Steht am Dorfplatz bald ein Auto für alle?

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Ein bunt geschmückter Osterbrunnen ziert den Platz vor dem alten Schul- und Rathaus in Kleinwenkheim. Auf dem dazugehörigen Parkplatz soll das Car-Sharing-Auto stationiert werden, wenn sich genügend Bürger für dieses Experiment finden. Foto: Dieter Britz
Ein bunt geschmückter Osterbrunnen ziert den Platz vor dem alten Schul- und Rathaus in Kleinwenkheim. Auf dem dazugehörigen Parkplatz soll das Car-Sharing-Auto stationiert werden, wenn sich genügend Bürger für dieses Experiment finden. Foto: Dieter Britz

In Kleinwenkheim soll auf dem Dorfplatz ein Car-Sharing eingeführt werden. Eine entsprechende Umfrage läuft bereits. Dazu ist noch eine eigene Infoveranstaltung geplant.

Dass im Vereinsheim das Thema "Baugebiet" auf den Tisch kam, war sonnenklar. Ein großes Gebiet mit mehrstöckiger Bebauung für bis zu 200 bis 250 Menschen wird einhellig abgelehnt, aber ein kleines in erster Linie für jüngere Einheimische steht ganz oben auf der Wunschliste. Zu diesem "lange ersehnten" Treffen konnte Stadtrat und Ortsreferent Oliver Jurk (CSU) im Vereinsheim drei Dutzend Bürgerinnen und Bürger willkommen heißen - eine erfreulich große Zahl für einen Stadtteil mit 471 Einwohnern einschließlich Maria Bildhausen. Und natürlich war Bürgermeister Michael Kastl (CSU) mit dabei. Er erlebte an diesem Abend den möglichen Start einer Aktion zur Stationierung eines Car-Sharing-Autos im Dorf mit und zeigte sich sehr angetan davon.

Der Bürgermeister ging zunächst auf die Entwicklung der Bevölkerungszahl ein. Vor allem in den östlichen Stadtteilen, "je weiter östlich, desto mehr" sei die Zahl gesunken. Seit 2001 schrumpfte die Bevölkerung von 8402 auf 7511, also um über zehn Prozent. "Weil wir kein Baugebiet haben, gibt es diesen Schwund in Kleinwenkheim" hakte ein Besucher gleich nach. "Wegen der steigenden Energiepreise habe ich auch Sorgen um die Dörfer, wenn die Leute zum Teil mehrfach in die Stadt fahren müssen", sagte der Bürgermeister - beispielsweise, wenn die Kinder in die Schule, einen Sportverein oder die Musikschule in der Kernstadt gefahren werden müssten. Jedes Dorf sei in seiner Entwicklung unterschiedlich zu betrachten, deshalb werde nun ein Dorfentwicklungskonzept erarbeitet, betonte er.

Der Bürgermeister ging auch auf das leidige Thema Geld ein: die Stadt hat 19 Millionen Euro Schulden, die allerdings auf 14,5 Millionen sinken, wenn die zugesagten 4,5 Millionen Euro Zuschüsse für die Mehrzweckhalle in der Kasse sind. "Die Verschuldung werden wir noch lange haben", fürchtet der Bürgermeister. Münnerstadt habe eine der größten Flächen in ganz Unterfranken, zehn Ortsteile und entsprechend viele Feuerwehren und Friedhöfe. Die Aufgaben der Städte und Gemeinden nehmen immer mehr zu, klagte Kastl. Münnerstadt müsse sich zum Beispiel finanziell auch für die Erhaltung der Kirchen engagieren, da die Diözese kein Geld habe. In Kleinwenkheim habe die Gemeinde einen Zuschuss für die Sicherung der Kirche gegeben. Dieser soll allerdings mit dem Zuschuss verrechnet werden, der bei einer späteren größeren Sanierung fällig wird.

"Ich bin zuversichtlich, dass sie kommt", meinte Kastl zu den Plänen, in Maria Bildhausen eine Sozialakademie für die Fort- und Weiterbildung von Pflegekräften einzurichten. Das bringe neue Arbeitsplätze. Die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bräuchten auch Wohnraum. Die von einem Investor verfolgten Pläne für ein Wohngebiet mit zusätzlichen 200 bis 250 Einwohnern für das Dorf wurden ausnahmslos kritisiert. "Das muss sich im Rahmen halten und für das Dorf erträglich sein. Wie geplant, wird es nicht kommen", versicherte der Bürgermeister, "die Stadt kann den gefassten Aufstellungsbeschluss auch zurücknehmen". Er verwies darauf, dass das Landratsamt nur für ein Baugebiet in Kleinwenkheim eine Bauleitplanung genehmigen werde. Ein Bürger befürchtet, dass die Preise für Bauland in diesem Gebiet für Kleinwenkheimer nicht erschwinglich seien. Ein anderer empfahl "erst mal an die Leerstände und Lücken gehen".

