Auf Thomas Schiebels letzter Fahrradtour als Landrat zeigt sich, dass es immer mehr E-Bikes gibt. Und dass man sich auch mit diesen verschalten kann. Beobachtungen von der Radtour.
Silas ist zehn Jahre jung. "E-Bikes sind was für Luschen!", findet er. "Oder für ältere Menschen", setzt ein Erwachsener diplomatisch hinzu. Wir befinden uns auf dem Spielplatz an der Bachgrundhalle. Aschfeld ist die erste Rast der diesjährigen Landra(d)tstour. Die 14 Kilometer haben uns bereits über den ersten Berg geführt und hungrig gemacht. Die Schinkenstangen und Hörnchen von der örtlichen Bäckerei duften verführerisch. Manche greifen beherzt zu und stapeln das Gebäck auf dem Arm. Ob sie den weiteren Verlauf der Verpflegung vorausgeahnt haben? Erst belächelt, wünscht sich manch einer später, er hätte es ebenso gemacht.
Auf dem Parkplatz steht einer der ältesten Teilnehmer neben seinem E-Bike. Wettergegerbtes Gesicht, durchtrainiert. Er hat noch ein normales Alltagsrad zu Hause in Marktheidenfeld. Für längere Touren nimmt er mittlerweile das E-Bike. "Das Auto steht fast nur rum. Aber meine Frau ist nicht mehr so mobil. Für sie brauche ich es ab und zu."
Nach Aschfeld staut sich das Feld immer wieder. Enge Kurven. Ein Traktor kommt entgegen. Eine leichte Steigung. Über 470 Radler und Radlerinnen auf engem Raum. Viele kennen sich mit den grundlegenden Zeichen der Fahrradsprache aus, heben den Arm und teilen so den Nachfolgenden mit: Achtung! Bremsen!
Teilnehmer ohne E-Bike
Nach Obersfeld nun der vermeintlich einzige, echte Berg. Knacken. Surren. Summen. Auch mit dem E-Bike kann man sich verschalten. Oder hat den Akku auf falsche Leistung eingestellt. Das Feld zieht sich auseinander. Eine Frau schiebt ihr Rad auf den letzten Metern. Ein älterer Mensch ohne E-Bike. Auch das gibt es noch. "Rechts fahren, bitte, wir haben Gegenverkehr." Der Mann in der orangenen Leuchtjacke, der diesen Satz für die Menge immer wieder wiederholt, ist nicht von der Polizei. Es ist Ewald Birkler vom Kreisbauhof in Karlstadt. 2003 hat er seine erste Landratstour mitgemacht. Er ist einer der vielen fast unsichtbaren Helfer hier. Zusammen mit seinen fünf Kollegen sorgt er für die Sicherheit der Radler. Und ist schon Monate vorher aktiv.
Die Strecke muss mehrfach abgefahren und gegebenenfalls ausgebessert werden. Äste von Bäumen werden zurückgeschnitten, Löcher in der Straßendecke verschlossen. Wenn nötig, wird die Strecke verlegt. Auch kurzfristig. Letzte Woche sind sie die Strecke noch einmal abgefahren. Da gab es plötzlich Arbeiten an Leitungen neben dem Radweg. Die Baumaschinen waren zur Tour dann wie vereinbart weggefahren. Nicht so in Wolfsmünster. Dort musste am Tag der Tour noch ein Bagger von der Strecke verschwinden.
Die Autofahrer, die uns auf der Straße entgegenkommen, sind freundlich. Viele halten auf dem Randstreifen und lassen die Meute vorbeiziehen. Unsere Bergauffahrt wird von Gewehrsalven aus dem Übungsgelände der Bundeswehr begleitet. Manch einer munkelt hinterher, das sei die Einstimmung auf die Verpflegung in Hammelburg gewesen. Ein siebenjähriger Junge kurbelt sich tapfer die letzten Meter bis zur Rast am Lager hinauf. Geschafft. Die ersten Deos beginnen zu versagen. Sportlerschweiß ist guter Schweiß.
Abfahrt nach Hammelburg
Die Gespräche bei der Pause drehen sich natürlich um Fahrräder. Und E-Bikes. "Der Umstieg zurück aufs Fahrrad klappt nicht", meint einer. Eine Frau über 70 aus Höchberg fährt im Alltag immer mit dem E-Bike. Nur wenn sie mal einen Kasten Wasser kauft, nutzt sie noch ihr Auto. Dieses stehe eigentlich nur rum. Ich beginne mich zu fragen, wie viele Autos existieren, um mal gelegentlich einen Kasten Wasser zu transportieren.