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Wermerichshausen: Vermeintliches Kuschelfoto von Tierheim zeigt "gigantisches Tierleid mitten unter uns"


Autor: Isabel Schaffner, Agentur dpa

Wermerichshausen, Sonntag, 24. Sept. 2023

Auf den ersten Blick löst das Bild des Tierheims Wannigsmühle (Landkreis Bad Kissingen) positive Gefühle aus. Tatsächlich sind die Katzen darauf jedoch sehr krank - eine verbreitete Auswirkung menschlichen Fehlverhaltens, wie die Leiterin anführt.
Manche der Kitten aus dem Tierheim Wannigsmühle werden wohl ihr Augenlicht verlieren. Ein erneuter Auslöser für die Kastrationspflicht-Debatte.


Ein aktuelles Foto des Tierheims Wannigsmühle aus dem Landkreis Bad Kissingen zeigt eine Katzenmutter, eng zusammen mit ihren sechs Jungen. "Was auf den ersten Blick wie ein kuscheliges Familienfoto aussieht, zeigt bei näherer Betrachtung ein gigantisches Tierleid mitten unter uns", schreiben die Tierschützer in den Sozialen Medien dazu. 

Die Familie sei vor wenigen Tagen ins Tierheim gekommen und die Kitten litten an Katzenschnupfen, der "zu lange unbehandelt geblieben sei". Es sei tägliches Schicksal von "Millionen Straßenkatzen, die täglich hierzulande um ihr Überleben kämpfen", so das Tierheim weiter. Eine wichtige Maßnahme könne diesen Missstand verbessern.

Tierheimleiterin aus Landkreis Bad Kissingen zu geforderter Kastrationspflicht: "ändert sich erst einmal gar nichts"

"Ihre Augen sind sehr schwer geschädigt und manche werden wohl ihr Augenlicht verlieren. Katzenschnupfen ist kein Schnupfen im eigentlichen Sonne, sondern eine Viruserkrankung", sagt Tierheimleiterin Ursula Boehm im Gespräch mit inFranken.de. "Es ist für uns nichts Außergewöhnliches. Es ist völlig irre, wie viele Katzen mit Katzenschnupfen bei uns eintreffen." Eine Kastrationspflicht für Freigängerkatzen könne das Leid vieler Tiere verhindern. So könne vermieden werden, dass unkastrierte Freigänger Streunerkatzen decken. Es gibt immer mehr streunende Katzen in Bayern - aktuell schätzungsweise 300.000.

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Wie Katja Hofrichter von der Katzenhilfe im Nürnberger Land laut der dpa erklärte, seien die im Verborgenen lebenden Katzen oft unterernährt, krank oder verletzt. Der Ruf nach einer Kastrationspflicht in Bayern kommt daher seit langem aus verschiedenen Richtungen. Beispielsweise vom bayerischen Tierschutzbund. Doch Böhm zeigt sich wenig überschwänglich. "Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn es aber nicht kontrolliert und mit Strafen belegt wird, ändert sich erst einmal gar nichts", sagt sie gegenüber inFranken.de. Eine Entspannung der Situation würde Jahre dauern.

"Wer soll diese Kontrollfunktion übernehmen? Die Behörden leiden auch unter Personalmangel." Es müsste vielmehr auch eine Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht bestehen, fordert die Tierheimleiterin. Essenziell sei in jedem Fall, das Thema immer wieder anzusprechen, um Menschen zum Nachdenken anzuregen. Denn jede Privatperson könne Kastrationen von sich aus veranlassen. Das Tierheim unterstütze Kastrationen für verwilderte Kolonien, zugelaufene Tiere und Freigängerkatzen mit eigenem Budget. "Irgendwann wissen wir aber nicht mehr, wie wir das stemmen können. Wir bekommen dafür kein Geld", erinnert Boehm. 

"Wird immer und immer wieder passieren" - Frau kritisiert Mitschuld der Käufer

Erschwerend hinzu kämen die erhöhten Tierarztkosten. Dieses komplexe Problem der Katzenvermehrung könne nicht auf die Schnelle gelöst werden. Unter dem Foto fordert eine Frau, dass "Vermehrer endlich keine Kitten mehr 'produzieren' und dann verschenken und verscherbeln." Eine weitere Frau betont die Mitschuld der Käufer: "Wenn es keine Käufer bei den Vermehrern gäbe, gäbe es in der Richtung keine Probleme. Angebot - Nachfrage. Aber leider wird das immer und immer wieder passieren."

Boehm pflichtet dem bei und legt allen Interessenten ans Herz, Tiere aus den vielerorts überfüllten Tierheimen aufzunehmen. Wer im Übrigen streunende Katzen füttere, übernehme damit automatisch Verantwortung für sie. Viele Menschen handelten dann jedoch erst mit einer Kastration, wenn schon die neue Generationen entstanden sei.

Im Frühling und Herbst ist in der Regel die Nachwuchs-Saison. Das merkt auch das Tierheim Pfaffengrün aus Hof. Es sendete kürzlich einen dringenden Hilferuf: "Sind echt am Limit". Weitere Nachrichten aus Bad Kissingen findest du in unserem Lokalressort.