Die Bürgermeister des Landkreises Bad Kissingen setzen ein klares Zeichen: Resolution gegen die SuedLink-Stromtrasse. Allerdings ist zwei Rathauschefs die Formulierung nicht exakt genug, sie stimmten nicht mit.
Wer auch immer aus der Politikerriege in den vergangenen Tagen zum Thema der "SuedLink"-Trasse befragt wurde, hat eine Antwort gegeben: "Wir müssen mal den Bedarf genau untersuchen". Eine Feststellung, die einen stutzig machen kann. Wird da eine Stromtrasse ins Land gesetzt, ohne dass man weiß, ob man sie überhaupt braucht?
Seit gut zwei Wochen wird das Thema der vier Stromautobahnen durch Deutschland mit regelrechter Spannung diskutiert. Nachdem Trassenführung und Pläne vorgestellt sind, rührt sich allenthalben und überall der Widerstand gegen die Pläne. Auch im Landkreis Bad Kissingen. Bei einer eigens dazu einberufenen Dienstbesprechung der Bürgermeister haben sich am Montag die Rathauschefs der Landkreisgemeinden und Landrat Thomas Bold (CSU) in einer Resolution gegen die Pläne der Netzbetreiber "TenneT" und "Transnet BW" ausgesprochen.
Alle sind solidarisch In einer beinahe zweistündigen Diskussion wurde eines klar: Es geht nicht um die Trassenführung durch einen bestimmten Teil des Landkreises, alle Bürgermeister sind solidarisch in der Aussage: Diese Trasse darf den Landkreis, wo auch immer, nicht zerschneiden. "Da der Zielpunkt 'Grafenrheinfeld' feststand", sagte Landrat Thomas Bold, "musste man mit so einer Lösung rechnen". Allerdings kritisierten er und die Bürgermeister die fehlende Informationspolitik dazu. Weder die Bundesnetzagentur noch Planer von "TenneT" und "Tansnet BW" haben in irgendeiner Form die politischen Mandatsträger über die Pläne und Trassenführung informiert. Es gab Hinweise, dass etwas gebaut werden soll, klar, aber wohin, war nicht bekannt. Erst am 5. Februar 2014 wurde in Berlin die genaue Planung für die vier Monster-Stromtrassen bekannt gegeben.
Landkreis wird durchschnitten Die Trasse entlang der A7 durchschneidet den Landkreis Bad Kissingen in einem Maße, wie es für die Kommunalpolitiker nicht akzeptabel ist. "Naturnaher Tourismus ist ein wesentlicher Teil unserer Wirtschaftskraft", sagte Landrat Thomas Bold und Untersuchungen hätten gezeigt, dass angesichts solch einer Stromtrasse rund 30 Prozent der Gäste auf einen Urlaub in der Rhön verzichten würden. Insgesamt müsste man mit einem Kaufkraftverlust von 94 Millionen Euro rechnen.
Besonders von der geplanten Stromtrasse betroffen werden die Gemeinden Motten, Zeitlofs, Bad Brückenau und weiter entlang der A7 Schondra, Oberthulba, Elfershausen, Langendorf und Machilshausen. Die Brückenauer Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks (CSU) sprach von einem "extremen Korridor" im nördlichen Landkreis. "Die Trasse durchschneidet zwei Heilwasserschutzgebiete", stellte sie fest. Inakzeptabel.
Jochen Vogel (Motten) sprach angesichts der Ausmaße der geplanten Strommasten - bis zu 80 Meter hoch und bis zu 40 Meter breit, zwei Leitungsstränge für Gleich- und Wechselstrom) von engen Tälern und der Möglichkeit, dass Bürger, die an einem Ortsrand wohnen, vielleicht künftig "unter dem Strom" leben müssten. Inaktzeptabel.
Ist die Trasse notwendig? Siegfried Erhard (Oerlenbach, CSU), Kreisvorsitzender des Bayerischen Gemeindetages, stellte fest, dass der Bedarf für derartige Stromtrassen gar nicht richtig erfasst ist. "Dafür ist das Moratorium nötig", sagte er zum Vorschlag von Ministerpräsident Horst Seehofer. Bis jetzt sei "die absolute Notwendigkeit der Trasse nicht gegeben." Deshalb: Inakzeptabel.
Gotthard Schlereth (CSU/ FW), Bürgermeister von Oberthulba, bilanzierte, was im Besonderen im Hinblick auf das Biosphärenreservat in der Rhön mit der neuen Stromtrasse kaputt gemacht würde. "Das wäre eine Katastrophe", zitierte er Dr. Ralf Klein von der Uni Würzburg (Lehrstuhl für Geografie und Regionalforschung). Der wies auf eine Publikation von Hubert Job und anderen zu wirtschaftlichen Effekten des Tourismus in Biosphärenreservaten in Deutschland hin und kommt zu dem Ergebnis, so Schlereth, dass negative Einflüsse "eine Katastrophe" für die Region sein würden. Überhaupt würde die Stromtrasse die Biosphäre "komplett durchschneiden", sagte Schlereth. Schwerwiegende lokale Einflüsse kämen hinzu. Fazit. Inaktzeptabel.
