Zwei Schweden erkunden Europas Wanderwege - und sammeln dabei jede Menge Müll.
Sie lieben die Natur und mögen keinen Müll. Jetzt wandern sie ein Jahr lang durch Europas schönste Landschaften und sammeln achtlos Weggeworfenes am Wegrand auf. "The Swedish Couple" nennen sie sich in ihrem Internet-Blog: Christian Meller (23) und Cecilia Engström (26) starteten vor zwei Monaten in Schweden. Jetzt waren sie auf Durchreise in Bad Bocklet, am Freitag ging's weiter nach Bad Kissingen. Ihr treuer Begleiter ist Hirtenhund Vattie.
2000 Liter Abfall gesammelt
Der staubige Sand knirscht unter den Wanderschuhen, während sich hie und da ein borstiger Zweig ins Hosenbein verhakt. Bizarr geformte Wacholderbüsche erheben sich inmitten einer rosarot blühenden Heidelandschaft. Die Sonne sticht vom Himmel, und irgendwo hört man Heidschnucken. So haben Meller und Engström die Lüneburger Heide beim Start ihrer Wanderung im Februar zwar nicht erlebt.
Dennoch schwärmen sie vom "Heidschnuckenweg", der sie von Hamburg nach Celle führte. Auch das Weserbergland und die Rhön haben sie bereits durchwandert - übrigens mit durchschlagendem Erfolg, was ihr hehres Ziel des Müllsammelns angeht. Denn in den vergangenen zwei Monaten klaubten sie auf den drei touristischen Routen der besagten Freizeitregionen insgesamt 2000 Liter Abfall vom Wege auf.
Wenn sie und ihr Freund etwas mit dem Müllpicker aufsammeln, wandert es in einen 30-Liter-Beutel, erklärt Cecilia die Vorgehensweise. Die gefüllten Tüten entsorgen beide später in den entsprechenden kommunalen Containern. Aber sie führen Buch über das, was sie fanden. Am Ende ihrer Reise wollen sie eine Statistik aufstellen. Denn interessant finden sie es schon zu hinterfragen, warum im einen Land mehr, im anderen weniger Müll herumliegt.
Mehr Müll im Industriegebiet
Liegt vielleicht in armen Ländern mehr Unrat am Boden, weil man sich dort eine Müllabfuhr gar nicht leisten kann, hat Cecilia überlegt. Oder findet man in den Industriestaaten gar deswegen mehr Müll in den Straßen, weil dort mehr Reiche wohnen? Die Städte ähneln sich jedenfalls im Müllaufkommen, haben die beiden Schweden beobachtet. "In Industriegebieten findet man jedoch mehr Müll in den Straßen." Dafür werfen Touristen draußen in der Natur offenbar nicht so viel weg, hat Christian beim Wandern schon festgestellt.
Gemeinsame Leidenschaft
Besonders sauber kam den beiden Schweden übrigens der Hochrhöner (175 Kilometer) vor. Dort sammelten sie lediglich zehn Beutel, also 300 Liter Müll, auf, sagt Cecilia. Wesentlich mehr Abfälle haben sie zuvor auf dem Heidschnuckenweg (223 Kilometer) und dem Weserberglandweg (225 Kilometer) gefunden.
Als sich Christian und Cecilia im Februar 2014 kennenlernten, entdeckten sie bei gemeinsamen Touren in Schweden schnell ihre gemeinsame Leidenschaft fürs Wandern und Reisen. Im Sommer 2015 gingen sie in Schottlands bergigem Hochland auf Entdeckungsreise. Ein Jahr später nahmen sie am Wander-Event Eurorando im schwedischen Skañe an der Südspitze des Landes teil.
Was man zum Leben braucht
Dort präsentierten sie zum ersten Mal ihre große Vision: "Our Walk of Nature" nannten sie ihre Aktion, die sie bei dem gesellschaftlichen Ereignis an einem Stand präsentierten: Mit Hilfe von Sponsoren riefen sie für die Wanderer dort einen Wettbewerb aus. Alle konnten während der Eurorando-Veranstaltung Müll aller Art sammeln und in große Abfallbehälter werfen. Je nachdem, was man dort ablieferte, bekam man entsprechend viele Punkte. Wer am Schluss die meisten hatte, konnte hübsche Preise mit nach Hause nehmen.
Christian arbeitete in einer Tierhandlung, Cecilia in einem Freizeitpark. "Wir haben gelernt, in der Natur zu leben und sie zu achten", sagt Cecilia. Beide sind in einem Ort unweit von Malmö zu Hause. Anfang des Jahres gaben sie ihre Wohnung auf und verkauften ihr Hab und Gut. In ihren Rucksäcken haben sie ein paar Kleidungsstücke und ein Zelt, in dem sie im Freien übernachten. "Wir lernen gerade wieder, wie wenig man zum Leben braucht", sagt Christian.
Nächstes Ziel Schwarzwald
Als nächstes Ziel steht der Schwarzwald auf ihrem Programm. Das nächste Land, das sie erwandern wollen, ist die Schweiz. Später geht's dann nach Frankreich, Spanien und Portugal. Überall, wo sie sind, wollen sie auf sich aufmerksam machen. Cecilia: "Unsere Botschaft ist klar. Die Leute sollen ihren Müll mit nach Hause nehmen, statt ihn draußen wegzuwerfen." Mehr Infos gibt es in ihrem Blog:
www.ourwalkofnature.wix.com/blog Isolde Krapf