Der Münnerstädter Altstadtverein hat wieder den "Mürschter Nagel" verliehen. Diesmal ging er in den Stadtteil Kleinwenkheim, wo aus dem alten  baufälligen Pfarrhaus wieder ein bewohnbares Schmuckstück wurde.
                           
          
           
   
          Diese Verleihung hatte echten Premierencharakter: zum  ersten Mal seit dem Start dieser Aktion im Jahr 2003 ging der "Mürschter  Nagel" in einen Stadtteil. Der Altstadtverein zeichnet damit Hausbesitzer  aus, die ihre Gebäude vorbildlich renoviert und saniert haben. Charlie  Friedel und seine Ehefrau Anja Heide haben das halb zerfallene Gebäude in  der Dr. Severin-Illig-Straße 16, das in der ersten Hälfte des 19.  Jahrhunderts errichtet wurde und lange als Pfarrhaus diente, in  vierjähriger mühevoller Arbeit wieder bewohnbar und zu einem echten  Schmuckstück im Dorf gemacht. Dafür wurden sie mit dem Mürschter Nagel auf  einem Birnbaum-Holzbrett und der dazugehörigen Urkunde belohnt. 
       
Zur Verleihung des Mürschter Nagels waren mehrere Vorstandsmitglieder des  Altstadtvereins nach Kleinwenkheim gekommen. Mit dabei war auch 3. Bürgermeister  Andreas Trägner. Der Co-Vorsitzende Peter Braun hatte, wie  er sagte, schon vor einem Jahr ein Auge auf das Haus geworfen und  festgestellt "Charlie, du kriegst den Nagel". Wie bei jeder  Nagel-Verleihung vergaß er seinen Standard-Spruch nicht: "Ihr habt der  Vergangenheit eine Zukunft geschenkt". Das Haus sei nachhaltig mit  atmungsaktiven Baumaterialien saniert worden. Co-Vorsitzender Oliver  Schikora ergänzte, "man sollte nicht ständig in Neubaugebieten was  hinsetzen, sondern auch im Dorfkern selbst was tun". 
Andreas Trägner dankte  Charlie Friedel und Anja Heide im Namen der Stadt, dass sie dieses Haus  saniert und damit entscheidend zu seiner Erhaltung beigetragen haben. Anja Heide und Charlie Friedel hatten natürlich viel zu erzählen über die  Sanierung ihres Hauses. Der Gewölbekeller stammt schon aus dem Jahr 1772.  In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde hier ein Bauernhaus  errichtet, das zum Pfarrhaus umgebaut wurde, nachdem der in Kleinwenkheim  geborene Theologe Dr. Severin Illig die Pfarrei gestiftet hatte. Er hatte  das mit der Bedingung verbunden, dass die damals selbstständige Gemeinde  Kleinwenkheim dem neuen Pfarrer ein Pfarrhaus zur Verfügung stellt. Bis zum  Jahr 2010 lebten die Pfarrer der direkt gegenüberliegenden Kirche St.  Nikolaus hier. Der letzte Geistliche zog damals aus, da das Haus  schlichtweg aus baulichen Gründen unbewohnbar geworden war. 
Wenig fachmännische Renovierung
Charlie Friedel und Anja Heide, die bereits seit 1994 zur Miete in  Kleinwenkheim lebten, kauften dem Eigentümer, der Stadt Münnerstadt, das  Haus zwei Jahre später ab. Was auf sie zukommen würde, wussten sie. Das  Gebäude war verwahrlost.  Aufgrund diverser, offenbar wenig fachmännischer  Renovierungen hatte die Bausubstanz stark gelitten. In einzelnen Räumen  waren ganze Wände bis zur Decke komplett verschimmelt.  Doch die neuen  Eigentümer ließen sich nicht entmutigen. "Als wir das Haus übernommen  haben, haben wir in einem Zimmer unter anderem einen großen Schlüssel  gefunden. Das war der Schlüssel zur Kirche", erzählte Anja Heide  schmunzelnd, "und einige Gegenstände für den Altar waren auch dabei. Wir  haben natürlich alles zurückgegeben". 
Mühsame Handarbeit
Charlie Friedel berichtete bei der Verleihung des Mürschter Nagels, dass er  zum Entkernen zusammen mit Helfern 90 Tonnen Bauschutt aus dem Haus geholt  hat  -  "in Eimern, denn im Haus ist es zu eng". Später kamen 60 Tonnen  Lehm-Hanf-Gemisch wieder, auch mit Eimern, ins Haus zurück. Mit einer 15  bis 20 Zentimeter dicken Schicht wurden die Ziegelwände isoliert.  Zahlreiche weitere Arbeiten waren nötig. Zum Beispiel war die Konstruktion  der Deckenbalken zum Teil zerstört. Dass die Heizung, die Sanitäranlagen  und die Elektroanschlüsse komplett erneuert werden mussten, versteht sich  von selbst. Das Haus hat (noch) keine Fensterläden. Die meisten alten Läden  sind erhalten.
Ameisen im Baumaterial
 Natürlich gab es während der Bauphase auch unliebsame Überraschungen. Dazu  zählt zum Beispiel ein großer Wasserfleck an einer Wand, der sich erst  bildete, als alles fertig war. Sollte eine Leitung unsachgemäß verlegt und  undicht geworden sein? Erst nachdem die Wand abgeklopft war, zeigte sich  die Lösung: im Verborgenen hatten sich Ameisen angesiedelt, die mit dem  Hanf-Lehm-Gemisch versehentlich eingeschleppt worden waren. 
Nach vier Jahren waren die Arbeiten weitgehend abgeschlossen. Charlie  Friedel und Anja Heide betonen immer wieder, dass ihnen auch Freunde und  Nachbarn mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben, um aus dem alten  baufälligen Pfarrhaus wieder ein bewohnbares Schmuckstück zu machen, das  Zukunft hat. Nun sucht der Altstadtverein Vorschläge für die Verleihung des Mürschter  Nagels im kommenden Jahr - "natürlich auch in den Stadtteilen", so Peter  Braun.