Thomas Dooley forscht an seiner Familiengeschichte, seit er 20 Jahre alt ist. Was ihn nach Münnerstadt führt und was das mit der alten Gaststätte zum Goldenen Löwen zu tun hat, die inzwischen abgerissen wurde.
Er stellt sich singend vor: "Hang down, your head..." Dr. Thomas Dooley, kurz Tom genannt, war noch nicht geboren als das Kingston Trio 1958 den makabren Folksong in den USA und auch in Deutschland in die Charts brachte. Tom Dooley 2022 weilt in Münnerstadt, weil ungefähr zwölf Generationen vorher sein Stammbaum einer Münnerstädterin entspringt.
Genauer gesagt, war das Anfang des 19. Jahrhunderts eine deutsch-französische Verbindung. Und wer war schuld? Natürlich Napoleon. Damals wollte er mit seinen Armeen Europa beherrschen. Es kam gegen die Bayerisch-österreichischen Truppen in der Schlacht von Hohenlinden in Oberbayern im Dezember 1800 zum Sieg Napoleons und im Verlaufe dieser Truppenbewegungen wurde wohl auch Münnerstadt "besucht".
Im März 1801 waren französische Offiziere im "Goldenen Löwen" in Münnerstadt untergebracht. Dem Familienbetrieb der Mahlers - der Wirt Christoph Franz Mahler hatte fünf Töchter - blieb keine Wahl bei der Versorgung der Soldaten. So blieb es nicht aus, dass einer der Offiziere, Jean Louis Rambour, sein Herz an Johanna Mahler verlor und das Liebes-Bekenntnis in seiner Muttersprache für alle sichtbar in eine Fensterscheibe des Lokals ritzte. Münnerstadts bekannteste Liebesgeschichte war dokumentiert und ist bis heute Im Henneberg-Museum zu besichtigen. (Derzeit bei "Kunst geht fremd" in Aschach).
Und jetzt steht da Tom Dooley im Stadtarchiv bei Klaus Dieter Guhling, dem Stadtarchivar und Hüter Münnerstädter Familiengeschichten. Der sechzigjährige Doktor der Biologie und Pharmazeut kommt aus Alabama im Süden der USA, ist phamazeutischer Unternehmer, Dozent an der Universität von Birmingham und Inhaber von 15 medizinischen Patenten. In seiner Freizeit beschäftig er sich neben der Vermittlung christlicher Werte vor allem in Indien und mit seiner Familiengeschichte. Letzeres hatte er schon als Zwanzigjähriger angefangen und seine Forschungen zeichnen das Bild, wie sie viele Familien im Europa und den USA des 19. und 20. Jahrhunderts erlebt haben, nach.
Der Franzose Jean Louis Rambour, der sich später eingedeutscht auch Rambourg nannte, heiratete seine Johanna und schuf mit ihr eine große Familie. Beruflich blieb er bis 1861 der Löwenwirt. Seine drei Töchter und zwei Söhne blieben nicht in Münnerstadt, auch wenn Sohn Joseph Karl eine Zeitlang das Anwesen Anger 1 (Anger-Wein) zum Eigentum hatte. Der Sohn des Löwenwirts ging später nach Oberschwarzach, nahe Gerolzhofen. Seine Tochter Philippina wanderte als Zehnjährige in die USA aus, wie später noch zwei Brüder.
Es waren Millionen von Europäern, die sich im 19. Jahrhundert auf den Weg nach Übersee machten, weil die Perspektiven in der alten Welt oft mehr als miserabel waren.
Philippina Rambour (1869-1946) entwickelte später mit Mann und Familie im Bundesstaat Kansas ein sehr erfolgreiches Weingut. Ihr Bruder Georg (1876 - 1962) hatte als Bierbrauer Erfolg. Philippina ist die Urgroßmutter von Dr. Thomas Dooley, dem Familienforscher, der einfach wissen will, wie und wo seine europäischen Ahnen lebten. Das Spannende sind die Hintergründe bei jedem Verwandtschaftsteil und wie sich deren Lebensweg gestaltet hat.