Anlässlich der Corona - Pandemie erinnern sich ehemalige Schüler des Gymnasiums und des Studienseminars St. Josef an eine Epidemie, die vor gut 60 Jahren das Studienseminar unter Quarantäne stellte.
Das Schuljahr 1959/60 begann mit einer Schocknachricht. Am 22. September starb der Direktor des Gymnasiums Dr. Alexander Ortloff unverhofft. Im Jahresbericht ist zu lesen " Kaum hatte die Schule den ersten Schmerz über den Tod des Anstaltsleiters überwunden, da zog ein neues Unglück herauf: Mitte Oktober brach im Studienseminar St. Josef eine Typhusepidemie aus."
Münnerstadt: Quarantäne verhängt
Ärzte hatten die Krankheit bei einem Seminaristen festgestellt. "Es gab aber noch weitere Schüler, die an infektiöser Darmerkrankung litten und ins Krankenhaus zur Isolation und Überwachung gebracht wurden. Um ein Übergreifen der Krankheit auf die restlichen Schüler zu verhindern, verhängte das Staatliche Gesundheitsamt über das Studienseminar die Quarantäne."
Die direkte Folge war, dass ab dem 16. Oktober alle Seminaristen dem Unterricht "bis auf Weiteres" fernbleiben mussten. Von "zusätzlichen Ferien" konnte dabei keine Rede sein. Den Unterricht übernahmen die Patres und Präfekten. Diese bemühten sich auch, das Tagesprogramm immer neu und abwechslungsreich zu gestalten. Der vorhandene Fernseher war oft in Betrieb.Bunte Abende und Dia-Vorträge waren die neue Tagesordnung für die Seminaristen. Es gab auch einen Song mit dem Titel "Bei Typhus, Plattfuß, Größenwahn, immer hilft stets Sagrotan."
Patres bekämpften die Krankheit
Hygiene war im Kampf gegen die Krankheit - wie auch bei Corona - ein wichtiges Pfrund. Das zeigen alte Fotos, die beispielsweise die Patres Manfred, Thomas und Aquilin beim Sortieren von desinfizierter Wäsche zeigen.
Großer Aufwand für alle
Die Patres hatten damals viel Arbeit, wachten sie doch über die Gesunden und die Kranken. Das Telefon kam nicht zur Ruhe. Eltern wollten täglich Auskunft erhalten, ob ihr Bub noch gesund sei. Säle und Bücher mussten ständig desinfiziert werden. Auch auf das Personal kam in dieser Zeit zusätzliche Arbeit zu. Mit aller Kraft versuchten Patres und Angestellte - stets unter Berücksichtigung der Situation - die Stimmung bei den Schülern hoch zu halten.
Sie durften sich auf den Spielplätzen des Seminars frei bewegen. Mit den Eltern oder befreundeten Klassenkameraden außerhalb des Seminars durften sie aber keinen näheren Kontakt aufnehmen. Regelmäßige Untersuchungen mit Kotproben waren notwendig. Wenn wieder einige als "positiv" erkannt wurden, waren die Gesunden betrübt, verschob sich doch deren Freilassung abermals um drei weiteere Wochen.
Lockerungen der Quarantäne gab es erst gut einen Monat nach dem Ausbruch der Krankheit. Eltern durften ihre Kinder - sofern sie gesund waren - nach Hause holen. Aber: Es galt strenge Isolation und eine dreiwöchige Überwachung durch das Gesundheitsamt.
Behörde hob Quarantäne auf
Am 5. Dezember hob die Behörde die Quarantäne vollständig auf. Ab dem 9. Dezember war den Seminaristen dann der Schulbesuch wieder möglich. Es gab aber auch einige Schüler, bei denen die Krankheit einen schlimmeren, fast lebensbedrohlichen Verlauf nahm. Ein 14-Jähriger war so schwer erkrankt, dass er ins Schweinfurter Krankenhaus kam. Ein Schulbesuch kam für ihn erst im Februar 1960 wieder in Frage.
Die mehrwöchige Quarantäne ging an den schulischen Leistungen der betroffenen Seminaristen nicht spurlos vorüber. Einigen war es nicht möglich, ihre Versäumnisse aufzuholen. Für sie folgte im nächsten Schuljahr eine Ehrenrunde.
Corona-Pandemie weckt Erinnerungen
Allen Seminaristen, die zu dieser Zeit das Studienseminar in Münnerstadt besuchten, wird die Typhusepidemie noch lebhaft in Erinnerung sein. Anlässlich der Corona - Pandemie kam diese wieder hoch.
Im Jahresbericht 1959/60 heißt es: "Erfreulicherweise konnten alle befallenen Schüler die Krankheit ohne schwere gesundheitliche Schädigung überstehen. Die Seminarleitung hatte sich alle Mühe gegeben, die gesunden Schüler unterrichtlich weiter zu führen. Dafür dankt ihr die Anstaltsleitung herzlich." Seitdem kam im Münnerstädter Gymnasium keine Epidemie mehr vor. Erst die Corona - Pandemie führte ab März 2020 wieder zu längeren Schulausfällen.