Schwul, glücklich, ganz normal. Matthias und Sebastian Bömmel sind in dieser Faschingssaison das Prinzenpaar von Euerdorf im Landkreis Bad Kissingen. Das erregt Aufmerksamkeit. Doch warum eigentlich?
Dies ist eine Geschichte, die eigentlich gar keine ist. Oder zumindest keine mehr sein sollte im Jahr 2022. Die Bömmels - er, Matthias, und er, Sebastian. Seit anderthalb Jahren sind sie ein Paar, seit bald fünf Monaten verheiratet. Sie leben mit ihrer Französischen Bulldogge Soi in einem gemütlichen Eckhäuschen im 1500-Seelen-Ort Euerdorf, nahe der Fränkischen Saale im Landkreis Bad Kissingen. Und in dieser Faschingssaison sind sie das Prinzenpaar der Euerdorfer Karnevalsgesellschaft.
Ein Faschingsprinz und ein Faschingsprinz? Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Verschiedenste Medien, lokal und überregional, Fernsehteams und Boulevardblätter, berichteten schnell. Und die Anfragen aus der weiteren Region, ob die Euerdorfer Karnevalisten nicht zu Umzügen und Sitzungen kommen wollen, häufen sich.
Warum so viel Aufmerksamkeit? Warum so viel Aufhebens?
Kaum homosexuelle Faschingspaare
Matthias und Sebastian Bömmel sind nicht das erste gleichgeschlechtliche Prinzenpaar in der Region. Aber, sagt Tobias Brand, unterfränkischer Bezirkspräsident im Fastnachtverband Franken: "Es ist leider immer noch etwas Außergewöhnliches." So maximal ein oder zwei gleichgeschlechtliche Paare gebe es jede Saison, sagt Brand. Bei rund 175 unterfränkischen Faschingsvereinen macht das nicht einmal ein Prozent aus. Auch damit es mehr werden, verleiht der Verband seit diesem Jahr einen Preis für Inklusion und Integration an seine Vereine. "Das müssten wir nicht tun, wenn es selbstverständlich wäre", sagt Bezirkspräsident Brand. "Wir müssen darüber sprechen." Schließlich sei der Fasching vielfältig wie kaum etwas anderes.
Und wie wird man eigentlich in Euerdorf zum Faschingsprinzen? "Da geht man einfach mal zum Bäcker", sagt Sebastian Bömmel und lacht. Dort sei er dann von der Schwester eines Vorstandsmitglieds angesprochen worden, dass die Karnevalisten sich ihn und seinen Mann gut vorstellen könnten. "Ich war am Anfang noch nicht so begeistert", sagt der 36-Jährige. "Matthias dafür umso mehr." Seit 70 Jahren gibt es die Euerdorfer Karnevalsgesellschaft jetzt. "Dieses Jahr haben wir zum ersten Mal ein gleichgeschlechtliches Prinzenpaar", sagt Sitzungspräsident Dieter Diez. "Wir wollen damit auch ein Zeichen setzen." Die Resonanz? "Total positiv! Dass es so einen Hype auslöst, war aber weder geplant noch vorhersehbar."
An diesem Samstag, 19. November, starten die Euerdorfer mit dem Rathaussturm in die Faschingssaison. Die Vorfreude ist groß, auch beim Prinzenpaar.
Matthias Bömmel sagt, er sei immer schon ein Faschingsnarr gewesen. Schon in Burglauer (Rhön-Grabfeld), wo er als verheirateter Familienvater lebte. Und jetzt Prinz mit Gemahl? "Ich fand das irgendwie gleich lustig. Warum denn nicht, wenn sie uns als Prinzenpaar nehmen wollen?", sagt der 46-Jährige. "Was nützt es, wenn man nicht offen ist? Ich habe auch nie gedacht, dass ich mich in einen Mann verliebe. Habe ich halt." Mit seiner Frau war er 20 Jahre lang verheiratet. Seine Tochter ist 14, sein Sohn 16. Seit der Trennung ist die Familie um ein Mitglied reicher - Sebastian. "Natürlich habe ich mir damals Gedanken gemacht, wie ich das meiner Frau und meinen Kindern beibringen soll", sagt Matthias Bömmel. "Aber man braucht keine Angst haben. Wir sind total im Reinen miteinander." Mit den Kindern hätten er und Sebastian erst neulich einige schöne Tage in Hamburg verbracht.