Oper in der Sonntagsmesse

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Eindrucksvoll erklang der Gefangenenchor aus Verdis Oper, aufgeführt von Burkhard Ascherl an der Orgel und dem Kirchenchor.
Eindrucksvoll erklang der Gefangenenchor aus Verdis Oper, aufgeführt von Burkhard Ascherl an der Orgel und dem Kirchenchor.
Pfarrer Gerd Greier (rechts) ehrte Eberhard Gräf, der nach 42 Jahren aus der Kirchenverwaltung ausschied. Fotos: Eva Maria Petrik
Pfarrer Gerd Greier (rechts) ehrte Eberhard Gräf, der nach 42 Jahren aus der Kirchenverwaltung ausschied.  Fotos: Eva Maria Petrik
 
 
 
 
 
 

Ungewöhnliche Klänge erschallten in der Herz-Jesu-Kirche, doch davor gab es eine ausführliche Erläuterung über Verdis Chorwerk aus der Oper Nabucco.

Eine kleine Opernaufführung gab es in der Sonntagsmesse in der Herz-Jesu-Kirche, doch wie kam es dazu? Zu Gehör kam der Gefangenen- oder auch Freiheitschor aus Verdis Oper Nabucco. Doch zuvor gab es Erläuterungen für die Besucher der Messe am 2. Fastensonntag. Es hatte nämlich vereinzelt Beschwerden gegeben, wenn der Organist und Chorleiter, Burkhard Ascherl, zum Auszug an der Orgel dieses Werk aus der Oper Nabucco spielte. Dies mag daran gelegen haben, dass nur wenige Menschen wissen, dass das Chorwerk aus dem dritten Akt der Oper, "Va pensiero, sull' ali dorate", auf Deutsch "Flieg, Gedanke, auf goldenen Schwingen", ihren Ursprung in der Bibel hat.

Giuseppe Verdi wollte nach einigen Misserfolgen das Komponieren eigentlich aufgeben. Der damalige Direktor der Mailänder Scala übergab ihm jedoch das Libretto des italienischen Dichters Temistocle Solera, der dafür Psalm 137 aus der Bibel zum Vorbild nahm. Nach Verdis eigenen Angaben schlug er das Libretto zufällig auf der Seite des "Va pensiero" auf und war so gefesselt davon, dass er sofort mit der Komposition begann. Nach und nach entstand die Oper Nabucco, die in der Saison 1841/42 an der Scala in Mailand mit so viel Erfolg uraufgeführt wurde, dass sie allein in der nächsten Spielzeit 57 Mal wiederholt wurde. Ein Siegeszug begann, und nicht zuletzt die Eindringlichkeit von Musik und Text machten den Chor zu einer der beliebtesten Verdi-Kompositionen überhaupt.

Streben nach Freiheit

Die Oper hat das Streben des jüdischen Volkes nach Freiheit aus der babylonischen Gefangenschaft zum Thema. Gefangen gehalten wird das Volk vom Titelhelden Nabucco, das ist die Abkürzung für Nabucodonosor, die italienische Namensform von Nebukadnezar. Dieser leidet an völliger Selbstüberschätzung, möchte die Israeliten zwingen, ihren Glauben zu verraten und sich selbst zu Gott machen. Er wird daraufhin mit Wahnsinn geschlagen und erst durch die Bekehrung zum Gott der Hebräer geheilt.

Tatsächlich ist Nebukadnezar ein König in Babylon im 6. Jahrhundert vor Christus. Auf sein Geheiß hatten die Babylonier die Israeliten überfallen und die oberen Zehntausend der israelitischen Gesellschaft in die Hauptstadt verschleppt. Dort mussten sie sich mit fremden politischen und religiösen Gepflogenheiten auseinandersetzen. Die Israeliten verrieten ihren Glauben dennoch nicht, sie, ihre Kinder und Kindeskinder hielten Jahrzehnte durch, immer fest im Vertrauen darauf, dass Gott das letzte Wort haben und sie retten wird.

Erstaunte Gesichter zeigten die Gläubigen in der voll besetzten Kirche bereits vor dem Gottesdienst, mussten sie an diesem Sonntag doch alle hinter Bauzäunen Platz nehmen, an denen sich Hände hilfesuchend in die Höhe reckten. Nach den geschichtlichen Informationen las Pfarrer Gerd Greier Psalm 137 aus der Bibel. Dann erklang von Orgel (Burkhard Ascherl) und Kirchenchor in eindrucksvoller Weise das wunderbare Chorwerk aus Nabucco.

Mit Tauben geschmückt

Pfarrer Greier ging in seiner Predigt darauf ein, dass wir bei Gefangenen immer sofort an Gefängnisinsassen denken, dass aber alle in irgendeiner Form Gefangene ihrer Gedanken, und ihres Lebens sein können, dass auch von freien Menschen Gefahr ausgehen kann und andererseits auf der ganzen Welt viele in den Gefängnissen sitzen, gerade weil sie für Freiheit und Gerechtigkeit kämpfen oder für ihren Glauben einstehen und diesen nicht verleugnen. Im Anschluss an die Predigt hörten die beeindruckten Gottesdienstbesucher noch einmal das Chorwerk Verdis, ein Erlebnis, das sich jetzt noch mehr in die Herzen brannte. Die Zäune wurden im Hinblick auf den Gedanken "Flieg, Gedanke, auf goldenen Schwingen" mit Bändern geschmückt, weiße Tauben mit Friedenszweig im Schnabel wurden als Zeichen für die Freiheit befestigt. Am Ende des Gottesdienstes wurde Eberhard Gräf geehrt, der nach 42 Jahren die Kirchenverwaltung verließ. Pfarrer Greier überreichte ihm für dieses Engagement die goldene Ehrennadel der Diözese sowie ein Präsent. Eberhard Gräf erzählte , dass er in dieser Zeit mit vier Pfarrern zusammengearbeitet habe und betonte, dass die Gläubigen den Geistlichen, die so viel Kritik einstecken müssten für Missstände in der Kirche, die sie selbst nicht zu verantworten haben, den Rücken stärken sollten. red