Viele Straßen in Münnerstadt tragen die Namen einstiger örtlicher Persönlichkeiten. Eine Serie verrät, welche Person hinter dem Straßennamen steckt. Heute ist Ludwig Derleth an der Reihe.
                           
          
           
   
           Die Ludwig-Derleth-Straße in der Zent ist nur 150 Meter lang.  Im Geburtsort des Namenspatrons, in  Gerolzhofen, sind ebenfalls eine Straße  sowie eine Realschule nach ihm benannt. Dort wurde er als Sohn eines  Amtsrichters am 3. November 1870 geboren, die Familie blieb aber nur  eineinhalb Jahre.
       
Derleth wuchs danach in Stadtprozelten, Bischofsheim,  Münnerstadt (hier besuchte er 1882 das Studienseminar) und Nürnberg auf.  Nach einem Studium der Altphilologie, Philosophie und Psychiatrie in  München, wo er mit dem Stefan-George-Kreis in Berührung kam, war er zwölf  Jahre lang Gymnasiallehrer für alte Sprachen, auch in Münnerstadt. Ab 1906  lebte er als freier Schriftsteller in München.
In Priesterkleidung in der  Künstlerszene unterwegs
 Zunächst verfasste er  Beiträge und Gedichte für die Zeitschriften "Pan" und "Blätter für die  Kunst". Stefan George schätzte zunächst seine Gedichte. Zeitweise gehörte  er zu den Kosmikern, einer Gruppe von Münchner Privatgelehrten und  Schriftstellern, die für die Wiederbelebung antiker Religionen schwärmten.  Doch schon 1902 trennten sich die Wege wegen der Diskrepanz zwischen den  heidnisch-römischen Anschauungen der anderen Kosmiker und Derleths  spätrömischem Katholizismus. Wenn Derleth in Priesterkleidung in der  Künstlerszene von München-Schwabing unterwegs war, hatte er stets eine  Aktentasche mit einem Stundengebetsbuch, einer lateinischen Bibel und der  Totenmaske von Napoleon dabei. 
Seine ersten eigenständigen Veröffentlichungen waren 1904 die  "Proklamationen", die 1919 in einer erweiterten Fassung erscheinen. Darin  strebte Derleth eine neue hierarchische Ordnung eines gereinigten  Christentums an, mit Jesus Christus als Imperator maximus an der Spitze. Im  Zentrum seines kriegerischen Katholizismus stand die Gründung eines  militant christlichen Ordens. Die Eindrücke seiner Reisen nach Paris,  Algerien, Karthago, Budapest, Rhodos, Syrien, Libanon und in den Irak  verarbeitete er literarisch. 
Jüngere Ehefrau  recht vermögend
Seit 1925 lebte Derleth in Rom, Basel und  Perchtoldsdorf bei Wien, seit 1935 hielt er sich regelmäßig in Italien und  im schweizerischen Tessin auf.  Er konnte sich den Luxus leisten, nie  selbst Geld verdienen zu müssen, denn seine deutlich jüngere Ehefrau  Christine war recht vermögend.   Seine Versuche, so etwas wie einen Orden  zu gründen und europaweit Jünger um sich zu scharen, scheiterten. Fast 40 Jahre arbeitete er an seinem Hauptwerk "Der Fränkische Koran", der  ab 1932 erschien und fünf Bände mit 2000 Seiten und 15.000 Versen umfasst.  Darin versuchte Derleth in einer barocken Sprache eine umfassende  Verkündigung seiner Welt- und Glaubensauffassung von der "Pilgerfahrt der  Menschenseele von Gott zu Gott". Daneben veröffentlichte Derleth noch  weitere Bücher, unter anderem "die Lebensalter" (1937),  "die Seraphinische  Hochzeit" (1939) und "der Tod des Thanatos" (1945). Alles gilt als  esoterische  "schwere Kost". Über Derleth wurde viel geschrieben, auch  Doktorarbeiten wurden über sein Werk verfasst. Er gilt als eine der exzentrischsten Gestalten der Literatur aus  Unterfranken. 
"Doktor Faustus" karikiert
 Thomas Mann, der in München eine seiner Lesungen der  "Proklamationen" besucht hatte, nahm ihn offenbar nicht sonderlich ernst.  Er hat ihn in seiner Novelle "Der Prophet" und als "Daniel zur Höhe" im  Roman "Doktor Faustus" karikiert. Ludwig Derleth starb am 13. Januar 1948 in San Pietro di Stabio im  schweizerischen Tessin.