Der junge Mann aus Schweinfurt spielt seit zehn Jahren Harfe. Er trat im Bad Kissinger Rossini-Saal auf. Kritiker prophezeien ihm eine große Zukunft.
Mit Superlativen sollte man vorsichtig sein. Nicht nur, weil man damit das Ende der lobenden Fahnenstange erreicht. Sondern weil sie sachlich nicht immer wirklich stichhaltig zu begründen sind, und weil vor allem junge Leute gegenüber dem Publikum unter enormen Erwartungsdruck gesetzt werden. So war es vielleicht auch kein Wunder, dass der 18-jährige Schweinfurter Sandro Ortloff zu Beginn seiner Harfenmatinee im wieder erfreulich gut besuchten Rossini-Saal etwas nervös wirkte. Immerhin war er als "Ausnahmekünstler" angekündigt. Das ist ein Prädikat, das ihm seit einiger Zeit anzuhaften scheint, das ein Veranstalter vom anderen übernimmt.
Aber man muss sich den Begriff doch nur einmal genauer vorknöpfen. Da wird der junge Harfenist (bei Goethe hieß er noch "Harfner") in die vorderste Reihe gestellt mit Musikern wie Silke Aichhorn. Xavier de Maistre, Maria Graf, Andreas Mildner und anderen. Die Feststellung ist sicher nicht ehrenrührig, dass er da noch nicht angekommen ist, dass das noch ein bisschen dauert - aber sicher passieren kann. Sandro Ortloff ist - noch - kein Ausnahmekünstler. Aber er macht deutlich, wie weit man kommen kann, wenn man qualifiziert gefördert wird.
Er hat als Kind mit Klavier und Flöte geliebäugelt, hat sich aber schon bald für die Harfe als Hauptinstrument entschieden, die er seit über zehn Jahren spielt. Das Klavier hat er deshalb nicht aufgegeben. Unterrichtet wurde er bis zu seinem Abitur in diesem Sommer von Christine Eberherr an der Musikschule Schweinfurt. Im letzten Schuljahr war er darüber hinaus Jungstudent bei Andreas Mildner an der Musikhochschule Würzburg. Bei ihm hätte er auch gerne sein Harfenstudium begonnen, aber es war kein Platz frei.
So hat er sich erst einmal an der Berufsfachschule für Musik in Bad Königshofen eingeschrieben, um in der Nähe zu bleiben. Sandro Ortloff - das zeigen schon die wenigen Schlaglichter - ist ein junger Mensch, der sich offensichtlich sehr gut organisieren kann.
Und dass er Spaß an seinem Tun hat. Nicht nur, weil er es moderierend gerne erklärt und dem Publikum Informationen über die Musik und sein Instrument gibt, sondern weil er in seiner Programmgestaltung die Vielseitigkeit schätzt. Was gar nicht so einfach ist, denn die Harfe wurde - auch wenn sie natürlich älter ist - erst in der Romantik in ihrem musikalischen Eigenwert erkannt und hat in der Gegenwart wieder an Bedeutung verloren. Was älter ist, ist in der Regel bearbeitet wie das Presto aus der Sonate für Violine solo BWV 1001, das der Pariser Harfenist Marcel Grandjany bearbeitet und in seine 12 Etüden nach Bach für Harfe op. 45 aufgenommen hat.
Sandro Ortlof ging nahezu lückenlos mit den virtuosen Anforderungen der schnellen Läufe um. Die Strukturen wären noch deutlicher geworden, wenn er sich ein klein wenig mehr Zeit genommen hätte.
Der Caprice "Gitana" op. 21 merkte man an, das es eine Originalkomposition ist, die der Belgier Alphonse Hasselmans für sein Instrument geschrieben hat. Da konnte Sandro Ortloff erheblich mehr zeigen an Klangfarben, iberisch angehauchten Harmonien und Motiven und an Rhythmen, die sich mit der Harfe bestens gestalten lassen.