Warum die Auraerin trotz der Niederlage gegen Leverkusen zufrieden ist und woran die Thüringerinnen noch arbeiten müssen.
Den Rücken gebeugt, die Arme auf den Oberschenkeln. Alle Energie hatte Annika Graser aufgebraucht in diesen intensiven 90 Minuten. "Eigentlich sind wir mit unserer Leistung ganz zufrieden", wird die 21-Jährige später sagen. Ungeachtet der 0:3-Niederlage gegen Bayer Leverkusen.
Der FC Carl-Zeiss Jena hat wieder einen Bundesliga-Verein. Als Meister der 2. Liga Nord hatten die Frauen nämlich den Sprung ins Oberhaus geschafft, wo mit der Werkself zum Saisonauftakt gleich ein Top-Klub seine Aufwartung im Ernst-Abbe-Sportfeld machte. Der Fünfte der Vorsaison hegt schließlich Champions-League-Ambitionen. Prominente Namen finden sich ebenfalls im Team der Rheinländer, indirekt zumindest. Juliane Wirtz ist die Schwester von Jungnationalspieler Florian Wirtz und Sofie Zdebel die Tochter von Ex-Profi Thomas Zdebel, der bei Bayer aktuell die U-17-Junioren unter seinen Fittichen hat.
Eine große Baustelle
Dem Anlass vollkommen unwürdig hatten sich dunkle Wolken über dem unmittelbar an der Thüringischen Saale gelegene Stadion aufgebaut, das derzeit eine große Baustelle ist. Nur die große Tribüne und die Fankurve der Heimmannschaft sind im Ursprungszustand, an den anderen Seiten dominieren Beton und schweres Gerät. Bis 2023 sollen die umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen abgeschlossen sein.
Platz genug ist dennoch. Zu den Spielen der Männer in der Regionalliga Nordost kommen aktuell im Schnitt 2500 Fans, für den Saisonauftakt der Frauen hatten sich gerade einmal 300 Zuschauerinnen und Zuschauer auf den steilen Rängen eingefunden, die im Dauerregen der ersten Halbzeit dank Tribünendach zumindest im Trockenen saßen, vor dem Match der Vereinshymne und dem Stadionsprecher lauschten.
Schnelligkeit, Technik und Übersicht
Für Annika Graser ist dieser Tag zumindest eine kleine Premiere. Bundesliga-Fußball hat die Auraerin schon gespielt, beim FF USV Jena, der in der Vorsaison sein Spielrecht an den FC Carl-Zeiss abgegeben hatte. Früh im Spiel punktet die Studentin im Mittelfeld mit Schnelligkeit, Technik und Übersicht gegen einen spielstarken Kontrahenten, der durch einen abgefälschten Schuss nach einer halben Stunde in Führung geht, während der Aufsteiger zwei gute Chancen nicht zu nutzen versteht. Unter anderem wird ein Graser-Schuss kurz vor dem Halbzeitpfiff gerade so geblockt.
Mit dem Seitenwechsel hört die Dauerbewässerung von oben auf, wird der Blick ins pittoreske hügelige Jenaer Hinterland klarer. Besser, weil druckvoller, wird nun das Jenaer Spiel. Was auch an Annika Graser liegt, die einmal knapp vorbei, dann zu schwach schießt. In die Druckphase der Thüringerinnen hinein fällt der zweite Leverkusener Treffer durch einen Prachtschuss in den Giebel. Und weil das Abschlussglück einzig den Rheinländerinnen treu bleibt, jubeln die Mädels in Rot und Schwarz ein drittes Mal in einem Spiel, das eine weitere unterfränkische Komponente hat: An der Seitenlinie steht nämlich die für den TSV Poppenhausen pfeifende Schiedsrichter-Assistentin Davina Haupt.
"Das war ein laufintensives Spiel von uns. Aber bis auf den Abschluss haben wir es ganz gut gemacht. Jetzt freuen wir uns auf das Ostderby am Freitag bei Turbine Potsdam", bilanziert Annika Graser, ehe es wieder zurück in die Studenten-WG mit Teamkollegin Inga Schuldt ging: mit dem Fahrrad.