Oliver Jurk wies darauf hin, dass bei der letzten Bürgerversammlung vor über zwei Jahren im Dorfgemeinschaftshaus einige Sanierungsarbeiten durchgeführt wurden. Der Kulturweg sei im Entstehen, aber durch die Pandemie verzögert worden. Er vergaß auch nicht die Installierung eines Defibrillators und den neuen Grüngutcontainer am Friedhof.

Auf den Plätzen der Besucher lag ein Zettel mit der Überschrift "Car-Sharing-Umfrage". Auf Nachfrage der Zeitung, wer hinter dieser Aktion steckt, meinte Oliver Jurk "ein paar andere Kleinwenkheimer und ich". Es sei angedacht, in Zusammenarbeit mit dem Autohaus Gaul & Klamt (Bad Neustadt an der Saale) zunächst für eine Testphase von etwa einem halben Jahr einen Wagen in Kleinwenkheim, "am sinnvollsten am Parkplatz vor der alten Schule" zu stationieren. "Uns alle treibt der Klimawandel und dessen Folgen um und vielleicht können wir auf diesem Wege einen kleinen Beitrag dazu leisten", heißt es.

Mit diesem Fahrzeug könne man flexibler unterwegs sein, man hätte ein (Zweit-)Auto greifbar, wenn eines benötigt würde. Auf lange Sicht könne man sich eventuell sogar ein Zweitauto im Haushalt sparen. Durch die gemeinsame Nutzung würden viele Ressourcen (Abnutzung des eigenen Autos, Sprit, Werkstattkosten usw.) gespart und reduziert. Auch drei Beispielrechnungen werden den Lesern des Zettels präsentiert: die einmalige Anmeldung kostet zehn Euro. Pro Stunde werden fünf Euro fällig, pro Kilometer 0,31 Euro. Für eine zweistündige Einkaufsfahrt nach Bad Neustadt würden dann 17,44 Euro berechnet, für eine dreistündige Fahrt nach Schweinfurt 37,32 Euro, für eine zweistündige Fahrt nach Münnerstadt 14,96 Euro. "Man geht hin, steckt eine Chipkarte ein und fährt los", meinte Oliver Jurk. Eine eigene Infoveranstaltung zum Car-Sharing sei geplant. "Eine gute Idee für Kleinwenkheim und die ganze Stadt", kommentierte Bürgermeister Kastl.

Kommentar von Dieter Britz

Einen Versuch ist es wert

Car-Sharing auf dem kleinen Dorf? Oliver Jurk und einige Mitstreiter haben eine sehr überlegenswerte Idee entwickelt. In vielen Familien auf dem flachen Land werden Zweitautos gebraucht und gefahren, denn der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), zum allergrößten Teil mit dem Bus, lässt zu wünschen übrig. Kleinwenkheim oder Maria Bildhausen sind nun einmal nicht Berlin oder München mit ihren ausgebauten Straßenbahn-, S-Bahn- und U-Bahn-Verbindungen in die Nachbarschaft und werden es auch in 100 Jahren nicht sein. Nicht einmal ein Taxiunternehmen gibt es mehr vor Ort, Auch nicht in Münnerstadt. Hier sind also neue und auch individuelle Lösungen gefragt. Car-Sharing hat sich in größeren Und auch mittleren Städten längst bewährt. Die Idee von Oliver Jurk und seinen Mitstreitern könnte die Möglichkeit bieten, es nun auch einmal in einem ganz kleinen Dorf auszuprobieren und dabei aufschlussreiche Erfahrungen zu sammeln. Der Erfolg hängt natürlich davon ab, wie viele Einwohner davon Gebrauch machen. Schließlich stellt das Bad Neustädter Autohaus nicht aus reiner Nächstenliebe einen Wagen testweise zur Verfügung.

Das i-Tüpfelchen wäre es natürlich, wenn als Car-Sharing-Fahrzeug ein Elektroauto in Kleinwenkheim stationiert würde. Das wäre nicht nur umweltfreundlich, sondern würde es auch ermöglichen, das Fahrzeug direkt vor Ort immer wieder aufzuladen. Und wenn schon eine Ladestation für diesen Wagen eingerichtet wird, sollten noch eine zweite und dritte für andere E-Fahrzeuge installiert werden. Dann wäre der lobenswerte Beitrag für den Umweltschutz komplett.