Besser organisiert als das Sommermärchen

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Wenn Deutsche und Russen englisch sprechen, klappt es auch mit dem Smalltalk: Wolfgang Schneider (links) und Kumpel Klaus mit zwei Fans der Sbornaja.Wolfgang Schneider
Wenn Deutsche und Russen englisch sprechen, klappt es auch mit dem Smalltalk: Wolfgang Schneider (links) und Kumpel Klaus mit zwei Fans der Sbornaja.Wolfgang Schneider
So international ist Moskau während einer Fußball-Weltmeisterschaft: Ein tunesischer (links) und ein deutscher Fan mit syrischen Wurzeln mit dem WM-Maskottchen Zabivaka.Wolfgang Schneider
So international ist Moskau während einer Fußball-Weltmeisterschaft: Ein tunesischer (links) und ein deutscher Fan mit syrischen Wurzeln mit dem WM-Maskottchen Zabivaka.Wolfgang Schneider
 
Auch an der russischen Kultur zeigen sich die Fußballfans aus aller Welt interessiert. Allemal ein Foto wert ist die Basilius-Kathedrale in Moskau.Wolfgang Schneider
Auch an der russischen Kultur zeigen sich die Fußballfans aus aller Welt interessiert. Allemal ein Foto wert ist die Basilius-Kathedrale in Moskau.Wolfgang Schneider
 

Wolfgang Schneider sah in neun Tagen in Moskau fünf Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft. Und erlebte ein friedliches Fest ohne Schnickschnack.

Russland und Vorurteile? "Ich hatte keine vorgefertigte Meinung, die jetzt widerlegt werden musste. Ich kann aber sagen, dass mein Eindruck absolut positiv war. Moskau und die russische Jugend - das ist nicht Putin", sagt Wolfgang Schneider. Seit der Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich ist der Ebenhäuser quasi Stammgast bei den großen Turnieren, zumindest auf dem europäischen Kontinent. "Ich bin Fußball-Fan, reise gerne und habe mich auf Moskau gefreut. Und obwohl ich 26 Jahre für die Berufsfeuerwehr der US-Army in Schweinfurt gearbeitet habe, besitze ich durchaus eine Affinität zu den Russen. Vor allem bin ich aber ein weltoffener Mensch", sagt der 55-Jährige, angesprochen auf seine Motivation für den neuntägigen WM-Trip mit Kumpel Klaus.

Angetan zeigte sich Wolfgang Schneider von der Gastfreundschaft vor Ort und der auffallenden Sauberkeit. "Die Russen und die vielen freiwilligen Helfer waren freundlich und hilfsbereit, da hilft einem auch mal die Oma weiter. Und trotz der vollen Straßen bis tief in die Nacht war am nächsten Morgen wieder alles sauber. Nicht einmal die obligatorischen Wildpinkler gab es dank der auffallend zahlreichen mobilen Toiletten", berichtet der Familienvater. Und ist daher überzeugt, "dass diese Weltmeisterschaft unter dem Strich besser organisiert ist als das deutsche Sommermärchen 2006. Und macht diese Aussage an einem weiteren konkreten Beispiel fest: "Die Einlasskontrollen waren extrem streng. So musste jeder Stadionbesucher sein eingeschaltetes Handy vorzeigen, um eine Attrappe auszuschließen. Dennoch gab es keine Warteschlangen, weil es viele Eingänge und das entsprechende Personal gab. Gut fand ich auch, dass es vor den Spielen kaum Show-Elemente und ähnlichen Schnickschnack gab, was ich als sehr angenehm empfunden habe. Die Stimmung war trotzdem immer gut."


Im Stadion von Spartak Moskau und im "Luschniki", dem größten Fußballstadion des Landes, hatte das Duo aus Unterfranken fünf Spiele gesehen - darunter die 0:1-Niederlage der deutschen Elf gegen Mexiko. Wie üblich hatte Wolfgang Schneider den Trip von langer Hand geplant, hatte mit einer ausgefeilten Bestell-Strategie sich um Tickets weit vor der Auslosung und natürlich auch um ein gut gelegenes Hotel gekümmert. Wie auch um die sogenannte Fan-ID, die das Visum ersetzte und einige Erleichterungen mit sich brachte, wie zum Beispiel das kostenlose Metrofahren in Verbindung mit der Eintrittskarte. "Auch der Transport der Zuschauermassen war kein Problem, die Metro fuhr quasi im Minutentakt. Auch dann, wenn die Wagen nicht voll waren. Das habe ich schon anders erlebt", sagt Wolfgang Schneider, der allenfalls ein bisschen mit gastronomischen Schwächen haderte. Die obligatorische Stadionwurst war eine Rindswurst mit einer Art Hotdog-Brötchen als Beilage. Und rund um die prächtige Nikolskaya-Straße musste man viel Glück oder eine Vorbestellung haben, um einen Platz in einer Lokalität zu bekommen.


Ausgelassen und friedlich

Umso besser war die ausgelassene und stets friedliche Stimmung unter den Fans aus aller Welt. "Vor allem die Mexikaner und Argentinier waren klasse mit ihren vielen Liedern", sagt Schneider, der von der kolportierten Bierknappheit zwar nichts mitbekam, aber ein wenig fremdelte mit dem Weißbier aus "normalen " Gläsern, das umgerechnet fünf Euro kostete. "Das Preisniveau in Moskau würde ich etwa mit München gleichsetzen." Wer es billiger haben wollte, wurde auch im Supermarkt beim Dosenbier oder im Fastfood-Restaurant fündig. Lukullisch zeigte sich der Mitinhaber eines Reisebüros an der russischen Küche interessiert. "Ich habe vor allem viele Suppen probiert, manche mit georgischem oder usbekischem Einfluss. Die Schafsgulaschsuppe georgischer Art war super."

Kultur stand ebenfalls auf dem Programm. "Die wichtigsten Schauplätze wie der Kreml, der Rote Platz oder das Bolschoi-Theater liegen alle relativ nah beisammen. Und dieser Kern von Moskau ist schon ein Knaller", schwärmt Schneider. Und weil nach dem Spiel immer auch vor dem Spiel ist, beginnt quasi ab sofort eine neue Planung. Die nächste Europameisterschaft findet ja bereits in zwei Jahren statt in zwölf europäischen Städten. Und Vergnügen will organisiert sein...