99 Landwirte aus fünf Landkreisen lassen heute ihre Tiere auf Hutungen in der Rhön weiden.
Sind Weiderinder glücklicher als ihre Artgenossen im Stall? Landwirt Reinhold Bauer vom Bad Bockleter Quellenhof ist fest davon überzeugt, denn die Tiere sind von April bis Oktober im Freien - und das von klein auf. "Die Rinder wachsen stressärmer auf und sind deshalb ausgeglichener", ergänzt Stefan Hohmann. Der Vorsitzende des Vereins Rhöner Biosphärenrind muss es wissen, denn all das ist immer wieder Thema im Verein, der vor 20 Jahren gegründet wurde, und dem heute 99 Landwirte aus den fünf Landkreisen im Biosphärenreservat Rhön angehören.
Früher wurde im Familienbetrieb von Reinhold Bauer auch Getreide angebaut. "Doch Anfang der 1980er Jahre gingen die Preise runter", sagt er. Darauf musste er damals reagieren. "Ich hab auf reine Grünland-Bewirtschaftung umgestellt und fing damals mit 20 bis 30 Mutterkühen an." Heute haben die Bauers - Sohn Sebastian hat den Hof inzwischen übernommen - 100 Mutterkühe samt Nachwuchs auf verschiedenen Weiden bei Bad Bocklet und direkt in der Rhön, bei Sandberg, stehen.
Für Vereinsvorsitzenden Hohmann ist eins ganz wichtig: "Die Tiere weiden zu lassen, war und ist die natürlichste Art der Rinderhaltung." Denn das Rind ist ein Lauf- und Herdentier, sagt er. Deshalb nimmt es, im Vergleich zum Stall-Rind, auch täglich weniger zu.
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Durch die Bewegung werde dann mehr intramuskuläres Fett eingelagert, weshalb das Fleisch dieser Tiere später beim Verzehr auch sehr zart sei, erklärt Hohmann die kausalen Zusammenhänge der Biorinder-Zucht. Erwiesen sei inzwischen weiterhin, dass wegen des hohen Gras-Verzehrs im Sommer das Fett dieser Tiere "gutes" Fett sei, weil es recht viel der gesunden ungesättigten Fettsäuren (Omega drei und Omega sechs) aufweist.
Früher gab's den Hütejungen
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Der Sommer 2018 wird allerdings auch den Haltern von Biorindern ewig im Gedächtnis haften: Denn die Weiden waren irgendwann alle dürr. Eiweißträger, wie zum Beispiel Luzerne und Kleegras, waren schließlich weg. Die ausgedörrten Halme mussten durch ein Mehr an Mineralfutter ersetzt werden. "Davon haben wir heuer besonders viel gebraucht", bekräftigt Landwirt Bauer.
Während noch in den 1950er Jahren der Hütejunge die Rinder im Dorf aus den Höfen abholte und raus auf die Weiden trieb, wurden die Rinder in den darauffolgenden Jahrzehnten im Zuge der Intensivierungsbestrebungen in der Landwirtschaft vorwiegend in Ställen gehalten. Die Folge war, dass beispielsweise in der Rhön die zahlreichen Hutungen (Weiden) verbuschten, sagt Reinhold Bauer. Doch inzwischen werden dort wieder zahlreiche Rinder gehalten, was sich auf die Flora und Fauna der Rhön bereits bestens ausgewirkt hat, weiß der Bad Bockleter Landwirt.
Gehalten werden im Biosphärenreservat alle möglichen Rassen, wie zum Beispiel die als besonders gutmütig geltenden Angus-Rinder und die anspruchslosen und klimatoleranten Hereford-Rinder aus England, sagt Vereinsvorsitzender Hohmann. Auf den Rhön-Hutungen grasen zudem die beiden in Deutschland wichtigsten Rinderrassen Limousin und Charolais (ursprünglich aus Frankreich). Weiterhin ist hierzulande das Rote Höhenvieh zu finden, eine robuste und widerstandsfähige Mittelgebirgsrasse, die angeblich auf die Kelten zurückgeht und die übrigens knapp dem Aussterben entgangen sein soll.