Entfremdung ist einer der größten Beziehungskiller: Bernd Keller organisiert erstmalig einen Spaziergang, der Paaren Zeit füreinander verschaffen soll.
Wenn sich in Detschland ein paar scheiden lässt, hat die Ehe laut Statistischem Bundesamt im Durchschnitt 15 Jahre gehalten. Im Zeitraum von 2000 bis 2017 haben Richter jedes Jahr zwischen 153 000 und 213 000 Paare geschieden. Aktuell kommen 0,4 Scheidungen auf eine Eheschließung. 2017 war aus statistischer Sicht übrigens ein erfreuliches Jahr: Mit exakt 153 501 wurden so wenige Scheidungen gezählt wie zuletzt im Jahr 1992.
Bernd Keller ist Ehe- und Familienseelsorger des Bistums Würzburg für den Landkreis Bad Kissingen. Er begleitet Paare in verschiedenen Situationen, etwa wenn sie sich als Liebende finden wollen, sich mit einem Kinderwunsch beschäftigen aber auch in schlimmen Krisen wie dem Tod eines Kindes. Dass Beziehungen in die Brüche gehen, gehört natürlich auch dazu.
"Die Erfahrung als Seelsorger ist die, dass bei vielen Paaren über die Zeit das Feuer der Liebe verlöscht", sagt er. Bei Trennungen sind sich die Partner meistens weder Freund noch Feind, sondern einfach fremd. Dass Paare sich auseinanderleben, habe oft damit zu tun, dass die Kommunikation untereinander zu kurz komme. Wichtige Dinge werden nicht mehr ausgesprochen, die Wünsche und die Bedürfnisse in der Partnerschaft werden nicht mehr reflektiert. "Es braucht Zeiten, in denen man miteinander spricht. Sonst hat man sich irgendwann nichts mehr zu sagen.", weiß Keller.
Zeitgeschenk statt Blumen
Nur das mit der Zeit und der ungestörten Zweisamkeit ist im Alltag mit Kindern, Beruf, und anderen Verpflichtungen für viele Paare gar nicht so einfach. Zum Valentinstag am Donnerstag, 14. Februar, hat der Seelsorger sich deshalb eine Aktion überlegt, die Paaren die Gelegenheit geben soll, mal wieder ein bisschen Zeit miteinander zu verbringen. Wer keine Blumen verschenken möchte, kann es ja einmal mit dem "Burn in für Ehe-Paare" probieren. Burn in nennt Keller die Aktion, weil sie helfen soll, dass es zwischenmenschlich knistert.
Bei dem Burn in handelt es sich um einen Paarsparziergang auf dem Weg der Besinnung von Garitz in Richtung Heiligenhof. Am Treffpunkt (siehe Info am Textende) erhalten die Paare eine Fackel sowie einen Gesprächsimpuls, also eine Anregung worüber sie sich unterwegs unterhalten können. Wo finde ich Ruhe und Geborgenheit, was hält mich in Balance, was verletzt mich? Keller ist es wichtig, dass die Paare nicht nur an der Oberfläche kratzen, sondern sich intensiv austauschen. Ganz wichtig: "Die Gespräche sind alle unter vier Augen." Der Sparziergang ist keine Gruppentherapie.
Keller geht den Weg der Besinnung oft mit Klienten. Er schätzt die Natur und den Blick in die Umgebung, der über Windräder, die Kisssalis-Therme bis zur Burgruine Botenlauben schweift. "Ich sehe den Weg als Begleiter für den Alltag mit vielen Inspirationen", sagt er. Die zwölf Kunstinstallationen entlang des Wegs geben viele gute Anregungen. Um die mit in den Paarsparziergang aufzunehmen, sind Pausen an ausgesuchten Stationen vorgesehen. Hier will Keller neue Gesprächsimpulse geben.
Das Burn in soll alle Paare ansprechen, die das Bedürfnis danach haben, unabhängig von ihrer Religion, sexuellen Orientierung oder davon ob sie verheiratet sind. Kellers Ziel ist es, die Aktion ab sofort jedes Jahr am Valentinstag zu organisieren.