Der BGH hat entschieden, dass Amtsblätter nicht wie Zeitungen berichten dürfen. Das legt allerdings jede Kommune anders aus. Ein Überblick.
                           
          
           
   
          Die Stadt Crailsheim hat den Bogen überspannt: In ihrem Stadtblatt berichtete die Kommune wöchentlich über Kultur, Wirtschaft und Sport vor Ort. Die  "Südwest Presse" (Ulm) klagte und bekam nun vor dem Bundesgerichtshof (BGH) Recht: Kommunen dürften zwar amtliche Mitteilungen veröffentlichen und über Vorhaben der Kommune unterrichten, eine pressemäßige Berichterstattung über das Leben der Gemeinde sei jedoch "originäre Aufgabe der lokalen Presse und nicht des Staates". Das Gericht sah die "institutionelle Garantie der freien Presse" verletzt. Was heißt das für Kommunen?
       
Thema im Gemeinderat
"Wir werden uns im Gemeinderat damit befassen, was dieses Urteil für uns bedeutet", kündigt der Mottener Bürgermeister Jochen Vogel (CSU) an. Die Gemeinde hat erst zum Jahreswechsel ihr Gemeindeblatt umgestellt: Bisher brachte es ein Verlag heraus, jetzt die Gemeinde: Einmal im Monat gehen Berichte aus dem Gemeindeleben kostenlos an alle Haushalte. Eine vierstellige Summe stehe dafür im Haushalt, berichtet Vogel. Er hofft, dass es beim aktuellen Seiten-Umfang bleibt: "In dieser Ausführlichkeit steht das in keiner Zeitung." Eine Konkurrenz zur Zeitung sieht er aber nicht.
Vogels Kollege in der Rhön-Allianz, der Schondraer Bürgermeister Bernold Martin (CSU) kann dagegen auf eine eigene  Gemeindezeitung verzichten: "Was die Leute wissen müssen, sage ich in Versammlungen." Zudem lobt er die Berichterstattung in der Tageszeitung. Im Gemeinderat sei bereits mehrfach über ein "Blättchen" gesprochen worden. Allerdings gebe es schon  den  Pfarrbrief oder Nachrichten aus Schule und Kindergarten. "Wir wollen denen nicht das Wasser abgraben", sagt Martin.
Thomas Hack ist gleich für zwei Mitteilungsblätter verantwortlich: Als Auraer CSU-Bürgermeister bringt er seit seinem Amtsantritt 2002 alle drei Monate den "Hallas" heraus. Der Name erinnert an den früheren Gemeindediener Richard Hallas. Die Inhalte bearbeitet Hack selbst, die Kosten für die Gemeinde liegen deshalb bei unter 1000 Euro. Wieso der Hallas nötig ist? "In so kleinen Dörfern wie Aura wird längst nicht alles in der Zeitung abgebildet."
Anzeigen reduzieren Kosten
Zudem ist Hack  im SPD-geführten Bad Kissinger Rathaus für das Stadtblatt (Auflage: 13 500) verantwortlich: Auf 36 Seiten  gibt's Infos aus dem Rathaus, dem Vereinsleben, der Wirtschaft oder zur Bewerbung ums Unesco-Weltkulturerbe. Konkurrenz zur Tageszeitung sieht Hack trotzdem nicht: "Das Stadtblatt erscheint nur alle zwei Monate, schon alleine deshalb haben wir ganz andere Voraussetzungen als beim Urteil von Crailsheim." Die Kosten seien niedrig: Nur rund 2000 Euro sind im Haushalt angesetzt, allerdings seien darin nicht die Personalkosten für die Redaktion enthalten. Und: Zu den vielen Anzeigen-Kunden, die die Kosten niedrig halten, gehören  die Stadtwerke als Tochterunternehmen der Stadt.
Das neue Landkreis-Magazin "Hier!" ist teurer:  Pro Ausgabe kosten Gestaltung, Produktion und Verteilung laut Landratsamt rund  17 000 Euro -  zu 80 Prozent gefördert im Rahmen des Konversionsmanagements vom Bayerischen Wirtschaftsministerium. Die Auflage beträgt 50 500, Ende Januar wurden erstmals rund 44 000 Exemplare an alle Haushalte ausgetragen, 500 werden über Lesezirkel verteilt, der Rest liegt bei Behörden, Firmen  und Kommunen aus.  Heuer soll es drei Magazine geben, das  nächste im  Juni. Das Magazin sei ein weiterer Baustein der Standortkampagne:  "Die Haupt-Zielgruppe sind alle Bürger*innen des Landkreises sowie Externe wie zum Beispiel Touristen oder auch Unternehmen und Fachkräfte."
In Nüdlingen werden die "Nüdlinger Nachrichten" an alle Haushalte verteilt.   "Das Gemeindeblatt ist nicht unser Amtsblatt, in dem Bekanntmachungen, zu denen wir gesetzlich verpflichtet sind, veröffentlicht werden", teilt die Gemeinde mit und folgert daraus, dass  das BGH-Urteil deshalb dafür nicht gelte. Andere Bürgermeister wie Dieter Muth aus Oberleichtersbach oder Andreas Sandwall aus Bad Bocklet verweisen darauf, dass die Gemeinde ja gar nicht Herausgeber der jeweiligen Gemeindezeitungen sind, sondern Verlage oder Agenturen, obwohl der größte Teil des Inhalts von der Verwaltung zugeliefert wird.