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Covid-Alltag in der Lungenfachklinik (3): Reha beginnt bereits im Covid-Koma


Autor: Benedikt Borst

Münnerstadt, Dienstag, 24. Mai 2022

Während die Pandemie im Alltag für viele in den Hintergrund rückt, ist sie im Thoraxzentrum weiter präsent. Zwischen künstlicher Beatmung und der Behandlung von Spätfolgen - Ärzte, Therapeuten und Patienten berichten.
Bevor  die Reha-Übungen beginnt, wird der Patient aus dem Intensivbett in einen Stuhl gesetzt  - alleine schafft der Betroffene das nicht. Foto: Benedikt Borst


Dass Petra Przybilla das Zimmer betritt, bemerkt der Patient nicht. Er liegt im Bett und bewegt sich kaum. Neben ihm stehen medizinische Geräte, an die der Mann über viele Kabel angeschlossen ist. Sein Herzschlag sowie verschiedene Vitalwerte werden überwacht. In seinem Hals steckt ein Schlauch, über den eine Beatmungsmaschine Sauerstoff in seine Lunge presst. Die Physiotherapeutin und eine Pflegerin richten den Senior behutsam im Bett auf, heben ihn in einen Therapiestuhl und reichen ihm einen lilafarbenen Massageball. Der Mann befindet sich in einem Dämmerzustand. Immerhin ist er so klar, dass er den Ball greift und mit der Handinnenfläche langsam über die Auflage vor ihm rollt.

Auf der Intensivstation wird möglichst früh mit physiotherapeutischen Übungen begonnen. "Wir mobilisieren die Patienten schon im ganz schwachen Zustand", erklärt Przybilla. "Wenn sie noch sediert und komatös sind, werden viele Wahrnehmungsübungen gemacht, die die Patienten passiv über sich ergehen lassen, die das Gehirn aber registriert." Ärzte, Pflegekräfte und Therapeuten sprechen die Patienten deshalb durchgehend an, auch wenn diese nicht antworten können.

Übungen wie Massagen, Lagewechsel, das Bewegen der Beine mit dem Bettfahrrad sollen den schwerstkranken Patienten helfen. Durch die Covid-Infektion und das wochenlange Liegen auf der Intensivstation funktioniert nur ein kleiner Teil der Lunge. Der Rest ist geschädigt, verklebt und verhärtet. Die Übungen sorgen dafür, dass die Lunge trainiert und besser durchlüftet wird und dass das Lungengewebe und die Atemmuskulatur gedehnt werden.

Weg von der Atemmaschine

Darüber hinaus sei es extrem wichtig, die Gelenke und Muskeln der Patienten in Bewegung zu halten. Sie sollen nicht noch mehr versteifen und noch stärker abbauen als ohnehin.

Grundsätzliches Ziel ist es, die Zeit auf der Intensivstation so kurz wie möglich zu halten und die Patienten so schnell es geht dazu zu bringen, wieder ohne Maschine zu atmen. Erst wenn der Patient nicht mehr an der Beatmungsmaschine hängt, kommt der nächste Schritt: die Verlegung auf die pneumologische Akut-Früh-Reha.

"Manche schaffen den Weg von der Intensivstation auf die Akut-Früh-Reha in vier Wochen, andere brauchen länger. Das ist individuell unterschiedlich", sagt Przybilla. Dort haben sowohl Therapeuten als auch Ärzte, Pfleger und Patienten noch einen langen Weg vor sich.

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