränder beobachten

Bei Julian Müller aus Oberzell hat es vor ein paar Wochen gescheppert. An dem Abend war er Beifahrer und gegen 19 Uhr mit seinem Auto unterwegs von Schondra in Richtung Schildeck. Plötzlich lief ein Reh von rechts auf die Fahrbahn, erzählt der Bankkaufmann. "Da gab es keine Chance mehr." Ergebnis des Zusammenstoßes: Ein Schreck und ein Schaden von rund 3000 Euro.

Fahrlehrer Rainer Mützel kann seine Schüler nur bedingt auf solche Situationen vorbereiten, erzählt er. "Ich kann theoretisches Wissen vermitteln, aber in der Praxis sieht es dann oft anders aus. Vor allem bei Fahranfängern." Er warnt sie, auf Strecken im Wald nur 80 Kilometer pro Stunde zu fahren, statt 100. Während der Nachtfahrten weist er darauf hin: "Immer die Ränder beobachten. Wenn ihr etwas funkeln seht, runter vom Gas." Der 42-Jährige hatte selbst schon drei Wildunfälle und kann seinen Schützlingen nur raten: "Fahrt aufmerksam."

Jagdpächter Norbert Paul appelliert an die Vernunft. "Die Technik lässt uns nicht mehr spüren, wie schnell wir eigentlich unterwegs sind." Die Autofahrer müssen sich bewusst werden, dass sie Straßen benutzen, die alte Tierwege schneiden, erklärt der 60-Jährige. "Rehe halten ihre Routen über Jahrzehnte." Norbert Paul war im vergangenen Jahr fünf Mal zwischen Hausen und Nüdlingen im Einsatz, ehrenamtlich. Die Hälfte der angefahrenen Tiere sind nicht tot, schätzt der Jäger. Um ihnen "unnötige Qual zu ersparen", zieht er dann in Schutzweste mit Hund, Jagdwaffe und Lampe los und sucht das Tier. Hat er es gefunden, fällt der Gnadenschuss.

Die blauen Reflektoren am Straßenrand sollen die Tiere abschrecken, sagt Helmut Fischer. "Daran gewöhnen sich die Tiere aber irgendwann." Besonders gefährlich sei es auf Straßen zwischen Wald und Acker. "Augen offen halten", rät der Jäger.