Der Trainer steht nicht oft im Rampenlicht, aber er formte die Höchstadt Alligators von der Schießbude der Oberliga zum Spitzenteam.
Respekt Nemo! Vom Fachmagazin Eishockey News wurde Mikhail Nemirovsky für die Oberliga zum "Trainer des Jahres" vor Regensburgs Max Kaltenhauser gewählt. Zum ersten Mal überhaupt hatten die Höchstadt Alligators mit Platz 4 der Hauptrunde die Play-offs zur DEL2 erreicht. Einen großen Anteil am größten Erfolg der Vereinsgeschichte hat der letzte Trainer der Kissinger Wölfe. Gleichzeitig ist dies eine Auszeichnung für die ganze Mannschaft, in der mit Goalie Benni Dirksen, Torjäger Anton Seewald und Verteidiger Domantas Cypas weitere ehemalige Kurstadt-Cracks stehen. Im Interview verrät Nemirovsky, welcher Spieler ihn in der Saison überrascht hat und wem er die Daumen im Finale der Oberliga-Play-offs drückt.
Sie hatten jetzt ein paar Tage Zeit, das Ausscheiden aus den Play-offs zu verarbeiten. Wie geht es Ihnen im Moment?
Mikhail Nemirovsky: Mir ist langweilig ohne Eishockey.
Wie stolz sind Sie auf die Leistung der Höchstadt Alligators?
Ich bin sehr stolz. Das Team hat harmoniert. Unsere Abwehr war sehr gut dieses Jahr. Sie konnten den letzten Pass machen und das Spiel kontrollieren. Und natürlich will ich unseren Torwart Benni Dirksen erwähnen, der viel und gut gespielt hat. Als er drei oder vier Spiele verletzt ausfiel, haben die Ersatztorhüter das auch gut gemacht.
Sehen Sie sich als Vater des Erfolgs?
Die Spieler verdienen das meiste an Anerkennung, nicht ich. Denn ich arbeite zwar mit den Spielern zusammen, versuche, ihnen die richtigen Ratschläge zu geben - nicht nur für das Spiel, auch für das Leben - aber sie müssen auf dem Eis stehen.
Hätten Sie am Anfang der Saison damit gerechnet, so weit zu kommen?
Nein. Ich habe versucht, den Spielern die richtige Philosophie mitzugeben. Wir wollten jeden Tag wachsen und jedes Spiel gewinnen. Aber dass wir so weit kommen, hätte ich nicht gedacht.
Was hätten Sie bei allem Erfolg noch besser machen können?
Wir hatten nicht genug Reserve im Halbfinale der Play-offs, weil zu viele verletzt waren. Wir hatten Hilfe von den jungen Spielern der DEL, aber es war nicht genug.
Welcher Spieler hat Sie während der Saison überrascht?
Niklas Jentsch. Ich wusste vorher nicht so viel über ihn wie über viele andere Spieler. Er hat mich positiv überrascht, auch wenn er noch viel lernen muss. Aber er ist ein junger Spieler mit Potenzial.
Welche Situation hat Sie in den Play-offs genervt?
Es gibt Spieler, die nicht spielen wollen, wenn es irgendwo wehtut. In den Play-offs musst du alles probieren und versuchen zu gewinnen, weil du nie weißt, wann du das nächste Mal in den Play-offs spielst. Das hat mich genervt. 99 Prozent der Mannschaft haben alles probiert, waren gut vorbereitet, darauf war ich sehr stolz. Und natürlich war das Stadion zu kalt. Das ist schwierig für das Training, für die Ausrüstung, schwierig für die Zuschauer und die Mitarbeiter.
Wie haben Sie auf das Ausscheiden in den Play-offs reagiert?
Ich war traurig. Ich habe allen Jungs gesagt: Du weißt nicht, wann du wieder in den Play-offs spielst. Nicht nur in Höchstadt, sondern in der gesamten Karriere. Vielleicht klappt es nur dieses eine Mal. Die Play-offs sind die interessantesten Spiele der Saison. Schade, dass die Fans nicht dabei sein konnten. Mit ihnen wäre es eine Wahnsinns-Atmosphäre in Höchstadt geworden. Ich habe gesagt: Wenn wir verlieren, dann gehen wir nicht unter. Und wenn wir gewinnen, dann sollte uns das nicht zu Kopf steigen. Wir haben gegen Regensburg sogar noch ein bisschen besser gespielt als gegen Riessersee. Aber wir hatten nur zwei Reihen. Glückwunsch an Regensburg, das Team ist zurecht im Finale.
Wer gewinnt die Finalserie?
Ich denke, Selb. Aber ich würde es Regensburg mehr gönnen. Regensburg ist eine Stadt, die eine Mannschaft in der 2. Liga braucht.
Wann starten Sie mit den Planungen für die kommende Saison?
Ich denke schon während der laufenden Saison darüber nach, wer uns in der folgenden Saison helfen kann, wer mit wem zusammenspielen kann und so weiter.
Auf wen wollen Sie in der neuen Spielzeit nicht verzichten?
Das darf ich nicht sagen.
(lacht)Sie haben eine besondere Bindung zu Anton Seewald. Wie kommt das?
Ich spreche fast jeden Tag mit Anton. Er ist wie mein kleiner Bruder. Er ist von Russland nach Bad Kissingen gekommen, wo wir zusammengespielt haben, zusammen gewonnen haben. Meiner Meinung nach ist er der beste Außenstürmer der Liga. Er ist wie Familie für mich.
Was ist Ihr Ziel in der Saison 2021/22?
Als ich nach Höchstadt gekommen bin, war mein Ziel, einen ehrlichen Prozess in Gang zu bringen, um jeden Tag einen Fortschritt zu erzielen. Wenn ein Verein in allen Abteilungen wächst, dann kommen die Ergebnisse von allein. Mein Ziel ist es, dieselbe Energie beizubehalten: positiv zu bleiben, wenn wir gewinnen, und positiv zu bleiben, wenn wir verlieren. Auch ich als Trainer lerne jeden Tag dazu. Entweder von den Spielern, vom Gegner oder von mir selbst.
Wo sehen Sie sich in drei Jahren? Immer noch als Trainer der Höchstadt Alligators?
Vielleicht ja. Ich will in Höchstadt bleiben und mit dem Verein wachsen. Ich bin dankbar, dass hier an mich geglaubt wird. Höchstadt ist außerdem nicht weit weg von meiner Familie in Schweinfurt. Es steckt viel Potenzial in dem Standort, es ist eine gute Region. Ich weiß, Höchstadt ist ein kleiner Verein mit kleinem Budget, aber du musst anfangen, jedes Spiel gewinnen zu wollen. In Bad Kissingen haben alle gesagt, ich sei verrückt. Eishockey ist ein Marathon, kein 1000-Meter-Sprint. Natürlich kann alles passieren. Aber ich will versuchen, alles richtig zu machen für die Spieler, für den Verein. Auch wenn das fünf oder 15 Jahre dauert. Auch wenn die Leute darüber lachen: Die 2. Liga ist nicht so weit weg. Aber die Bayernliga ist auch nicht so weit weg. Das müssen wir immer in unserem Kopf haben.