Emilio Ghezzi hat Klavierlieder von Verdi und Bellini für eine kleine Kammerbesetzung bearbeitet und neu beleuchtet.
Mit den Namen Giuseppe Verdi und Vincenzo Bellini verbinden sich Opern, Opern und noch einmal Opern. Dass sie auch eine ganze Reihe von Liedern mit Klavierbegleitung geschrieben haben, von canzone da camera, ist weniger bekannt, weil sie selten aufgeführt werden. Ein wenig liegt das wohl auch daran, dass beide kein Schubert, Schumann oder Wolf waren.
Sie verstanden zwar viel von der Stimme, aber die Klavierbegleitung war nicht unbedingt ihre Stärke: überhaupt nicht eigenständig, oft nur akkordisch folgend und stützend.
Man durfte gespannt sein, was Emilio Ghezzi, Kompositionsprofessor in Parma, aus dieser Begleitung herausholen würde. Er hatte von den Dresdner Musikfestspielen und dem Kissinger Sommer den Auftrag erhalten, einige dieser Canzone für eine Kammermusikbesetzung zu instrumentieren.
Und so entstanden Arrangements für zwei Violinen (Feng Ning und Mira Wang), Viola (Kyle Armbrust), Violoncello (Jan Vogler), Flöte (Zofia Neugebauer), Klarinette (Wooyun Kim) und Klavier (Rafaele Cortesi).
Das Ergebnis war in doppelter Hinsicht interessant. Zum einen war es einmal etwas anderes als das bei Liederabenden gebotene Übliche.
Zum anderen hatte die Musik plötzlich einen außerordentlichen Charme, der sogar den Musikern immer wieder ein Lächeln abnötigte. Natürlich konnte Ghezzi die Musik nicht künstlich aufpumpen, musste sich mit dem Vorgefundenen begnügen. Durch die Verteilung auf sieben Instrumente wurde zwar die Schlichtheit der Musik über weite Strecken deutlich - natürlich gab es auch dramatisch dichtere Episoden - aber sie wurde verdeckt von einem enormen Zuwachs an
Farbigkeit und rhythmischem Schwung, den die Musiker wunderbar pointiert zelebrierten.
Für die drei Sänger änderte sich durch die Umarbeitung letztlich nichts, sie konnten in den Melodien der Kleinopern schwelgen, und sie taten das auch. Zumal die Sopranistin Ludmilla Bauerfeldt, der Tenor Pavel Kolgatin und der Bassbariton Daniel Kotlinski alle eine deutliche Neigung zum italienischen Fach, zum italienischen Timbre haben.
Dass die drei keine Italiener sind, merkt man vor allem daran, dass man ihre Texte verstehen kann.
Die Aufgabenverteilung war den Stimmen sehr gut angepasst. In Verdis "Non t'accostare all'urna", "Il poveretto" oder Bellinis "L'abandono" gestaltete Daniel Kotlinski mit dem impulsiven Druck der tiefen Stimme das Leiden an der Welt. Pavel Kolgatin ist kein dramatischer Brüller.
Er hat eine verhältnismäßig kleine, aber ungemein gut sitzende, sehr bewegliche, höhensichere Stimme, die dem kammermusikalischen Aspekt der Lieder bestens gerecht wurde. Er bediente mit Verdis "Ad una stella", "Deh, pietoso, oh Adolorata" oder Bellinis "Ma rendi pur contento" in großen dynamischen Bögen die starke emotionalen Wendungen nach außen.
Und Ludmilla Bauerfeldt war für die heiteren, auch sprachvirtuosen Seiten zuständig: in Verdis "La zingara" und "Lo spazzacamino" oder Bellinis "Malinconia, Ninfa gentile" - damals war Melancholie noch keine psychische Störung.
Das Finale hatte besonderes Gewicht: Verdis "Notturno" für drei Stimmen und Instrumente. Was allerdings auch wegen ihres großen Witzes in Erinnerung bleibt, ist die Ballettmusik aus Verdis "Il trovatore" - derart volkstümlich pfiffig gespielt, dass endlich mal in einem Konzert laut gelacht wurde.