Waldemar Bug (ödp), Bürgermeister von Burkardroth, hält die Pläne für die neuen Stromtrassen schlichtweg für überflüssig. "Die Energiewende ist nötig, keine neuen Stromtrassen", sagte er. "Wir müssen die Energiewende schaffen". Überhaupt neue Trasse: Inakzeptabel.
Resolution verabschiedet Am Ende stimmten alle bis auf zwei Bürgermeister für die Resolution gegen das "Netzausbauprojekt SuedLink": Johannes Wegner (Maßbach, Grüne) und Fridolin Zehner (Rannungen, CSU) störten sich an der Formulierung einiger Passagen. Die Landräte und der Schweinfurter Oberbürgermeister im Regionalen Planungsverband stimmten im Übrigen in einer Resolution, die heute veröffentlicht werden soll, ebenfalls gegen die Ausbaupläne. Sie deuteten allerdings an, dass die Trasse gebraucht wird. So oder so.
Der Resolution im Wortlaut Die Stellungnahme der Bürgermeister des Landkreises Bad Kissingen zum Netzausbauprojekt "SuedLink" hat exakt diesen Wortlaut:
"Resolution der Bürgermeister des Landkreises Bad Kissingen
Netzausbauprojekt SuedLink
Die Bürgermeister des Landkreises Bad Kissingen sprechen sich gegen das Netzausbauprojekt Gleichstromverbindung SuedLink aus.
Angesichts der zu erwartenden gravierenden Auswirkungen für die heimische Bevölkerung, auf Natur und Landschaft sowie auf die regionale Wirtschaft lehnen die Bürgermeister des Landkreises Bad Kissingen die vorgesehene Trassenführung entlang der Autobahn A 7ab. Der Landkreis Bad Kissingen würde durch diesen Trassenkorridor regelrecht durchschnitten.
Die geplante Trassenführung trifft Städte, Märkte und Gemeinden in der Bayerischen Rhön, die nach dem Zukunftsatlas 2013 von Prognos zu den Top-Aufsteigern in der Langfristperspektive gehören. Gerade wegen des besonderen Einklangs von Mensch, Natur und Landschaft in dieser Region wurde das Biosphärenreservat Rhön ausgewiesen und im vergangenen Jahr die Voraussetzungen für eine deutliche Erweiterung des Biosphärenreservats geschaffen.
Eine mittige Durchschneidung des Biosphärenreservats würde nicht nur die Region, sondern auch gerade den Bäderlandkreis massiv schaden. Das nahe an der A7 gelegene Staatsbad Bad Brückenau wäre besonders durch den Trassenkorridor betroffen. Eine weithin bekannte Besonderheit der Bayerischen Rhön ist ihre unberührte, offene Landschaft. Angesichts des entsprechenden Panoramas wird die Rhön als "Land der offenen Fernen" geschätzt. Dieses besondere Landschaftsbild wird auch durch die Verordnung über das Landschaftsschutz-
gebiet "Bayerische Rhön" ausdrücklich geschützt.
Eine oberirdische Freileitung in der geplanten Dimension würde auch dem Tourismus und damit einem wichtigen wirtschaftlichen Standbein der örtlichen Wirtschaft schaden.
So hat schon eine vom Bundesverband Deutsche Mittelgebirge beauftragte Studie der Universität Jena zur Akzeptanz von Windenergieanlagen in deutschen Mittelgebirgen ergeben, dass 31 Prozent der Befragten einer Zunahme von Windenergieanlagen in deutschen Mittelgebirgen negativ gegenüber stehen. Die geplante Trasse für die Hochspannungsleitung ist aufgrund der benötigten Masten insoweit durchaus vergleichbar.
Das dadurch bedingte Fernbleiben jedes einzelnen Gastes wäre bedauerlich, während bereits der Wegfall eines Viertels der Gäste für den Rhön-Tourismus angesichts der dann zu befürchtenden Schließungen von Gastronomiebetrieben katastrophale Folgen hätte.
Die Bürgermeister des Landkreises Bad Kissingen fordern daher von der Verwirklichung des Leitungsprojekts SuedLink Abstand zu nehmen, zumal ein abgestimmtes Gesamtkonzept zur Umsetzung der Energiewende nach wie vor fehlt.
Auch der Regionale Planungsverband Main-Rhön (3) spricht sich derzeit und solange, bis der Bedarf im Rahmen eines schlüssigen Gesamtkonzeptes nachgewiesen ist, gegen das Netzausbauprojekt Gleichstromverbindung Suedlink aus.
Beschluss:Die Bürgermeister schließen sich der Forderung der Bayerischen Staatsregierung nach einem Moratorium für neue große Stromtrassen in Bayern an. Eine Revision der bisherigen Leitungspläne muss möglich sein. Durch die vorgesehene Reform des Erneuerbare - Energien - Gesetz (EEG) ändert sich die Geschäftsgrundlage und vorhandene Planungen müssen überarbeitet werden. Der Bedarf der geplanten Trasse muss erst noch nachgewiesen werden. Unabhängig von Veränderungen im EEG hat eine Absicherung der Grundlast im Süden Deutschlands, insbesondere durch die Ausschöpfung der regionalen Energieerzeugungspotentiale, gleichwohl höchste Priorität."