Vom Nutzen der Sozialarbeit an den Schulen im Landkreis

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Siegbert Goll, Leiter des Jugendamtes, hält eine Verzahnung öffentlicher und schulischer Jugendarbeit für wünschenswert - in der Praxis scheitert ein solches Vorhaben an den personellen Ressourcen. Foto: Anja Greiner
Siegbert Goll, Leiter des Jugendamtes, hält eine Verzahnung öffentlicher und schulischer Jugendarbeit für wünschenswert - in der Praxis scheitert ein solches Vorhaben an den personellen Ressourcen.  Foto: Anja Greiner

Die Jugendsozialarbeit an den Schulen im Landkreis wird weiter ausgebaut. Warum dieses Angebot wichtig ist und wie es organisiert wird. Ein Überblick.

Siegbert Goll, Leiter des Jugendamts in Bad Kissingen, rechnet mehr in halben, als in ganzen Stellen. Die Stellen um die es geht: sogenannte JaS-Stellen - Jugendsozialarbeit an Schulen. In der vergangenen Jahren immer weiter ausgebaut, aber: Die öffentliche (kommunale) Jugendarbeit, die Jugendsozialarbeit (JaS) an Schulen und die verbandliche Jugendarbeit - alle drei sind nur dann schlagfertig, sagt Goll, wenn sie sich vernetzen.

In der Praxis fehlt dafür häufig das Personal, die meisten JaS-Stellen sind keine Vollzeitstellen. Eine Ausnahme bildet die Mittelschule in Bad Brückenau - dort gibt es seit kurzem ein Pilotprojekt (siehe Seite 17), das zum Beispiel für die anderen Kommunen werden könnte.

Die kommunale Jugendarbeit im Landkreis Bad Kissingen ist im Verein Pro Jugend organisiert - insgesamt neun der 26 Kommunen haben sich in dem Verein zusammengeschlossen und teilen sich vier Jugendpfleger.
Im Sommer vergangenen Jahres hatte Goll eine Koordinierungsstelle angeregt. Dadurch sollten die JaS-Standorte verknüpft und Erfahrungen oder auch Projektbeispiele besser ausgetauscht werden. Bislang wurde die Stelle nicht geschaffen, personell war kein Spielraum. Wenn es nach Goll geht, soll ich das ändern: "Wir werben in den Gemeinden, sich dem Verein Pro Jugend anzuschließen."

Mitglieder sind bisher: Bad Brückenau, Burkardroth, Euerdorf, Elfershausen, Maßbach, Münnerstadt, Nüdlingen, Oerlenbach und Wildflecken. Dort wo kein Interesse an einem kommunalen Jugendpfleger besteht, sind meist schon eigene Angebote vor Ort: ein Jugendraum oder ein Jugendzentrum. Dass vier Wände und ein Dach noch kein pädagogisches Konzept darstellen, das versucht Goll dann zu erklären.

Mit den zum kommenden Schuljahr geschaffenen, zwei neuen JaS-Stellen ist der Soll-Stand an den Schulen erreicht. Das bedeutet zwar, dass es erstmal keine neuen Stellen geben wird, es bedeutet aber nicht, wie Goll sagt, dass die Jugendsozialarbeit stehen bleibt. Die große Herausforderung der nächsten Jahre wird die Integration sein.

Die JaS-Stellen müssen in jedem Jahr neu bewilligt werden, meist reine Formsache: "Die Stellen vom vergangenen Schuljahr auf das neue zu übertragen war gar kein Thema", sagt Goll.

Über diese Tatsache dürfte sich, ein paar Hundert Meter weiter nördlich des Landratsamts Harald Bötsch freuen. Bötsch ist Rektor der Anton-Kliegl-Mittelschule in Bad Kissingen und hat ab September 2016 eine Vollzeitstelle Jugendsozialarbeit genehmigt bekommen. Im April sollen die Ausschreibungen beginnen, im Juni wollen sie eine Entscheidung treffen.

"Wir sind froh, dass der Finanzausschuss die Stelle genehmigt hat", sagt Bötsch. Der Bedarf ist da: Hilfe für die Eltern, Präventionsarbeit bei den Schülern und Entlastung der Lehrer vor Ort, gerade wenn es sich um Problemfälle handelt.

"Der Jugendsozialarbeiter", sagt Bötsch, "bewertet nicht und er beurteilt nicht, er kann ein väterlicher Freund sein." Und natürlich kann er auch eine Frau sein. Franziska Strohmer ist seit dem Schuljahr 2014/15 Jugendsozialarbeiterin an der Schlossberg-Volksschule in Nüdlingen und an der Freiherr-von-Lutz-Mittelschule in Münnerstadt.

Montags und mittwochs ist Strohmer in Münnerstadt, dienstags und donnerstags in Nüdlingen, fifty-fifty am Freitag und zu jeder Zeit steht sie auf Abruf bereit.

Die Schüler, sagt sie, kommen Großteils auf mich zu. Das reicht von: "Der hat Bob der Baumeister zu mir gesagt", bis: "Ich wurde aus der Gruppe ausgeschlossen". "Es wird viel gemobbt", sagt Strohmer. Und durch Chatprogramme wie What's App endet das Mobbing heutzutage auch nicht mehr am Schultor.

Auch für Strohmer endet die Befugnis nicht nach dem letzten Klingeln: Sie fährt Schüler zum Arzt oder zum Therapeuten, manchmal besucht sie auch Eltern zu Hause. Und wenn sie einmal dort ist, stellt sie die Beteiligten vor die Wahl: Sie können die Polizei haben, Sie können das Jugendamt haben, oder Sie reden jetzt mit mir und erzählen, was los ist. In den meisten Fällen hat sie damit Erfolg.

Karl-Heinz Deublein, Rektor an der Sinnberg-Grundschule, hat für das kommende Schuljahr eine halbe JaS-Stelle bewilligt bekommen. Unterstützung für die Lehrkräfte und dass die Zusammenarbeit mit den Eltern erleichtert wird, das erwartet sich Deublein. Einen Bedarf für die Stelle sieht er in jedem Fall.

Zu sehr ins Detail gehen will er nicht, ein paar Beispiele nennt er dennoch: Wenn Schüler auffällig werden, wenn die Eltern-Kind-Beziehung nicht richtig funktioniert, wenn eine soziale Vernachlässigung ersichtlich ist, beispielsweise bei der Hygiene, wenn die Hausaufgaben daheim nicht richtig gemacht werden - ein Sozialarbeiter hat viel mehr Möglichkeiten, auch in das soziale Umfeld der Schüler zu wirken, denn: ein Sozialarbeiter kann auch Hausbesuche machen.

Ein Beispiel wie sich kommunale und schulische Jugendarbeit erfolgreich verzahnen lassen: